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Bund-Länder-Finanzreform
Fast zehn Milliarden Euro mehr vom Bund

Weil der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II Ende 2019 auslaufen, müssen die Geldströme zwischen Bund und Ländern neu geordnet werden. Nach jahrelangen Verhandlungen kam es jetzt zur Einigung. Neu ist, dass der Bund künftig in die Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen investieren kann.

Von Christiane Habermalz | 18.05.2017
    Rucksäcke hängen an einer Garderoba in einer sanierungsbedürftigen Grundschule in Berlin (13.02.2009).
    Bei sanierungsbedürftigen Schulen kann der Bund in Zukunft finanziell helfen (imago / Rolf Zöllner)
    Es ist die wohl wichtigste Reform der Regierungskoalition, die nach jahrelangen Verhandlungen nun zum Abschluss gebracht werden konnte. Bis zuletzt war um die geplante Autobahn-GmbH gestritten worden, die SPD hatte die Verhandlungen gestern kurzfristig platzen lassen, weil in ihren Augen nicht ausreichend gewährleistet war, dass eine Privatisierung von Autobahnen dauerhaft ausgeschlossen ist. Dafür wollte sie das Grundgesetz ändern lassen. Mit ihrer Forderung haben sich die Sozialdemokraten nun durchgesetzt. Fraktionschef Thomas Oppermann gab sich zufrieden:
    "Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass es zu keinen Privatisierungen kommen kann. Deswegen haben wir mehrere Privatisierungsbremsen in die Verfassung eingebaut. Die Autobahnen bleiben im Eigentum des Bundes."
    Mit der Einigung wird das Reformpaket bereits in der nächsten Sitzungswoche Ende Mai verabschiedet werden können. Kernpunkt ist eine Reform der Bund-Länder-Finanzen. Weil der Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II Ende 2019 auslaufen, müssen die Geldströme zwischen dem Bund und den Ländern neu geordnet werden, um gleiche Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu sichern. CDU-Fraktionschef Volker Kauder sagte, er sei froh, dass die Koalition auch nach drei schwierigen Landtagswahlen noch zusammengefunden habe, um dieses wichtige Reformwerk zu verabschieden. Erstmals gebe der Bund für den Ausgleich zwischen ärmeren und reicheren Ländern fast 10 Milliarden Euro jährlich dazu, mehr als je zuvor.
    Oppermann: Eine bahnbrechende Reform
    "Das ist etwas ganz Neues. Und wir reagieren damit auch auf Entwicklungen, die wir vor allem in ländlichen Räumen sehen, wo die Menschen das Gefühl haben, angehängt zu werden, genau dies darf nicht sein."
    Im Gegenzug für die Milliarden sicherte sich der Bund Kontroll- und Mitspracherechte bei der Mittelverwendung, etwa bei Fernstraßen und in der Steuerverwaltung. Außerdem soll der Bund die Möglichkeit erhalten, finanzschwachen Kommunen bei der Sanierung von Schulbauten zu helfen. Oppermann sprach von einer bahnbrechenden Reform, mit der das Kooperationsverbot, dass es dem Bund verbiete, sich im Schulbereich finanziell zu engagieren, erstmals aufgebrochen werde.
    "Das ist ein großer Fortschritt, damit können wir den gewaltigen Investitionsstau an deutschen Schulen, in der Größenordnung von 32 Milliarden Euro Schritt für Schritt abbauen. Ein erster Schritt ist ein 3,5-Milliarden-Euro-Schulsanierungsprogramm, auf das sich die Koalition auch verständigt hat."
    Auch CSU-Landesgruppenschefin Gerda Hasselfeldt war zufrieden, für Nettozahler Bayern sei ein Stück mehr Gerechtigkeit erzielt worden.
    "Wir haben bislang etwa die Hälfte, im vergangenen Jahr sogar mehr als die Hälfte des gesamten Länderfinanzausgleichs getragen. Und Bayern wird mit diesem Gesetz nun pro Jahr um etwa 1,4 Milliarden entlastet."
    Für die hoch verschuldeten Länder Saarland und Bremen wurde beschlossen, dass sie jeweils 400 Millionen Euro Finanzhilfe des Bundes erhalten, dafür aber 50 Millionen in die Tilgung ihrer Schulden sowie mehr Geld in die Stärkung der Wirtschaft stecken müssen. Ebenfalls auf den Weg gebracht wurde die Reform des Unterhaltsvorschusses. Bisher bestand Anspruch von Alleinerziehenden auf Unterhaltsvorschuss nur für Kinder bis 12 Jahren und maximal 72 Monate lang. Nun wird der Anspruch ausgeweitet: Künftig gilt er für Kinder uneingeschränkt bis zum 18. Geburtstag.