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Berliner Schulen
Diskriminierung - aktuell wie lange nicht

Der Fall eines 14-jährigen jüdischen Jungen, der an einer Schule in Berlin Opfer antisemitischer Beleidigungen und Angriffe wurde, hat für Aufsehen gesorgt. Man werde keine Diskriminierung an irgendeiner Schule akzeptieren, so die Bildungssenatorin der Stadt. Wie aber können Schulen Probleme dieser Art effektiv angehen?

Von Daniela Siebert |
    Schatten zweier Kinder auf einem Schulhof. Auf dem Boden ist ein Hüpfspiel mit Kreide aufgezeichnet.
    Mobbingfälle gibt es immer wieder an Schulen. (dpa / picture alliance / Heckler Pierre)
    In Berlin ist Diskriminierung bei allen Schul-Interessierten derzeit das Thema. Bis hin zu Bildungssenatorin Sandra Scheeres von der SPD. Vor zwei Tagen betonte sie im Abgeordnetenhaus:
    "Grundsätzlich möchte ich zu diesem Thema sagen, dass wir in keinster Weise Diskriminierung an irgendeiner Schule akzeptieren und das ist auch das Leitbild der einzelnen Schulen, alle Schulen sind der Auffassung – das spiegelt sich auch im Rahmenlehrplan und den Schulkonzepten wider - dass es uns wichtig ist, dass Schülerinnen und Schüler friedvoll zusammenleben."
    Auf die Tagesordnung gespült hat das Thema der Fall eines Achtklässlers. Ferdinand. Der 14-Jährige besuchte eine Gemeinschaftsschule im unauffälligen bürgerlichen Kiez Friedenau. Es ging ihm gut, bis er sich im Ethik-Unterricht als Jude zu erkennen gab, erzählte Ferdinand dem Deutschlandradio im März:
    "In meiner ersten Schulwoche habe ich auch erzählt, ich bin Jude im Ethik-Unterricht. Also es war so still – wie in einem Film – alle gucken mich so an. Und dann hat einer gesagt: Ferdi, bist du wirklich Jude? Und ich habe ihn gefragt: Was meinst Du damit? Und er so: Ich mag dich sehr, aber ich kann nicht mit dir befreundet sein, denn du bist Jude."
    In der Folge musste sich Ferdinand von Mitschülern monatelang beleidigende Sprüche anhören - wie etwa Juden seien alle Mörder. Schließlich wurde er auch körperlich angegriffen und mit einer Spielzeugpistole bedroht.
    Abmeldung von der Schule als einzige Ausweg
    Die Reaktionen waren vielfältig: Nachdem die Großeltern des Jungen – Holocaust-Überlebende - zu Beginn des Konfliktes noch auf Aufklärung setzten und sogar in den Unterricht vor Ort gingen, um von ihren schlimmen Erfahrungen zu berichten, zogen die Eltern nach der Aktion mit der Pistole dann doch drastischere Konsequenzen. Sie meldeten Ferdinand von dieser Schule ab.
    Auch die staatliche Seite reagierte. Die Berliner Antidiskriminierungsbeauftragte ging sofort in die Schule, berichtet Sandra Scheeres. Auch die Schulaufsicht und Schulpsychologen seien aktiv geworden.
    "Sehr viele Gespräche haben mit den Lehrkräften, mit der Schulleitung, aber auch mit den Schülerinnen und Schülern stattgefunden. Ein Ergebnis ist es, dass neben den Gesprächen und der Reflektion demnächst eine Schulversammlung zu diesem Thema stattfinden wird. Die Schule hat sich aber auch entschieden, nach den Osterferien Projekttage durchzuführen zum Thema Antisemitismus, aber auch den Nahostkonflikt."
    Die Schulpsychologen würden für die Lehrkräfte zusätzlich gezielte Trainings abhalten und Einzelgespräche anbieten.
    Auch unter Berliner Schülern hat sich der Fall rumgesprochen. So sagt dieser 19-jährige Abiturient:
    "Es ist unglaublich und das in unserer Zeit sozusagen, ich finde schon, dass sich die Schulen engagieren, aufzuklären und eben Diskriminierung vorzubeugen. Dass das einfach nicht in die Köpfe reinkommt, frage ich mich so ein bisschen warum? Weil es wird auf jeden Fall etwas dafür gemacht."
    Diskriminierung aus unterschiedlichen Gründen
    Die Diskriminierung von Juden haben die zufällig befragten Schüler noch nicht erlebt, aber viele andere Formen von Diskriminierung. So erzählt etwa dieses Mädchen mit Brille und Zahnspange aus ihrer Schule:
    "Ja zum Beispiel in der Klasse, wenn dann einer nicht die Markenklamotten oder so trägt oder was weiß ich mit dem Auge oder so komisch guckt, ja die haben die halt so ein bisschen ausgeschlossen und so."
    Da habe sich dann aber eine Sozialarbeiterin eingeschaltet und die Ausgrenzung beendet.
    Auch dieser Schulabgänger muss beim Stichwort Diskriminierung nicht lange nachdenken:
    "Ich war an einer Schule mit einem Ausländeranteil von über 90 Prozent, also ja das war da an der Tagesordnung. Kurden und Türken untereinander haben sich auch sehr diskriminiert."
    Vor allem Prügeleien habe es dauernd gegeben, erzählt er.
    Der Schulleiter in Friedenau, Uwe Runkel, muss sich im Fall von Ferdinand nun Vorwürfe gefallen lassen, er sei zu lange untätig geblieben. Das monieren sowohl die Eltern des Schülers als auch der Zentralrat der Juden. Der Schulleiter hat Anzeige gegen die mutmaßlichen Täter erstattet und will sie der Schule verweisen. In einem offenen Brief auf der Internetseite der Schule bringt er sein Bedauern und Entsetzen über die Tat zum Ausdruck.
    Die Berliner Bildungssenatorin betont: Die Schule nun allein verantwortlich zu machen und zu stigmatisieren, sei falsch. Sandra Scheeres findet:
    "Dass diese Diskriminierungsfälle, die in den Schulen stattfinden, eben auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft sind und diese Probleme auch in die Schule hineingetragen werden."
    Eine andere Interpretation bietet der Schulabgänger, für den Diskriminierung zum Schulalltag gehörte:
    "Kinder sind Schweine!"