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WM-Boykott in Katar
Ethiker: "Man hätte da nicht mitmachen müssen"

Die Kritik und die Boykottaufrufe an der umstrittenen Fußball-WM in Katar ebben auch zu Turnierbeginn nicht ab. Wirtschaftsethiker Thomas Beschorner kritisierte im Dlf aber vor allem den DFB, diese habe versäumt, alternative Fußballturniere auszutragen.

Thomas Beschorner im Gespräch mit Astrid Rawohl |
Aktivisten von Extinction Rebellion bekleben das Adidas-Geschäft in Berlin mit Plakaten mit modifizierter Adidas-Werbung.
Klimaaktivisten haben vor Beginn der Fußball-WM in Berlin bei Sponsor Adidas gegen das Turnier in Katar protestiert. (dpa / picture alliance / Stefan Müller)
Wenige Tage vor dem WM-Eröffnungspiel hat die Kritik an der Fußball-Weltmeisterschaft und dem Gastgeberland Katar noch einmal ordentlich an Fahrt aufgenommen. Ob Boykott-Aufrufe oder eifriger Symbolismus: Kaum jemand verzichtet zurzeit darauf, seine Ablehnung gegenüber der Austragung im umstrittenen Wüstenstaat kundzutun.
Es gehe bei der WM um Fragen des Klimaschutzes, der Menschenrechte und des Arbeitsschutzes, sagte der Wirtschaftsethiker Thomas Beschorner von der Universität St. Gallen, doch all die "Themen sind ja nicht in Angriff genommen worden, wenn wir ehrlich", sagte er im Deutschlandfunk.

Kritik am DFB: "eigentlich systematisch weggeduckt"

Die Verbesserungen seien minimal, wenn man über die Menschenrechte in Katar rede. Man könne als Fernsehkonsument schon ein Zeichen setzen, wenn man die WM nicht schaue oder keine Fantrikots erwerbe, sagte Beschorner.
Der Wirtschaftsethiker kritisierte aber vor allem die großen Verbände, wie den DFB, die sich "eigentlich systematisch weggeduckt haben, vor bestimmten Fragen", sagte Beschorner. Die Verbände seien nicht kreativ genug gewesen, bei Alternativlösungen, wie der Austragung von alternativen Fußballturnieren. "Ich glaube, dass wäre ein richtig gutes Signal gewesen".
Beschorner nahm aber auch die TV-Anstalten und Sponsoren in die Pflicht: "Da müssen sich Fernsehanstalten und Sponsoren überlegen, ob solche Spiele übertragen werden bzw. ob man möchte, ob das Logo auf dem Reisebus ist."
Für die Zukunft seien die FIFA und das IOC bei künftigen Bewerbungen gefragt, Auskünfte von den interessierten Ländern zu den Bereichen Menschenrechte, Nachhaltigkeit und Umweltschutz einzufordern, sagte der Direktor der Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen.
Für die Fußball-EM 2024 in Deutschland war Beschorner voll des Lobes. Diese sei "mustergültig" beim Thema Nachhaltigkeit.
Kritisch sei auch die Konzentrierung der zahlreichen Sportverbände in der Schweiz, die dort als gemeinnützige Organisation gelten. "Ich habe mir das bei der FIFA angeschaut und sehe das bei der FIFA nicht mehr eingelöst."