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Bauernhöfe statt Agrarindustrie

Einen Tag nach der Eröffnung der Landwirtschaftsmesse "Grüne Woche" soll es in Berlin eine Großdemonstration gegen die Missstände im System der europäischen Agrarpolitik unter dem Motto "Wir haben es satt" geben. Dahinter steckt die Kampagne "Meine Landwirtschaft", die jetzt auf einer Pressekonferenz die Ziele der Demo erläutert hat.

Von Dieter Nürnberger |
    Vor allem wollen die Organisatoren der Demonstration am kommenden Samstag Einfluss auf die nationale Gesetzgebung und natürlich auch auf die Entscheidungen innerhalb der EU nehmen. Im vergangenen Jahr 2011 waren ja rund 20.000 Teilnehmer gekommen, das war durchaus eine beachtenswerte Anzahl. Allerdings, so musste man heute Vormittag eingestehen, ist seitdem nicht viel passiert - im Sinne dieses kritischen Agrarbündnisses. Somit stehen viele Forderungen auch weiterhin auf der Agenda, sagt Reinhild Benning, sie ist die Agrar-Referentin des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland.

    "In der Agrarindustrie ist es weitergegangen - das heißt, wir haben noch mehr Tierfabriken bekommen, der Einsatz der Gentechnik ist hier noch immer nicht gebannt. Auch die Exporte nehmen weiterhin zu. Das alles auf Kosten von Umwelt- und Verbraucherschutz. Wir haben bei der Bundesregierung noch keinerlei Bewegung feststellen können für eine Agrarreform. Das muss sich ändern."

    Die Organisatoren sind recht zuversichtlich, auch in diesem Jahr wieder eine durchaus beachtenswerte Zahl an Demonstrierenden in Berlin zu versammeln. Gerade in ländlichen Regionen wachse derzeit der Widerstand gegen die negativen Auswüchse der Agrarindustrie. Man hofft also, dass auch in diesem Jahr wieder viele Landwirte beispielsweise auch mit ihren Nutzfahrzeugen an der Demonstration teilnehmen werden.

    Gleichzeitig muss natürlich auch festgestellt werden, dass die große Masse der Konsumenten in Deutschland weiterhin eher zu Produkten der Agrarindustrie greift. Von einer Massenbewegung ist man noch weit entfernt. Doch kann ein Industrieland wie Deutschland mit bekanntlich rund 80 Millionen Menschen wirklich von einer nachhaltigen Landwirtschaft ernährt werden? Ja, sagt beispielsweise Jochen Fritz von der Kampagne "Meine Landwirtschaft", da dürfe man sich nicht verunsichern lassen:

    "Wir brauchen eine bäuerlich- nachhaltige Landwirtschaft. Das sagt auch der Weltagrarbericht, der von über 400 Wissenschaftlern weltweit herausgegeben wird. Es sei Zeit für eine Agrarwende, ein 'Weiter so' ist demnach keine Option. Die gegenwärtige Agrarindustrie verbraucht zu viele Ressourcen, zu viel Energie, die Artenvielfalt wird oft zerstört. Dadurch ist es wichtig, diese Wende einzuläuten, sonst werden wir hier gegen eine Wand fahren."

    In diesem Zusammenhang sei ganz wichtig, dass beispielsweise auch bei der Deklaration der landwirtschaftlichen Produkte die Weichen - national wie auch EU-weit - neu gestellt würden. Derzeit werde dem Verbraucher keine wirkliche Entscheidungsfreiheit zugestanden, sagt BUND-Expertin Reinhild Benning. Und vom Preis her werde es ohnehin in den kommenden Jahren nach oben gehen.

    "Rohstoffe werden immer knapper und die Agrarindustrie verbraucht enorm viel an Rohstoffen und Energien für Transporte und den globalen Handel. Alternative Landwirtschaft kann hier Ressourcen sparen. Und für artgerechte Tierhaltung würden Verbraucher auch mehr Geld ausgeben, sobald sie das entsprechende Fleisch aus Massentierhaltung genauso leicht erkennen können wie heute schon das Ei aus der Käfighaltung. Grundsätzlich können Verbraucher auch sparen, denn wir wissen, dass etwa 30 bis zu mitunter 50 Prozent der Lebensmittel im Müll landen."

    Natürlich hat sich dieses kritische Agrarbündnis auch anhand des Falles von Antibiotika-resistenten Keimen auf Fleischprodukten positioniert. Hier gab es ja in der vergangenen Woche eine viel beachtete und alarmierende Studie. Rupert Ebner ist selbst Tierarzt und im Vorstand der "Slowfood"-Bewegung:

    "Es kann nicht sein, dass in diesen Haltungssystemen eine derart wichtige Substanz wie Antibiotika so angewandt wird wie normales Futter. Antibiotika sind eben auch für den Menschen hochrelevant. Deswegen müssen wir Haltungssysteme fördern, die in der Regel und von der Konzeption her ohne Antibiotika auskommen."

    Aus Sicht dieses Agrarbündnisses gibt es somit viele Gründe, am kommenden Samstag in Berlin für eine Agrarwende zu demonstrieren.