Wirtschaft in Deutschland
Was der "Investitionsbooster" der Regierung bewirken soll

Die Bundesregierung bringt Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage auf den Weg. Unternehmen sollten steuerlich entlastet, Investitionen gefördert werden. Wie genau soll das funktionieren – und welche Kritik gibt es?

    Ein Mann mit Schutzhelm läuft durch eine Wasserstofffabrik
    Noch werden knapp eine halbe Million Menschen von deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen beschäftigt, doch die Branche hat Umsätze verloren - kann der "Investitionsbooster" helfen? (imago / Rupert Oberhäuser)
    Die Planungen von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) für den neuen Haushalt stehen: Demnach wird der Bund 2025 503 Milliarden Euro ausgeben, das sind 28,8 Milliarden mehr als im Jahr davor.
    Dafür sind neue Schulden in großem Umfang vorgesehen: Die Nettokreditaufnahme steigt 2025 auf 81,8 Milliarden Euro (33,3 Milliarden Euro im Jahr 2024). Gründe sind vor allem die Mehrausgaben für Verteidigung – und für Investitionen in die Wirtschaft, mittlerweile als „Investitionsbooster“ bezeichnet. Was genau verbirgt sich hinter diesem einprägsamen Begriff?

    Was sieht der „Investitionsbooster“ vor?

    Der Gesetzentwurf sieht eine deutliche steuerliche Entlastung von Unternehmen in Deutschland vor und setzt neue Anreize für Investitionen.
    Dabei geht es im Wesentlichen um drei Aspekte, mit denen Unternehmen unterstützt werden sollen:
    • Sonderabschreibungen von bis zu 30 Prozent für Investitionen in das Unternehmen von 2025 bis 2027 – beispielsweise bei der Anschaffung von Maschinen und Anlagen
    • Nach drei Jahren, also ab 2028, soll dann die Körperschaftssteuer sinken – um je einen Prozentpunkt für fünf Jahre, und zwar von 15 auf zehn Punkte. Das soll die Belastung durch Steuern für die Unternehmen senken.
    • Sonderabschreibungen, wenn Unternehmen Elektroautos kaufen. 75 Prozent der Anschaffungskosten können dabei im ersten Jahr von der Steuer abgesetzt werden, im folgenden Jahr der Rest. Dabei wird die Preisobergrenze für E-Autos von 75.000 auf 100.000 Euro pro Wagen erhöht.
    Und: Forschung wird durch höhere steuerliche Zulagen gefördert.
    Was ist eigentlich die Körperschaftssteuer?
    Kapitalgesellschaften – etwa Aktiengesellschaften, GmbH oder auch eine Genossenschaft gelten als Körperschaften. Sie zahlen eine Körperschaftsteuer von bundesweit 15 Prozent. Dazu kommen noch regionale Steuern wie Gewerbesteuern, die von Kommune zu Kommune unterschiedlich sind. Die OECD hat im Jahr 2023 einen kombinierten Körperschaftsteuersatz von etwa 30 Prozent (durchschnittlich 29,94 in ganz Deutschland) ermittelt. Dies gilt im internationalen Vergleich als relativ hoch.

    Maßnahmen zur Senkung der Energiekosten

    Bei der Präsentation des Haushaltsentwurfs hat Finanzminister Lars Klingbeil zudem milliardenschwere Entlastungen bei den Energiepreisen angekündigt. Sie sollen ab dem 1. Januar 2026 greifen. Zwar gehören diese Maßnahmen nicht direkt zum "Investitionsbooster", sie sollen die Wirtschaft aber ebenfalls stärken und ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern:
    Die Stromsteuer wird für die Industrie, Land- und Forstwirtschaft langfristig und dauerhaft gesenkt. Bei der Stromsteuer sind bestimmte energieintensive Unternehmen bereits jetzt vollständig befreit. Für Unternehmen des produzierenden Gewerbes läuft die Herabsetzung der Stromsteuer auf das EU-Minimum im kommenden Jahr aus.

    Was bedeutet das für die Kommunen und Länder?

