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Sprit, Strom, Subventionen
Wer zahlt was für Deutschlands Verkehr?

Dass Benzin und Diesel derzeit verhältnismäßig teuer sind, liegt vor allem am hohen Ölpreis. Mit Blick auf die Verkehrswende sind steigende Spritkosten aber auch politisch gewollt. Ist das E-Auto also in jeder Hinsicht die günstigere Alternative zum Verbrenner?

Von Benjamin Dierks | 22.11.2021
Zapfpistolen für die Kraftstoffe Benzin Super E10, Benzin Super E5, Diesel und excellium Diesel hängen an einer Zapfsäule
Die Kosten für einen Liter Sprit setzen sich aus unterschiedlichen Posten zusammen. Seit Jahresbeginn ist in Deutschland ein neuer Bestandteil dabei: die CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel. (picture alliance/dpa | Carsten Koall)
An der Zapfsäule in Hamburg-Bahrenfeld halten nur vereinzelt Autos. Die Tankstelle liegt nur zwei Straßenecken entfernt von der Auffahrt auf die A7 — eigentlich eine gute Möglichkeit, um vollzutanken, bevor es auf die Autobahn Richtung Hannover oder Bremen geht. Aber keine ganz billige, vor allem nicht im morgendlichen Berufsverkehr, wenn die Spritpreise besonders hoch sind.

„Wir haben keine Wahl, wir müssen immer nach Mecklenburg-Vorpommern fahren und, ja, das macht sich im Portemonnaie bemerkbar.“

„Ja, natürlich macht das mir was aus, es wird ja alles immer teurer.“

„Ob man nun 1,30 oder 1,70 zahlt, das ist schon ein Unterschied.“

1,70 Euro zeigt die Preisanzeige an diesem Morgen für den Liter Super-Benzin an. Die Preise für Benzin und Diesel steigen seit Monaten. Im selben Zeitraum vor einem Jahr waren es rund 50 Cent weniger. Der ADAC ruft Autofahrerinnen und Autofahrer über Twitter dazu auf, ihre Marktmacht zu nutzen und die jeweils günstigste Tankstelle im Umkreis anzufahren. 
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„Die Autofahrer treffen momentan auf eine Situation, die rein finanziell schon eine erhebliche Belastung für sie darstellt“, sagt Andreas Hölzel vom ADAC. Wer heute mit dem Auto unterwegs ist — zumindest mit einem herkömmlichen Verbrenner — müsse an der Zapfsäule teilweise mehr zahlen als 2012, als die Preise zum letzten Mal in solche Höhen geklettert waren.

„Derzeit haben wir bundesweite Spritpreise, die schon zum Teil über dem Rekord waren, über dem Allzeithoch, das betrifft den Diesel. Und beim Benzin sind wir ganz nah dran an dem Allzeitrekord. Beim Benzin Super E10, was für uns die relevante Marke ist, sind wir schon fast an der 1,70 dran. Und bei Diesel zahlen die Autofahrer zurzeit im Schnitt deutschlandweit 1,55.7 Euro. Also, das sind schon hohe Preise, die besonders die Autofahrer, die darauf angewiesen sind, die täglich fahren müssen, derzeit besonders stark treffen.“

Welche Kosten stecken in einem Liter Sprit?


Wofür aber genau zahlen die Kundinnen und Kunden an der Tankstelle? Welche Kosten stecken in einem Liter Sprit? Seit Jahresbeginn ist in Deutschland ein neuer Bestandteil dabei: eine CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel. Dadurch ist der Liter einige Cent teurer geworden. Andreas Hölzel vom ADAC erläutert die Preisbestandteile 

„Der Benzinpreis, wenn ich jetzt mal von einer Höhe von gerundet 1,70 Euro ausgehe, dann setzt er sich immer zusammen aus der Energiesteuer, die liegt bei 65,4 Cent, also das ist der eine Teil. Dann haben wir auf den Preis eine Mehrwertsteuer, das sind derzeit rund 27 Cent. Die Mehrwertsteuer wird ja immer noch mal erhoben auf den Benzinpreis plus Energiesteuer, und der Rest, das sind zurzeit 77,5 Cent, der ganze Rest, das ist der Bereich Kosten und Gewinn der Mineralölkonzerne. Darin enthalten ist der CO2-Preis.“
Die Grafik zeigt den durchschnittlichen Preis für Superbenzin in Deutschland in den Jahren 1972 bis 2021
Die Grafik zeigt den durchschnittlichen Preis für Superbenzin in Deutschland in den Jahren 1972 bis 2021 (Statistisches Bundesamt, Statista.de, en2x)

Dass die Spritpreise so stark zugelegt haben, hänge vor allem damit zusammen, dass Erdöl nach einem Preissturz zu Beginn der Corona-Pandemie wieder kräftig gestiegen ist, sagt Hölzel.

