Der Kampf gegen das Coronavirus bestimmt das weltweite Geschehen. Es gibt unterschiedlichste Strategien wie (Ein-)Reisestopps, Lockdowns, Massentests, Corona-Apps. Die größte Hoffnung auf ein Ende der Einschränkungen und Eindämmen der Pandemie liegt dabei in der Entwicklung von wirksamen Impfstoffen. Einen ausreichend großen Teil der 80 Millionen Deutschen zu impfen, bedeutet allerdings eine logistische Herausforderung.
- Wo und warum entstehen Impfzentren? Warum kann der Hausarzt nicht impfen?
- Wann geht es los?
- Wie viele Menschen können dort geimpft werden?
- Was kostet die Impfung?
- Wer wird zuerst geimpft?
- Wer kann sich impfen lassen? Kann man einfach zu den Impfzentren gehen?
- Wer führt die Impfungen durch?
- Wie wird der Impfstoff verteilt und gelagert?
- Reicht der Impfstoff?
Impfzentren werden schon jetzt errichtet, obwohl noch kein Impfstoff einsatzbereit ist: Man will vorbereitet sein. Denn sowohl Moderna als auch Biontech/Pfizer haben die Zulassung in Europa beantragt. Sobald die Zulassung vorliegt, soll es losgehen. "Der Impfstoff ist ein rares Gut und muss ganz besonders behandelt werden", sagte Dlf-Wissenschaftsredakteur Volkart Wildermuth in
"Deutschlandfunk - Der Tag"
. So muss der Impfstoff von Biontech/Pfizer bei minus 80 Grad gekühlt werden. Das ist weder in Apotheken noch in der Tiefkühlung der Arztpraxen möglich.
Für die Organisation der Impfzentren sind die jeweiligen Länder zuständig. Sie entscheiden auch, wo und wie viele Impfzentren sie einrichten wollen. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen plant mit mindestens 53 Impfzentren, Bayern mit mindestens 96. In Berlin sollen sechs Impfzentren eingerichtet werden - unter anderem in einer Messehalle, in den ehemaligen Flughäfen Tegel und Tempelhof und in einem Eisstadion.
Die Impfzentren sollen bis zum 15. Dezember einsatzbereit sein. Sobald in Europa dann ein Impfstoff zugelassen ist, kann es losgehen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rechnet mit dem Beginn der Impfungen um den Jahreswechsel herum.
Im Deutschlandfunk sagte Spahn: "Mein Ziel ist gleichwohl, wenn Zug um Zug auch weitere Impfstoffe kommen, die von der Lagerung und der Menge her geeignet sind für die Arztpraxen, dass wir dann ab dem Frühjahr, Frühsommer auch in den Arztpraxen impfen."
Die Zahlen gehen auseinander. Es kommt auch darauf an, welcher Impfstoff in welcher Menge kommt. Pro Tag soll bundesweit eine hohe fünfstellige Zahl von Menschen geimpft werden können. Hamburg will zum Beispiel in dem zentralen Impfzentrum in der Spitze eine Kapazität von über 7.000 Impfungen pro Tag erreichen, Mecklenburg-Vorpommern strebt mindestens 5.000 an, Hessen 1.000 pro Impfzentrum, insgesamt 30.000 pro Tag. Ziel sei es, so der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), in wenigen Monaten rund 3,8 Millionen Menschen zu impfen, das wären rund 60 Prozent der Bevölkerung.
Der Impfstoff soll kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Das Bundesgesundheitsministerium, Länder und gesetzliche sowie private Krankenversicherungen tragen die Kosten. Das Bundesgesundheitsministerium will damit sicherstellen, dass ein "zeitnaher Leistungsanspruch für den von der STIKO-Empfehlung umfassten Personenkreis geregelt wird".
Die Nationale Impfstrategie regelt die Verteilung in zwei Phasen. Die Ständige Impfkommission (STIKO), die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina und der Deutsche Ethikrat haben erste Leitlinien vereinbart. So sollen erst diejenigen geimpft werden, die ein besonders hohes Risiko haben oder eines eingehen, um anderen zu helfen: etwa ältere Menschen mit Vorerkrankungen, medizinisches Personal und Rettungsdienste.