    Für die Kommunen bedeuten diese Pläne zunächst erhebliche finanzielle Verluste. Denn: Aufgrund der sinkenden Steuereinnahmen, beispielsweise bei der Gewerbesteuer von Unternehmen, verlieren sie Einnahmen von um die 13,5 Milliarden Euro. Bei den Ländern sind es 16,6 Milliarden.
    Um die Verluste durch den „Investitionsbooster“ auszugleichen, erstattet der Bund die Steuerausfälle der Kommunen vollständig – befristet von 2025 bis 2029, bei den Ländern teilweise. Weil die Bundesregierung nicht einfach Geld an die Länder überweisen darf, passiert das über die Verteilung der Mehrwertsteuer-Einnahmen.
    Denn die Kommunen benötigen die Steuereinnahmen, um im Rahmen der sogenannten Daseinsfürsorge verpflichtende Aufgaben wie Straßenbau, Ortsplanung, Unterhalt von Schul- und Kindertagesstätten zu übernehmen. Gleichzeitig sind in manchen Bundesländern wie in NRW viele Städte und Gemeinden so hoch verschuldet, dass Investitionen kaum noch möglich sind.
    Zusätzlich erhalten die Länder acht Milliarden Euro aus dem Sondervermögen des Bundes für Infrastruktur und Klimaschutz (SVIK). Dieses Geld für die Länder soll in Investitionen in Kitas, Hochschulen, andere Bildungseinrichtungen und Krankenhäuser fließen.
    Dennoch bleibt Kritik: So sieht Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) keine Entlastung für die Kommunen durch diesen Ausgleich. Man habe sich nur darauf geeinigt, die Kommunen nicht zusätzlich zu belasten – an der „prekären Lage“ der Kommunen ändere sich nichts.
    Allerdings will die Bundesregierung den Ländern helfen, das Altschulden-Problem ihrer Kommunen anzugehen: Mit 250 Millionen Euro Hilfe pro Jahr beteiligt sich der Bund an Entschuldungsprojekten der Länder für die Gemeinden. So sieht es der Beschluss aus dem Koalitionsvertrag vor.

    Lob und Kritik: Reaktionen auf den „Investitionsbooster“

    Wenn Unternehmen Investitionen in Maschinen oder Anlagen stärker oder vollständig abschreiben dürfen, investieren sie auch mehr – und zwar unabhängig von der gesamtwirtschaftlichen Lage. Diese Maßnahme wird daher gerade in der Wirtschaft positiv bewertet.
    Die Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen sei ein richtiger Schritt, urteilt die Wirtschaftswissenschaftlerin und Mitglied des Sachverständigenrats, Veronika Grimm. Denn: Im Vergleich zu anderen Ländern sei Deutschland ein Hochsteuerland für Unternehmen. In anliegenden Ländern seien Steuern gesenkt worden. Das wirke sich negativ auf die Ansiedlungsentscheidung aus, also auf die Entscheidung, ob Unternehmen in Deutschland investieren – oder eben in Nachbarländern. Hier könne der „Investitionsbooster“ dafür sorgen, dass Deutschland im Hinblick auf die Unternehmenssteuer attraktiver werde.
    Kurzfristig werde es durch den „Investitionsbooster“ der Regierung ein Anziehen des Wachstums geben, meint Grimm – einfach dadurch, dass der Staat im neuen Haushalt die Freiräume geschaffen habe, mehr Geld auszugeben. Damit der „Investitionsbooster“ jedoch nachhaltig wirksam wird, brauche es weitere Anstrengungen der Regierung, so Grimm weiter: beispielsweise grundlegende Strukturreformen bei den sozialen Sicherheitssystemen, um Lohnnebenkosten zu senken, durch Subventionsabbau und eine Reformierung des Rentensystems.
    Dauerhaft ließe sich das Wachstumspotential nur dadurch erhöhen, dass Forschung, Entwicklung und technischer Fortschritt gesteigert sowie langfristig investiert werde und Kapazitäten ausgebaut würden. Schließlich sei Sicherheit eine weitere Voraussetzung für Wachstum: Niemand werde an einem Standort investieren, wenn die äußere Sicherheit nicht garantiert ist, betont Grimm.

    Niedrigere Stromsteuer - aber nicht für alle

    Teils heftige Kritik gibt es an der geplanten Senkung der Stromsteuer. Denn: Im Koalitionsvertrag von CDU und SPD war vorgesehen, dass die Stromsteuer für alle Unternehmen und auch für private Haushalte abgesenkt werden sollte – um mindestens 0,05 Cent pro Kilowattstunde. Das europäische Mindestmaß liegt übrigens bei 0,05 Cent pro Kilowattstunde, deutsche Verbraucher zahlen 2,05 Cent.
    Nun aber sollen zunächst allein die Industrie sowie die Land- und Forstwirtschaft entlastet werden sollen - andere Wirtschaftsbereiche und Verbraucher wurden aus Finanznöten nicht mehr mit einbezogen. Opposition, Verbraucherschützer und auch Vertreter aus benachteiligten Wirtschaftszweigen sehen hier teilweise Wahlversprechen gebrochen. Klimaschützer weisen darauf hin, dass geringere Stromkosten die Anschaffung von Wärmepumpen attraktiver machen könnten - genauso wie den Kauf von Elektroautos.
    csh