„Zum Jahresbeginn waren wir, glaube ich, bei etwa 50 US-Dollar je Barrel, und derzeit sind wir bei über 80, wir waren auch schon bei 85. Das hat die Preise natürlich sehr stark nach oben getrieben. Wenn der Ölpreis nach oben geht, dann steigen auch sehr schnell die Kraftstoffpreise. Wenn er runtergeht, ist es oft nicht ganz so schnell. Da wird immer ein bisschen hinterhergehinkt.“

Im ökonomischen Vergleich sind Kraftstoffe günstiger geworden


Allzeithoch, Allzeitrekord, Diesel so teuer wie nie, Benzin nah dran an der Höchstmarke! Wenn der ADAC und andere Verbände die Kraftstoffpreise kommentieren, klingt es dramatisch. Und ohne Frage, wer aufs Auto angewiesen ist und obendrein nicht viel Geld zur Verfügung hat, spürt den Anstieg schmerzlich. Aber gerade wenn Preise über längere Zeitspannen verglichen werden, zeichnen Höchststandmeldungen womöglich ein schiefes Bild. Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, kurz DIW, nahm die immer neuen Hiobsbotschaften zum Anlass, die Kraftstoffpreise mit den Verbraucherpreisen abzugleichen. Und er kam zum Schluss: So bereinigt sind die Preise gar nicht höher als früher. Denn dass Preise steigen, ist in der Marktwirtschaft die Regel. Viele Dinge seien heute auf den ersten Blick teurer als je zuvor, sagt Bach.

„Bei steigenden Preisen hat man ja immer gerne Rekordpreise. Der Brotpreis ist heute auch so teuer wie nie. Das heißt, man muss schon die Preisentwicklung in Relation zu den übrigen Lebenshaltungskosten setzen. Da stellen wir fest, dass wir in der Vergangenheit ja auch schon relativ hohe Preise hatten. Gemessen an der Kaufkraft waren die sogar noch deutlich höher, etwa Ende der Nuller-Jahre, als die Rohölpreise auch recht hoch waren. Oder Anfang der 80er-Jahre, auch da hatten wir schon ein hohes Preisniveau, was in realen Größen berechnet, also kaufkraftbereinigt, höher war als heute.“

Dass die Preise, wenn man dieses Maß ansetzt, nicht so drastisch gestiegen sind, sieht man Stefan Bach zufolge auch daran, dass heute wesentlich mehr Leute mit dem Auto fahren, dass Haushalte mehr Autos besitzen und dass Autos auch viel leistungsstärker geworden sind. Das sei möglich, weil Kraftstoffe ökonomisch gesehen eher billiger geworden seien als früher.

„Und wenn man noch zusätzlich die Einkommensentwicklung berücksichtigt, also die Kosten für die Kraftstoffe in Relation zum Einkommen setzt, dann stellt man fest, dass das früher viel teurer war für die Leute. Insbesondere noch in den 60er-Jahren, als die Massenmotorisierung begann, da haben die Leute zwar nur 30 Pfennig an der Tanke bezahlt, aber die hatten natürlich auch noch ein viel niedrigeres Einkommen, sodass sie relativ gesehen mehr dafür ausgegeben haben.“

Das tröstet freilich jene nicht, die heute für Kraftstoffe und andere Energiekosten kurzfristig mehr ausgeben müssen als geplant. Deshalb grübelt die Politik, was sie den steigenden Preisen entgegensetzen kann. Die Lage ist paradox, denn eigentlich sind steigende Preise für Benzin, Diesel und andere fossile Energieträger durchaus erwünscht. Sie sollten ein Anstoß sein, um auf erneuerbare Energien zu setzen, sagt Jan Abrell, Klimaexperte am Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, kurz ZEW.

