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Cannabis als Genussmittel
Mit legalen Strukturen gegen den illegalen Markt

Trotz anhaltender Kritik will die Ampelkoalition Cannabis als Genussmittel für Erwachsene freigeben. So will sie den Schwarzmarkt austrocknen, Drogenkriminalität bekämpfen und Konsumenten aus der Illegalität holen. Die Legalisierung von Cannabis aber ist ein politisches und gesellschaftliches Mammutprojekt.

Von Manuel Waltz |
getrocknete Cannabis Blüten Gras mit Joint rauchen Kiffen
Die Cannabis-Legalisierung gilt als politisches Großprojekt: Zahlreiche Faktoren wie Anbau, Ernte, Sicherheit, Vertrieb, Qualitätskriterien und Verkauf müssen definiert, geregelt und kontrolliert werden. (picture alliance / Panther Media)
„Wir stehen also jetzt hier vor einer Sicherheitstür. Die ist tagsüber geöffnet, während des Betriebes.“ Cornelius Maurer hat seine Chipkarte gezogen. Die massive Sicherheitstür aus dickem Stahl steht offen vor ihm, an der Seite ragen Bolzen heraus. Dahinter befindet sich eine weitere Tür, aus Gittern – und ebenfalls aus schwerem Stahl. „Aber der Zugang ist natürlich hier mit einer Gittertür erst einmal blockiert. Die öffnen wir mittels einer Chipkarte.“
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Das Ganze wirkt wie in einer Bank, als würde man den Tresorraum betreten. "Ganz genau. Wir betreten jetzt ein Cannabis-Fort-Knox.“

Medizinisches Cannabis als Vorreiter

Das von Cornelius Maurer benannte „Cannabis-Fort-Knox“ steht in Deutschland - auf einer grünen Wiese in der Nähe von Dresden. Auch hier sind die Wände aus dickem Stahlbeton, rund um das Gelände sind Bewegungsmelder angebracht und Kameras zeichnen alles und jeden auf, der sich der Anlage von „Demecan“ nähert. „Demecan“ - das steht für „Deutsches Medizinal-Cannabis“. Und Cornelius Maurer ist einer der drei Gründer und Geschäftsführer.
Das Start Up ist eines von drei Unternehmen, das in Deutschland legal medizinisches Cannabis anbauen, ernten und verkaufen darf - momentan knapp eine Tonne im Jahr. Deshalb die Sicherheitsvorkehrungen: Die Cannabisblüten sind zum einen sehr viel wert und zum anderen ein Betäubungsmittel und damit ausschließlich für medizinische Zwecke zugelassen.
Nur mit dem Rezept eines Arztes dürfen Menschen mit bestimmten Krankheiten - Schmerzpatienten beispielsweise oder Patienten mit multipler Sklerose - in Apotheken das Cannabis kaufen, das hier angebaut wird. Noch, denn die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer Legalisierung von Cannabis auch als Genussmittel.
Anbau von medizinischem Cannabis unter LED- und UV-Lampen. Rund 70 Mitarbeiter beschäftigt DEMECAN, Produzent von medizinischem Cannabis.
Anbau von medizinischem Cannabis unter LED- und UV-Lampen. Rund 70 Mitarbeiter beschäftigt DEMECAN, Produzent von medizinischem Cannabis. (picture alliance / Zoonar | Ivan Stajkovic)
„Wir stehen hier in den Startlöchern. Wir haben schon seit über einem Jahr an neuen Cannabissorten, also Kultivaren, geforscht, die wir entsprechend dann bei einer Legalisierung des Genussmittel-Marktes den Konsumentinnen und Konsumenten hier anbieten könnten. Und das ist ja auch ganz klar. Aktuell haben wir einen relativ überschaubaren medizinischen Markt und mit der Legalisierung des Genussmittels Cannabis bietet sich eine Riesenchance.“

Cannabis kann süchtig machen und Psychosen auslösen

Nur ein Sechstel der Anlage werde derzeit genutzt. Maurer sagt, er und seine Kollegen könnten die Produktion bei einer Legalisierung sehr schnell hochfahren und vervielfachen. Genau darin sehen die Gegner einer Legalisierung aber auch eine Gefahr. Sie fürchten, dass das Land künftig von einer gefährlichen Droge überschwemmt werden könnte. Cannabis kann süchtig machen und Psychosen auslösen. Dietmar Schilff von der Gewerkschaft der Polizei ist deshalb strikt gegen eine Freigabe. Auch wenn gesetzlich festgelegt wäre, dass nur Erwachsene Cannabis kaufen dürften.
„Es ist ja fatal zu glauben, dass, wenn man sagt, dass Cannabis oder Marihuana erst ab 18 Jahre frei ist, dass Jugendliche und Kinder, die an Psychosen leiden können und es eine Minderung des IQ gibt, das ist ja nun wissenschaftlich festgestellt worden, dass die keinen Zugriff dann mehr haben auf Cannabis oder Marihuana-Produkte.“

