Im dichten Schneetreiben braucht der Bus aus Berlin länger zurück nach Landshut als erwartet. Am frühen Abend sind 29 von 31 anerkannten Asylbewerbern noch immer auf der Autobahn unterwegs. Einer ist gleich in Berlin geblieben, ein zweiter ist nach Bremen gereist. Der Landshuter Landrat Peter Dreier meldet sich übers Handy von der A9. Er verteidigt seine Aktion und die Übernachtung der Flüchtlinge in einer Berliner Pension:
"Wir haben gesagt, sie können in Berlin bleiben. Es wird dafür gesorgt, und so wurde es mir auch vom Bundeskanzleramt bestätigt, dass Unterkünfte zur Verfügung stehen. Als ich aber erfahren hatte, welche Unterkunft, da habe ich gesagt, eine Not-Not-Not-Unterkunft ist keine Option. Dann übernehme ich die Verantwortung."
Trotzdem fühlen sich einige der Asylbewerber nach eigenen Angaben von Dreier ausgenutzt – sie hätten nicht gewusst, was der Landrat mit der Reise bezweckte. Mittlerweile will sich keiner der 29 mehr öffentlich äußern, sie fahren direkt zurück in ihre Asylunterkünfte. Dafür sind die Reaktionen in der bayerischen Landespolitik umso heftiger. Bayerns SPD-Chef Florian Pronold:
"Ich verstehe, dass ein Kommunalpolitiker auf die Probleme bei sich aufmerksam vor Ort macht. Ich finde auch die Art und Weise ein bisschen schwierig. Erstens werden Menschen, die selber auf Hilfe angewiesen sind, für so eine PR-Aktion missbraucht. Zweitens fährt er auch mit dem Dienstwagen und lässt die Flüchtlinge mit dem Bus fahren. Auch das finde ich kein gutes Zeichen."
Die CSU sieht die Aktion des niederbayerischen Landrates von den Freien Wählern nicht so kritisch. Aus der Staatskanzlei hieß es, Bayerns Ministerpräsident Seehofer habe keine Probleme mit Aktionen, die im rechtlichen Rahmen blieben. Seehofer stellte heute stattdessen neue Forderungen auf: Flüchtlinge, die einer Straftat verdächtigt würden, sollten in Zukunft sofort abgeschoben werden – auch ohne rechtsstaatliches Verfahren. Seehofer wolle keinen kurzen Prozess, sondern möglichst gar keinen, klagt Bayerns SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher.
"Es ist völlig unverständlich, warum die bayerische Staatsregierung eine Initiative starten möchte, dass der Rechtsstaat ausgehöhlt, ja sogar abgeschafft werden soll. Dass jetzt künftig Verdächtigungen ausreichen sollen. Das kann doch wohl nicht der Ernst sein der CSU."
Aus dem bayerischen Finanzministerium kommt eine andere Forderung. Markus Söder will, dass der Bundestag und nicht die Kanzlerin entscheiden solle, wie die Bundespolizei an den deutschen Grenzen in Zukunft kontrolliert und ob Flüchtlinge zurückgewiesen werden oder nicht. "Wenn wir einige Bundeswehrsoldaten in einen Auslandseinsatz schicken, muss der Bundestag zustimmen", so Söder. Wenn Deutschland mehr als eine Million Menschen aufnehme, dann solle das Parlament ebenfalls die letzte Entscheidung haben.