„Am Ende kommt es zu einer Lenkungswirkung, weil dadurch, dass Sie einen CO2-Preis haben, der auf Benzin und Diesel im Verkehr bzw. Gas und Öl im Heizsektor draufgeht, der Preis für Benzin steigt, beziehungsweise für Heizöl und Gas. Und das gibt Ihnen einen Anreiz, in CO2-ärmere Technologien zu investieren.“

Doch dafür sollten die Preise allmählich ansteigen, nicht ruckartig. Und das zusätzlich eingenommene Geld sollte in die Staatskasse gehen und nicht an die Ölkonzerne, damit Verbraucherinnen und Verbraucher an anderer Stelle entlastet werden können, sagt DIW-Experte Stefan Bach. 

„Wenn langfristig der Energieverbrauch von fossilen Brenn- und Kraftstoffen heruntergefahren werden soll, dann brauchen wir ein langfristiges, glaubhaftes Preissignal, das sukzessive ansteigt, und genau das machen wir mit der CO2-Bepreisung. Natürlich darf man das nicht so schnell machen wie jetzt auf den Energiemärkten. Das ergibt dann eben diese Probleme, dass Leute sehr stark belastet werden, das verzerrt dann die Wirtschaftsstrukturen. Das ist natürlich wirtschaftlich schädlich. Aber wenn man das wie bei der CO2-Bepreisung langfristig angeht, dann können sich die Leute darauf einstellen.“

E-Mobilität wird günstiger werden


Das Signal soll also lauten: Kauft lieber ein Elektroauto statt eines Benziners oder Diesels. Denn die Kosten für die Verbrenner werden durch den CO2-Preis steigen. E-Mobilität hingegen wird immer günstiger werden. Einen Preisvorteil gebe es heute schon, sagt Matthias Runkel, Ökonom und Verkehrspolitikexperte am Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in Berlin. Kraftstoffkosten seien gar nicht der größte Faktor, aber trügen dazu bei.

„Auf Dauer macht es natürlich schon viel aus, dass man einfach permanent günstiger wegkommt. Vor allem, wenn man sich überlegt, dass der CO2-Preis steigen wird. Der andere Faktor, über den ich spare, ist die Kaufprämie, die einen ziemlich starken Anreiz gibt, E-Autos zu kaufen, die sie deutlich günstiger macht.“

Auch der ADAC hat die Kosten von Elektroautos und die von herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor miteinander verglichen. Berechnungsgrundlage war, dass das Auto fünf Jahre gehalten und 15.000 Kilometer pro Jahr gefahren wird. Das Ergebnis: Vor allem durch die Kaufprämie sind viele E-Autos heute schon günstiger in der Nutzung. Das Elektroauto ID.3 von VW etwa ist dieser Berechnung nach — unter Berücksichtigung der Kaufprämie — mit 44,4 Cent pro gefahrenem Kilometer billiger als ein Golf, der Super-Benzin tankt und den ADAC-Angaben zufolge 53,4 Cent pro Kilometer kostet. ADAC-Sprecher Andreas Hölzel:

„Es ist natürlich nicht ganz einfach zu vergleichen, aber man kann schon sagen: Durch die Kaufprämie für die Elektroautos sind diese Autos zum Teil jetzt schon günstiger als Verbrenner. Das haben wir in unserem ADAC-Kostenvergleich auch schon dargestellt. Je nach Modell bekommt man ja 9.000 Euro teilweise vom Staat oder teilweise vom Hersteller geschenkt. Und dann haben diese Autos auch zum Teil schon deutlich niedrigere Wartungs- und Energiekosten. Also letztlich kann sich das schon rechnen.“

Geringere Wartungskosten von E-Autos


Die Kaufprämie tragen zum Teil der Staat, zum Teil die Hersteller. Um die Konjunktur in der Corona-Krise in Schwung zu bringen, hatte die Bundesregierung ihren Anteil verdoppelt. Reine E-Autos bekommen damit eine Förderung von bis zu 9.000 Euro, Plug-in-Hybride, also Mischungen aus Batteriebetrieb und Verbrennungsmotor, erhalten eine Förderung von bis zu 6.750 Euro. Eigentlich soll die erhöhte Prämie Ende des Jahres auslaufen. Es wurde aber über eine Verlängerung nachgedacht. Das Ziel sei, dass Elektroautos durch die technische Entwicklung und die Verteuerung von Verbrennern irgendwann im Vergleich auch ohne Prämie billiger sind, sagt Ökonom Matthias Runkel.

