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Banken-Stresstest
"Eine Finanzkrise, wie wir sie 2008/2009 gesehen haben, kann nicht wiederkommen"

Die europäischen Banken seien eindeutig robuster aufgestellt, als das früher der Fall gewesen sei, betonte Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management im DLF. Die Europäische Bankenaufsicht hatte in einem aktuellen Banken-Stresstest die Folgen einer neuen Finanz- und Wirtschaftskrise durchgespielt.

Christoph Schalast im Gespräch mit Claudia Wehrle |
    Die Zentrale der Commerzbank mit Emblem an der Spitze der Hauptverwaltung und Euro-Symbol an der Europäischen Zentralbank im Bankenviertel in Frankfurt.
    Die Deutsche Bank und die Commerzbank würden in einer Banken- und Finanzkrise bestehen, sagte der Finanzexperte Christoph Schalast im Interview mit dem Deutschlandfunk. (imago / Ralph Peters)
    Claudia Wehrle: Wenn ich einen Blick auf die Entwicklung der Bankaktien werfe, sehe ich erst einmal viele Minuszeichen. Die Aktien der Commerzbank geben zwei Prozent nach, die Papiere der Deutschen Bank sind ein Prozent im Minus.
    Ich habe eingeladen Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management. Herr Schalast, größtes Sorgenkind ist die älteste Bank der Welt, wir haben es eben gehört, die beiden großen deutschen Institute, nämlich die Deutsche Bank und die Commerzbank, haben schlecht abgeschnitten. Haben Sie damit gerechnet?
    Christoph Schalast: Nein, das konnte man so nicht erwarten und man kann auch nicht wirklich sagen, dass die schlecht abgeschnitten haben, sie würden ja auch in einer Banken- und Finanzkrise bestehen. Sie gehören halt nicht zur Spitzengruppe, aber da stehen vor allem skandinavische Banken und die NRW.Bank.
    Wehrle: Sind die europäischen Banken wirklich robuster aufgestellt, als das früher der Fall war?
    Schalast: Das ist eindeutig so. Wir haben jetzt regelmäßig die Stresstests alle zwei Jahre, die Rahmenbedingungen ändern sich immer wieder, man kann sich darauf also auch nicht einstellen, man muss einfach damit umgehen. Und ich denke, das ist einfach ein Zeichen dafür, dass es eine Finanzkrise, so wie wir sie 2008/09 gesehen haben, nicht wiederkommen kann.
    "Immer mehr Akteure neigen dazu, außerhalb der Regulierung zu agieren"
    Wehrle: Warum?
    Schalast: Weil einfach die Banken auf eine solche Konstellation jetzt wirklich eingestellt wurden, weil sie dafür Risikoszenarien entwickelt haben und wirklich damit umgehen könnten. Das war eben in dieser Krisensituation, das gab es einfach noch nie, dass eine Bank wie Lehman, die derartig verflochten war, in Insolvenz gegangen ist, waren sie eben nicht darauf vorbereitet.
    Wehrle: Eine Krise wie 2008/2009 kann nicht mehr stattfinden, aber trotzdem: Es wird ja mit relativ großer Wahrscheinlichkeit eine neue Krise geben. Wo könnte die denn dann oder wird die ausbrechen?
    Schalast: Da kann man natürlich bestens drüber spekulieren. Wenn man wahrscheinlich die Brille der Regulierer anzieht, dann möglicherweise aus dem Bereich des sogenannten Schattenbankings, Shadow Banking, das heißt im nicht regulierten Bereich, der eben auch wächst, weil … Es ist immer so, dass in der Finanzwirtschaft, wenn der Regulierungsdruck zunimmt, auch immer mehr, sage ich mal, Akteure dazu neigen, außerhalb der Regulierung zu agieren, eben durch Private-Equity-Fonds, Hedgefonds und anderes. Und das ist natürlich ein Risiko, weil die eben genau nicht einer Aufsicht unterliegen. Und wenn da etwas passiert, können wir die Folgen im Augenblick zumindest nicht simulieren.
    "Banken müssen ihre Angebote kundennäher gestalten"
    Wehrle: Wie aussagekräftig ist dieser Test überhaupt? Einige wichtige Bereiche sind ja gar nicht abgefragt worden, beispielsweise das niedrige Zinsumfeld, das ja vielen Banken sehr zu schaffen macht.
    Schalast: Ja, die Frage ist natürlich, was dieses niedrige Zinsumfeld im Rahmen einer Krise bedeuten würde. Aber das eigentliche Problem ist für Banken zurzeit, dass sie einfach zu wenig Geld verdienen und zu wenig Geld verdienen können in diesem Umfeld. Und die Banken reagieren darauf, sie müssen neue Geschäftsmodelle entwickeln, sie müssen mit der Digitalisierung umgehen. Und da ist ja ganz spannend, dass eine Bank wie die ING-DiBa gerade da so erfolgreich ist, die ja eins der ersten FinTechs überhaupt ist.
    Wehrle: Was müsste denn Ihrer Meinung nach getan werden, damit man auch wieder mehr Vertrauen in die Banken hat?
    Schalast: Ich glaube, man kann schon sehr viel Vertrauen in die Banken haben. Aber Banken müssen einfach ihre Angebote kundennäher gestalten. Sie müssen den Kunden einfach deutlicher machen, dass sie ihnen wichtig sind. Und da gibt es gute Vorbilder: Number26, ein deutsches FinTech, das gerade kapitalisiert wurde, eine Vollbanklizenz bekommen hat mit sehr spannenden Angeboten, innovativen Angeboten, oder auch o2, Mobilfunkanbieter, der jetzt plötzlich Bank geworden ist und anstatt Zinsen Daten-Raum-Volumen anbietet. Finde ich eine sehr clevere Idee, solche Ideen brauchen Banken.
    "Wir brauchen eine international wettbewerbsfähige Investmentbank"
    Wehrle: Welche Konsequenzen wird man denn nun daraus ziehen, aus diesen Ergebnissen?
    Schalast: Na ja, also, zum einen werden natürlich die Banken darüber nachdenken, ob sie weiteres Kapital benötigen. Da sind ja auch verschiedene Zahlen im Raum, für ganz Europa Zahlen zwischen 120 und 150 Milliarden, für Deutschland zwischen 0, 2,2 oder 30 Milliarden. Und ich finde auch, wir sollten darüber nachdenken. Weil, in Amerika hat man es vielleicht doch richtig gemacht, indem man am Anfang eine sehr viel höhere Zwangskapitalisierung durchgeführt hat, deswegen stehen heute amerikanische Banken sehr erfolgreich da.
    Und wir sollten uns fragen in Deutschland und in Europa, ohne das Vereinte Königreich: Brauchen wir nicht eine international wettbewerbsfähige Investmentbank mit entsprechend Kernkapital? Ich denke: Ja!
    Wehrle: Was glauben Sie, die Banken in fünf, in zehn Jahren, wo werden wir stehen?
    Schalast: Also wir werden ganz klar einen Digitalisierungsschub erleben, das heißt, die Banken werden alle mehr oder weniger sich Richtig FinTechs entwickeln. Es wird aber auch eine Marktkonsolidierung geben, das heißt, einige Akteure werden vom Markt verschwinden, darüber spekulieren wir ja in Deutschland schon seit Langem. Es hat in Skandinavien sehr erfolgreich stattgefunden, wir haben es in Spanien gesehen, auch in Italien, ich denke, das wird stattfinden, ganz sicher.
    Wehrle: Sagt Christoph Schalast von der Frankfurt School of Finance and Management.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.