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Britische Pläne für No-Deal-Brexit
Erstmal (fast) keine Zölle

Großbritannien will im Fall eines ungeordneten EU-Austritts auf die meisten Importgüter keine Zölle erheben. Nur seine "sensiblen Industriezweige" will das Land mit Abgaben schützen. Auf Zollkontrollen an der Grenze zu Irland will London auch verzichten.

Von Friedbert Meurer | 13.03.2019
Frachtverkehr am Hafen von Dover
Der Hafen von Dover ist das Nadelöhr im Handel zwischen Großbritannien und der EU (AFP/Glyn Kirk)
Es sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, heißt es aus der britischen Regierung: Sollte das Land ohne Vertrag aus der EU ausscheiden, würden zum Beispiel die auch auf der Insel beliebten Autos der Marken Mercedes, BMW, Audi und VW mit einem Zollsatz von rund zehn Prozent belegt. Jedes Fahrzeug aus der EU würde im Schnitt um umgerechnet 1.700 Euro teurer.
Auch Fleisch, Butter und Käse, wenn sie aus der EU stammen, würden verzollt. Umgekehrt aber würden Zölle für etliche Waren aus Ländern außerhalb der EU abgeschafft: für Orangen, Olivenöl oder Fernseher etwa. Nichts davon wird in Großbritannien hergestellt, so dass hier keine britischen Betriebe geschützt werden müssen. Lebensmittel sollen damit tendenziell billiger werden.
Insgesamt rechnet die britische Regierung vor: künftig würden 87 Prozent aller Importe zollfrei sein. Brexit-Minister Steven Barclay: "Diese 87 Prozent bedeuten, dass wir moderat liberalisieren. Denn im Moment sind 80 Prozent unserer Importe zollfrei. Das sind also nur sieben Prozent mehr, die zollfrei würden. Es hört sich dramatischer an, als es ist."
Autoteile sollen zollfrei bleiben
Wenn Großbritannien ohne Vertrag die EU verlässt, gehört es nicht mehr dem zollfreien Raum an, den die EU bietet. Es gelten dann grundsätzlich die Tarife der WTO, der Welthandelsorganisation. Die EU will deswegen - wieder nur im Fall eines "No Deal" - Pkw, die in Großbritannien hergestellt werden, ebenfalls mit zehn Prozent verzollen.
Autohersteller wie Honda, Nissan oder Jaguar/Landrover produzieren auf der Insel zu 80 Prozent für den Export, überwiegend in die EU. Gerade beim Bau eines Autos werden Teile hin- und her verschifft. Diese Teile sollen zollfrei bleiben - ein Zugeständnis. Trotzdem ist die Autoindustrie wenig erfreut, und die Generaldirektorin des britischen Industrieverbands, Carolyn Fairbairn, findet harte Worte.
"Das wäre die größte Veränderung für den Handel Großbritanniens seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit den Unternehmen wurde überhaupt nicht geredet. Sie hatten keine Zeit zur Vorbereitung. So kann man nicht ein Land regieren. Das ist ein Vorschlaghammer gegen unsere Wirtschaft."
Die Zollsätze würden aber erst einmal nur für zwölf Monate gelten. In dieser Zeit soll die Wirtschaft angehört werden, verspricht Brexit-Minister Stephen Barclay. Keine Zölle soll es übrigens an der Grenze zwischen Nordirland und Irland geben. Dann könnten aber über diesen Weg Waren aus der EU, zum Beispiel Autos, zollfrei nach Großbritannien geschmuggelt werden. Die britische Regierung verspricht, das dann aufmerksam beobachten zu wollen.