„Und das wird sich auf Dauer auch verselbständigen, weil E-Autos einfach in der Produktion immer günstiger werden und in absehbarer Zeit, manche sagen 2025, schon günstiger sein werden, als vergleichbare Autos. Und dann auch noch ein Punkt, den, glaube ich, viele übersehen, sind die geringeren Wartungskosten - voraussehbar. Es ist natürlich noch ein bisschen unklar, wie wird es mit den Batterien sein. Aber wenn man sich überlegt, was man an Reparaturkosten beim Auto hat, die wirklich teuer sind, dann sind das alles Teile, die es im E-Auto gar nicht mehr gibt.“

Batterieherstellung senkt bislang Umweltbilanz von E-Autos


Aber sind die Elektroautos auch in ihrer Umwelt- und Klimabilanz wie angepriesen wirklich so viel besser als herkömmliche Verbrenner? Problematisch ist vor allem die Herstellung der Batterien. Der größte Teil der Batterien wird in Asien hergestellt, vor allem in China. Die Batteriefertigung frisst besonders viel Strom. Und in China ist der CO2-intensive Kohleanteil an der Stromerzeugung deutlich höher als in Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern. Entsprechend belastend ist die Batteriefertigung in China. In der Herstellung sei ein Elektroauto daher klimaschädlicher als ein Auto mit Verbrennungsmotor, sagt Runkel.

„Jedes Auto kommt erst mal mit einem wahnsinnigen Rucksack beim Verbraucher an, durch die Herstellung. Und in der Tat beim E-Auto derzeit noch höher als bei einem Verbrenner, und wahrscheinlich auch zukünftig, einfach dadurch, weil es für Ressourcen im Elektroauto gebraucht werden.“
Ein Elektrofahrzeug lädt an einer Ladesäule in der Innenstadt. In Halle gibt es allein von den Stadtwerken zwanzig öffentliche Elektro-Ladestationen. Kombiniert wird das Angebot auch durch Car-Sharing mit Elektrofahrzeugen.
Elektromobilität in Halle/Saale (dpa-Zentralbild)
Das Elektroauto muss es also im Betrieb rausreißen, bestenfalls mit Strom, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Klimarechnung zugunsten des Elektroautos aufgeht. Matthias Runkel vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft findet allerdings, dass der Vergleich wegen der CO2-intensiven Produktion oft vorschnell zu Lasten des Elektroautos ausfällt.

„Was bei dem Vergleich häufig untergeht, ist, dass Öl als Kraftstoff vermutlich die problematischste Ressource ist, die wir auf dieser Welt haben. Daran hängen ja Kosten, die sich gar nicht beziffern lassen, weil wir um Öl schon Kriege geführt haben, weil wir regelmäßige Ölkatastrophen haben, mit Schäden an den Ökosystemen, die sich kaum beziffern lassen. Das heißt, das Ressourcenproblem hört nicht auf mit der Produktion, sondern geht danach beständig weiter.“

Tatsächlich entstehen durch Autos, vor allem durch Verbrenner, eine Reihe an Kosten und Schäden, die nicht annähernd durch die Autofahrerinnen und Autofahrer gedeckt werden, wenn sie Steuern oder CO2-Abgabe zahlen. Hinzu kommen viele Vergünstigungen, von Steuererleichterungen für Diesel über die Pendlerpauschale bis hin zum Dienstwagenprivileg. Das Umweltbundesamt hat in einer aktuellen Studie ermittelt, wie umweltschädlich solche Zuwendungen sind. Und der Straßenverkehr schlage besonders stark zu Buche, sagt Andreas Burger vom Umweltbundesamt, einer der Autoren der Studie.  

„Das sind relativ hohe Kosten, die im Grunde genommen auf die Gesellschaft abgewälzt werden. Wir reden ja von den sogenannten Umweltkosten, die umfassen alle Schäden, die direkt oder indirekt durch Schadstoffemissionen hervorgerufen werden. Das können Gesundheitsschäden sein, es können Materialschäden sein. Und es sind natürlich auch die Schäden, die durch den Klimawandel entstehen. Und insgesamt kommen wir zu dem Ergebnis, dass Umweltkosten von mehr als 67 Milliarden Euro im Jahr 2019 allein durch den Straßenverkehr entstanden sind.“

Burger und seine Kolleginnen und Kollegen haben auch aufgeschlüsselt, wie stark einzelne Verkehrsmittel zu dieser Belastung beitragen. Wenig überraschend: Die Fahrt im eigenen Auto wirkt sich merklich schlechter aus als die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. 

