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Belgien weiter regierungslos

In Belgien versuchen Flamen und Wallonen seit Monaten eine gemeinsame Regierung zu bilden. Bislang ohne Erfolg. Der belgische König Albert II. setzt nun auf einen neuen Vermittler, den liberalen Spitzenpolitiker und Finanzminister Didier Reynders.

Von Doris Simon | 03.02.2011
    Das vorläufige Ende kam am Abend des 6. Januar: Als ein breiter grüngelber Floralwandteppich und davor das müde Gesicht des königlichen Vermittlers Johan Vande Lanotte über belgische Bildschirme flimmerte, gab es keinen Zweifel mehr, dass auch dieser bislang längste, mühsamste und zugleich aussichtsreichste Versuch, eine belgische Regierung zu bilden, gescheitert war.

    Nach einem kurzen Aufbäumen, als der königliche Vermittler gemeinsam mit dem Schwergewicht im Norden, dem flämischen Separatisten Bart de Wever, und Elio di Rupo, dem Sozialisten und starken Mann im französischsprachigen Süden, danach versuchte, doch noch einen Kompromiss zu finden, war es vorbei. Man könne ein Pferd zum Wasser führen, es aber nicht zum Trinken zwingen, beschrieb der frustrierte königliche Vermittler die Grenzen seines Auftrages.

    Siebeneinhalb Monate nach den Wahlen amtiert in Brüssel immer noch die abgewählte belgische Regierung von Yves Leterme. Diese hat seither immer mehr Aufgaben erledigen müssen, die eigentlich einer geschäftsführenden Regierung nicht zustehen. Doch nun stellt sich dringender als jemals zuvor die Frage: wie weiter?

    Eine Notregierung will der flämische Wahlgewinner und Separatist Bart de Wever nicht. Neuwahlen finden viele Politiker, vor allem aber auch die Bürger schlecht. Sie haben zuletzt mit einer Großdemonstration klargestellt, dass sie erwarten, dass endlich regiert wird.

    Sehr viel anders als bisher würden die Ergebnisse nicht ausfallen, glaubt man den Umfragen. Also ein weiterer letzter Versuch zur Regierungsbildung, bei dem flämische und französischsprachige Liberalen mit ins Boot geholt werden? Den flämischen Separatisten und Christdemokraten wäre das recht, wirtschaftspolitisch stehen sie den Liberalen viel näher als den bisherigen Verhandlungspartnern, den Sozialisten und Grünen. Dafür aber sind die französischsprachigen Liberalen knochenhart, wenn es um die Staatsreform geht: Viele ihrer Wähler lehnen den weiteren Umbau des belgischen Staates mit einer zunehmenden Trennung zwischen Flandern und dem Rest Belgiens ab. Zugleich bestehen alle flämischen Parteien darauf, dass vor jeder normalen Regierungsverhandlung zuerst eine Staatsreform mit deutlich mehr Zuständigkeiten für Flandern vereinbart werden muss.