Außerdem sollen Menschen geimpft werden, die mit besonders vielen anderen Menschen zusammenkommen und damit die Pandemie weiter vorantreiben könnten, zum Beispiel Lehrer oder Polizisten. In der zweiten Phase steht die Impfung der Gesamtbevölkerung offen. Eine dezentrale Massenimpfungen für die breite Bevölkerung wäre allerdings erst frühestens ab Sommer möglich, schätzt der Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung.
Man kann nicht einfach hingehen, man braucht eine persönliche Einladung, erklärt Dlf-Wissenschaftsredakteur Wildermuth: "Man wird angeschrieben, vielleicht über die Einwohnermeldeämter, vielleicht über die Krankenkassen, und muss einen Termin vereinbaren." Vor Ort wird dann genau geprüft, ob es sich wirklich um die richtige Person handelt.
Außerdem gibt es mobile Impfteams vor Alten- und Pflegeheimen für diejenigen, die nicht fit genug sind, um zu einem Impfzentrum zu gelangen. Allerdings ergibt sich hier eine Schwierigkeit: Es gibt keine Impfpflicht, die Patienten müssen einwilligen. Bei Demenz-Erkrankten zum Beispiel müssen vorher die Betreuungspersonen zustimmen.
Die Länder organisieren das Impfpersonal in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung. So könnten aktive oder im Ruhestand befindliche Ärzte, Betriebsärztinnen, Fachkräfte im Rettungsdienst oder Studierende die Impfungen vornehmen.
Das Bundesgesundheitsministerium sorgt für die Verteilung des Impfstoffs an rund 60 feste Standorte, je nach Bevölkerungsanteil. Die Logistikbranche steht dabei vor großen und unterschiedlichen Anforderungen, was zum Beispiel die Kühlkette betrifft. Bestimmten Impfstoffe müssen bei Temperaturen von bis zu 80 Grad unter Null und in bestimmten Mehrdosenbehältern transportiert werden.
Die Länder sind dafür verantwortlich, die Impfstoffe sachgerecht zu lagern und zu verteilen. Auch für die Beschaffung von Impfzubehör wie Spritzen oder Kanülen sind die Länder zuständig. Viele bereiten sich darauf vor, dass es zu Diebstahlversuchen oder Sabotage an den Zwischenlagern kommen könnte und sehen eine Bewachung und andere Sicherheitsmaßnahmen vor. Die genauen Orte der Zwischenlager sollen geheim gehalten werden.
Zunächst wird die Menge der Impfstoffdosen nicht für die 80 Milionen Menschen in Deutschland ausreichen, zumal bisher davon auszugehen ist, dass man zweimal geimpft werden muss. Der Bund beschafft die Impfstoffe über einen europäischen Beschaffungsmechanismus zentral und vereinbart Abnahmegarantien mit den Herstellern. Dabei gibt es einen Verteilungsschlüssel für die EU-Länder. Deswegen wird es in Deutschland vermutlich erst einmal limitierte Mengen verschiedener Impfstoffe geben. Diese würden dann an bestimmte Personengruppen gezielt und priorisiert nach den Empfehlungen der STIKO, Leopoldina und Deutscher Ethikrat verteilt.
Die in Deutschland zuständige Ständige Impfkommission will die Zulassungen abwarten, um zu erfahren, was jeder Impfstoff leisten kann und ob er etwa bei Älteren gut funktioniert. Die Leitlinien müssten dann konkretisiert werden, zum Beispiel Altersgrenzen bestimmt werden. Sobald es ausreichende Impfstoffmengen gibt und die Herausforderungen bei Lagerung und Logistik gesunken sind, sollen die Impfstoffe auch dezentral über Apotheken verteilt werden können. Bundesgesundheitsminister Spahn ist zuversichtlich, dass die Zeit der Einschränkungen absehbar endlich ist: "Wir bereiten uns darauf vor, mehrere zehn Millionen Bürgerinnen und Bürger innerhalb kürzester Zeit mit einem Impfstoff zu versorgen."
Quellen: Bundesgesundheitsministerium, dpa, epd, AFP