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Azubis tauschen sich aus

"Bienvenue" - "Willkommen" hieß es in der Handwerkskammer Cottbus. Seit dem 3. Mai waren acht Lehrlinge aus dem französischen Nachbarland zu Gast in Südbrandenburg, um einen Einblick in die deutsche Handwerksarbeit zu bekommen.

Von Axel Flemming |
    "Ich bin Romain, 16 Jahre alt, komme aus dem Departement Jura, werde Automechaniker und verbringe den praktischen Teil des Austauschs hier."

    "Ich heiße Morgan, bin 17, auch aus der Schule im Jura, Mechaniker im ersten Lehrjahr."
    Drei Wochen verbrachten die angehenden Kfz-Mechaniker, Bäcker, Restaurantfachkräfte sowie Einzelhandelskaufmänner und -frauen aus Frankreich in den regionalen Betrieben der Lausitzstadt.

    Romain und Morgan lernten in Autohäusern von Cottbus. Zwar vertreiben die Betriebe die französischen Marken Renault und Peugeot, die Verständigung aber war nicht so einfach, weil die Deutschen kein Französisch sprechen, die Franzosen aber auch kein Deutsch: Für den Chef vom Autohaus "Härtel und Söhne" aber dennoch kein Problem:

    "Nein, Englisch, alles. Und wenn ich sie frage, sagen sie immer alle: Das passt. Englisch, Hände, Füße und dann klappt das."

    20 Mitarbeiter beschäftigt Jens Härtel, dazu zwei Lehrlinge und er sucht noch weitere. Seit zehn Jahren nimmt er über die Austauschprogramme Jugendliche in seinem Betrieb auf. Der Ausbildungsstand ist sehr unterschiedlich, dieses Mal hat er ein Glückslos gezogen:

    "Also jetzt, er macht perfekt wirklich schon was, staunt man, einmal zeigen hat er's drauf. Also man weiß, dass er schon doch öfters an Autos geschraubt hat."

    "Internationale Kompetenzen gewinnen im Zuge eines zusammenwachsenden Europas immer mehr an Bedeutung", erklärt René Grund, Mobilitätsberater der Handwerkskammer Cottbus.

    "Ich denke schon, das hilft sehr im Beruf. Die Teamfähigkeit, die Mobilität, alles wird dadurch erweitert."

    Organisiert wird der Jugendaustausch von der Handwerkskammer gemeinsam mit dem Oberstufenzentrum II des Landkreises Spree-Neiße und der Chambre des Metiers et de l‘Artisanat du Jura aus der Region Franche Comté. Philippe Colar reiste mit, um sich nach dem Wohlergehen der Jugendlichen zu erkundigen. Die sollen sehen, wie unterschiedlich in beiden Ländern gearbeitet wird:

    "Es gibt viele Unterschiede zwischen der Ausbildung in Frankreich und Deutschland. Zum Beispiel bei der Theorie: Die französischen Schüler haben viel längere Theoriezeiten in der Woche, die Arbeitszeit dort dauert sehr viel länger als in Deutschland. Dagegen sind die praktischen Tage viel stärker geregelt, beispielsweise wie lange die arbeiten dürfen. Immer etwas kürzer als hier."

    Auch Romain und Morgan sehen da durchaus Unterschiede:

    "Weniger Pausen."

    "Es sind ganz große Unterschiede, vor allem in den verwendeten Materialien. Ansonsten arbeitet man hier genau wie in Frankreich."

    Die Handwerkskammer Cottbus pflegt mit Institutionen und Schulen in ganz Europa guten Kontakt. Jährlich führt sie zahlreiche Jugendaustauschmaßnahmen durch, um Lehrlingen einen Einblick in andere Länder und Arbeitsweisen zu ermöglichen. Mobilitätsberater René Grund:

    "Also ausgerichtet darauf, dass die Jugendlichen wirklich mal sehen sollen, wie es im Ausland ist. Im Studium ist das schon normal, dass man ein Auslandssemester macht, halt im Handwerk oder Industrie noch nicht. Da gehen ja nur circa ein Prozent der Lehrlinge ins Ausland während ihrer Lehrzeit, und das soll einfach auch erhöht werden, um die Erfahrung, internationale Kompetenzen zu erlangen, mal ein bisschen die Sprache kennen zu lernen - die andere - andere Mentalität, auch eine andere Arbeitsweise, und vor allen Dingen: das steigert auch enorm die Persönlichkeit der jungen Leute."

    Der Austausch wird mit finanziellen Mitteln der beiden Länder über das Deutsch-Französische Sekretariat gefördert. Pro Jahr schickt die Handwerkskammer Cottbus 30 deutsche Jugendliche ins Ausland. Extra-Geld bekommen die Jugendlichen nicht:

    "Nein, die bekommen, wenn sie ins Ausland gehen ihre Ausbildungsvergütung weiter, und das ganze Programm ist hier dann voll finanziert und Extra-Taschengeld bekommt man nicht."

    Während ihres Aufenthaltes besuchten die jungen Franzosen neben einem Sprachkurs ein tropisches Spaßbad im Spreewald, die Bundeshauptstadt Berlin und ein Fußballspiel des FC Energie Cottbus. Die Stadt versehen die beiden Kfz-Mechaniker in Ausbildung mit einem Etikett, das nur die wenigsten Einheimischen in Brandenburg über Cottbus vergeben:

    "Die ist sehr hübsch, die Stadt. Und wenn ich könnte, würde ich noch mal hier her kommen."

    "Ja, sehr hübsch, schöne Umgebung, ich würde gerne wieder kommen, auch mal für länger um hier zu arbeiten."

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