„Bei einem Benziner belaufen sich die Umweltkosten zum Beispiel auf 4,6 Eurocent pro Personenkilometer. Das ist deutlich höher als zum Beispiel beim Nahverkehrszug, da liegt man bei rund 3 Eurocent pro Personenkilometer, bei Linienbussen sind es 2,7.“

Klimakiller Flugverkehr


Und der Straßenverkehr ist noch nicht alles. Auch bei Schiffsdiesel oder beim Diesel für Traktoren in der Landwirtschaft, besonders aber im Flugverkehr, zahle die Gesellschaft kräftig drauf, sagt Burger.

„Im Luftverkehr haben wir eine sehr massive Subventionierung, denn Kerosin ist vollständig von der Steuer befreit, also es gibt keine Energiebesteuerung für Kerosin. Außerdem haben wir eine Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge. Und in der Summe bedeutet dies, dass wir den Flugverkehr mit zwölf Milliarden Euro im Jahr subventionieren.“    

Die Bundesregierung kommt bei ihrer Berechnung nur auf einen Bruchteil des Wertes. Der Grund: Die Regierung legt nur den Kerosinverbrauch innerhalb Deutschlands zugrunde. Das Umweltbundesamt hingegen sagt, bei einem internationalen Flug müsse der gesamte Kerosinverbrauch für die Strecke zählen. Bei der fehlenden Kerosinsteuer hört es nicht auf, hinzu kommen Lärmbelastung und Emissionen, die bislang nicht von den Verursachern getragen werden, sondern von der Allgemeinheit. Der Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Thießen von der Technischen Universität Chemnitz hat noch mehr offene und eher verdeckte Subventionen für den Flugverkehr untersucht.

„Die Subventionen fangen im Prinzip bei der Forschung an. Da wird also Forschungsförderung betrieben. Im Prinzip ist es so, dass Grundlagenforschung auch allgemein akzeptiert ist, aber wenn die Forschung dann in Richtung anwendungsnahe Forschung geht, dann ist das eben nicht mehr gerechtfertigt.“

Was viele der Subventionen, Kritikern zufolge, gemein haben: Sie sind nicht nur umwelt- und klimaschädlich, sondern auch sozial ungerecht. Je wohlhabender die Menschen, desto mehr profitierten sie von den Erleichterungen, sagt Ökonom Matthias Runkel.  

„Da ist eigentlich besonders interessant, dass Benzin, das ist so der Kraftstoff, den die Masse der Bevölkerung benutzt, der ist, der am allerhöchsten besteuert wird. Diesel hat einen reduzierten Steuersatz, obwohl es eigentlich mehr Energiegehalt hat. Schiffsdiesel und Kerosin, die sind dann komplett von der Energiesteuer befreit, und ausgerechnet Kerosin, das eigentlich der Kraftstoff des Jetsets ist. Also ein sehr großes Steuerprivileg ausgerechnet für einen Bereich, wo es die Menschen am allerwenigsten brauchen und wo es auch besonders klimaschädlich ist.“ 

Ungerechtigkeit Dienstwagenprivileg


Das soziale Ungleichgewicht gilt dem Umweltbundesamt zufolge auch für das Dienstwagenprivileg, das vor allem oberen Einkommensschichten zugute kommt, für die Diesel-Vergünstigung und — mit Abstrichen — auch für die Pendlerpauschale.   

„Letztendlich müsste man all diese Subventionen abbauen. Das muss nicht immer sozusagen auf einen Schlag sein. Das muss auch vielleicht nicht sofort sein, denn wir haben in der Tat eine sehr ungünstige Ausgangslage mit diesen stark steigenden Benzinpreisen.“

In einigen Fällen müssten die Erleichterungen nicht vollständig gestrichen, sondern umgebaut werden, sagt Burger. Die Pendlerpauschale könnte so angepasst werden, dass sie besonders denjenigen zugute kommt, die finanziell darauf angewiesen sind. Und die gesparten Milliarden kann der Staat investieren — vor allem in besseren öffentlichen Nahverkehr. Denn darüber sind die Experten sich einig: Ohne den wird der Umstieg vom Auto schwierig.