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Baden-Württemberg
Streit um Dopingaufklärung beigelegt

Bei einer Krisensitzung im Wissenschaftsministerium in Stuttgart wurde der Streit über die Aufarbeitung der Doping-Vergangenheit an der Uni Freiburg beigelegt. Die Kommission und Uni Freiburg einigten sich zudem auf einen Fahrplan, wie die Arbeit fortgeführt und bis wann sie zu Ende gebracht werden soll.

Von Michael Brandt | 25.02.2015
    Ein Tropfen an der Nadel einer Spritze
    Vor dem Treffen konnte die Kommission nicht weiterarbeiten. (dpa / picture-alliance / Patrick Seeger)
    Zu Beginn der Krisensitzung gestern Abend im Stuttgarter Wissenschaftsministerium schien alles möglich. Ein Platzen der Kommission, ein Gezerre um die Akten, die aufgearbeitet wurden, ein Austritt wichtiger Kommissionsmitglieder. Aber dann nach vier Stunden intensiven Gesprächen erschienen die vormaligen Kontrahenten in großer Einigkeit, die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer verkündete:
    "Wir haben uns verständigt darauf, die Aufklärung zu einem Abschluss zu bringen, die Unterlagen, die vorhanden sind, aufzuarbeiten zur Verfügung zu stellen und zu sichern und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zeitnah zur Verfügung zu stellen."
    Keine Rede mehr von einem Open End für die Kommissionsarbeit, wie es Kommissionschefin Letizia Paoli noch vor wenigen Tagen gefordert hatte, keine Rede mehr vom Austritt des Freiburger Sportwissenschaftlers Andreas Singler aus der Kommission, sondern ein Fahrplan, wie die Arbeit fortgeführt und wann sie zu Ende gebracht werden soll.
    Sitzungen geplant
    In Kommissionssitzungen im April, Juni und September sollen die bereits fertiggestellten Gutachten unter anderem über die Mediziner Klümper und Keul zusammengestellt und Restarbeiten erledigt werden.
    Letizia Paoli besteht zwar darauf, noch keinen konkreten Abschlusstermin nennen zu können, sichert aber gleichzeitig zu:
    "Dass wir dann uns bemühen, die Arbeit im Laufe dieses Jahres, im Hebst 2015 abzuschließen. Wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, wird die Arbeit bis zum Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Und eine dieser Voraussetzungen war eben auch die Nachbesetzung der Mediziner und Pharmakologen."
    Und diese Nachbesetzungen von ausgeschiedenen Kommissionsmitgliedern hat wiederum Hans Jochen Schiewer, Rektor der Uni Freiburg und damit Auftraggeber der Kommission zugesagt, erste Gespräche seien bereits zugesagt:
    "Es handelt sich um die beiden Sportmediziner Simon aus Mainz und Hoppe aus Bern sowie den Pharmakologen Sörgel aus Nürnberg."
    Von links nach rechts: Hans-Jochen Schwiewer, Rektor der Uni Freiburg, Theresia Bauer, Wissenschaftsministerin BW, Letizia Paoli und Gerhardt Treutlein von der Evaluierungskommission
    Von links nach rechts: Hans-Jochen Schwiewer, Rektor der Uni Freiburg, Theresia Bauer, Wissenschaftsministerin BW, Letizia Paoli und Gerhardt Treutlein von der Evaluierungskommission (deutschlandradio.de / Michael Brandt)
    Krise zwischen Kommission und Uni Freiburg
    Anlass des Treffens unter Leitung der Wissenschaftsministerin war eine tiefe Krise zwischen Kommission und Uni Freiburg. Kommissionschefin Paoli warf der Uni vor, Akten und Informationen zurückzuhalten, bombardierte die Uni dann mit immer neuen, lange Fragenkatalogen; die Universität war verwundert über die Feindseligkeit der Kommission, die sie schließlich bezahlte.
    Nach dem heutigen Treffen scheint die Zusammenarbeit nicht nur was die Sache angeht, wieder in der Spur zu sein. Beide Seiten bestätigen auch, dass es ein neues Vertrauensverhältnis gibt. Rektor Schiewer:
    "Hier ist die Basis robust und solide. Nicht nur was die Gutachtenlage angeht, sondern auch was die gegenseitige Verpflichtung angeht, jetzt diese Arbeit in dem ambitionierten Zeitplan auch abzuschließen."
    Möglicherweise ist das gemeinsame Ziel auch nähergerückt, nachdem sich beide Seiten darauf verständigt haben, dass es zu einzelnen Themen abweichende Meinungen geben darf, die ebenfalls veröffentlich werden sollen.
    Letizia Paoli jedenfalls erklärt:
    "Das Gespräch heute war offen aber auch sehr konstruktiv. Wir freuen uns sehr, dass wir weiter zusammenarbeiten können und wollen und dass wir ein gemeinsames Ziel haben. Nämlich Aufklären."
    Symposium im Herbst geplant
    Am Ende dieser Aufklärung soll dann noch in diesem Herbst ein Symposium stehen, auf die Ergebnisse nicht nur vorgestellt, sondern auch diskutiert und eingeordnet werden. Anschließend soll die Uni Freiburg dann eine unabhängige Forschungsstelle einrichten, in der das Thema weiter beforscht wird.
    Denn Kommissionsmitglied Gerhard Treutlein, der einen großen Teil des Aktenstudiums geleistet hat, stellt fest:
    "Wir können am Beispiel von Freiburg deutlicher machen, wie Doping als System in Westdeutschland gelaufen ist. Und zwar über die Äußerung von Erwartungen. Erwartungen in Richtung Medaille und über Förderung. Da hat einer das Wort Doping verwendet. Aber: Ihr müsst schon alles tun, denn wir brauchen Medaillen."