Den Schwarzmarkt austrocknen

Ob der Konsum nach einer Legalisierung tatsächlich ansteigen würde, das ist hoch umstritten. Untersuchungen in Kanada nach der Legalisierung dort deuten darauf hin, dass das nicht der Fall ist. Die Ampelregierung will mit der Freigabe vor allem den Schwarzmarkt austrocknen und Cannabis in einen staatlich kontrollierten Markt überführen. So will sie die Drogenkriminalität bekämpfen und die Konsumenten aus der Illegalität holen. Ein Mammut-Projekt, bei dem gilt: Vieles muss erst einmal definiert und geregelt werden: Anbau, Ernte, Sicherheit, Vertrieb, Qualitätskriterien, Verkauf, und dann auch kontrolliert werden. Burkhard Blienert, der Drogenbeauftragte der Bundesregierung:
„Ich denke, da kann sich jeder vorstellen, dass bei solch einem Gesetz, womit wir ja wirklich Neuland betreten, ganz viele beteiligt sind. Und es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass wir natürlich ein gutes Gesetz aus der Regierungsseite heraus vorlegen, dem Parlament vorlegen, was ja dann auch noch einmal beteiligt ist. Aber ganz wesentlich, und das verstehe ich auch als Kern meiner Aufgabe, ist der Diskurs, die Diskussion mit den Fachverbänden, mit der Wissenschaft, mit der Öffentlichkeit, um da letztendlich wirklich auch alle Aspekte zu beachten, die wir brauchen.“
Landesparteitag der NRWSPD
Burhart Blienert ist Beauftragter für Sucht- und Drogenfragen der Bundesregierung. (picture alliance / SvenSimon)
Und das kann noch eine Weile dauern. Im Moment befindet sich Blienert in Wien, bei der 65. Sitzung der „Commission on Narcotic Drugs“ der Vereinten Nationen. Auch dort verfolgt man die geplante Neuausrichtung der deutschen Cannabis-Politik mit großem Interesse. Der Grund: Deutschland hat sich in internationalen Verträgen zu bestimmten Grundsätzen im Umgang mit Drogen verpflichtet. Die geplante Legalisierung könnte damit in Konflikt geraten. Blienert will daher in Wien die neuen deutschen Positionen in vielen Gesprächen darstellen und erklären. Isoliert sieht er sich damit nicht, im Gegenteil:
„Ich glaube, es ist ja im Moment sehr interessant, dass jedes Land eben seine eigene Diagnose stellt wie Malta oder in Luxemburg die Debatte, in der Schweiz natürlich. Wir nehmen das ja alles wahr. Also insofern geht es nicht darum, jetzt irgendwie Verbündete auf europäischer Seite zu suchen, sondern mit allen europäischen Staaten weiter in der Debatte zu sein, dass die Drogen und Suchtpolitik eine internationale Komponente haben, was weit über Cannabis natürlich hinausgeht.“

Bedarf von bis zu 700 Tonnen Cannabisblüten pro Jahr

Noch aber ist wenig greifbar. Im Koalitionsvertrag ist lediglich festgehalten: „Wir führen die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften ein.“
Doch obwohl es bislang wenig Greifbares gibt, sind die Erwartungen gewaltig. Vor allem bei den Konsumenten: Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland regelmäßig Cannabis als Genussmittel zu sich nehmen und 3,5 Millionen gelegentlich. Bisher illegal und von der Angst begleitet, von Polizei und Justiz belangt zu werden. Aber es gibt auch wirtschaftliche Interessen, denn es geht um sehr viel Geld: Der ehemalige Wirtschaftsweise der Bundesregierung, Justus Haucap, hat in einer Studie einen Bedarf von bis zu 700 Tonnen Cannabisblüten pro Jahr in Deutschland berechnet. Bei einem geschätzten Straßenpreis von zehn Euro pro Gramm entspricht das bis zu sieben Milliarden Euro. „Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Das ist sehr, sehr viel.“
Auch Cornelius Maurer vom Unternehmen DEMECAN kennt diese Zahlen. Er ist mittlerweile im sogenannten „Blühraum“ angekommen. Hier, vor ihm, stehen unzählige Cannabispflanzen kurz vor der Ernte. Wegen der vielen Speziallampen über den Pflanzen ist es sehr hell und warm in dem Raum.

Steuermehreinnahmen von mehr als drei Milliarden Euro

„Diese Nachfrage zu befriedigen, wird eine riesen Herausforderung. Und das können am Ende des Tages am besten Unternehmen leisten, die sich darauf vorbereiten, so wie DEMECAN. Wir haben uns ganz bewusst für den Anbau von medizinischem Cannabis entschieden, zu Beginn, um hier die Produktionskapazitäten und die Erfahrungen zu sammeln. Und dann, wenn die Legalisierung vom Genussmittel Cannabis kommt, hier auch schnell und kosteneffizient unsere Produktionskapazitäten zu erweitern.“
20.000 neue Arbeitsplätze könnten entstehen, rechnet Justus Haucap in der Studie vor. Auch für den Staat wäre eine Legalisierung demnach lukrativ: Steuermehreinnahmen von mehr als drei Milliarden Euro prognostiziert Haucap, plus Einsparungen bei Polizei und Justiz. Dennoch, der Plan hat nicht nur Befürworter. Vor allem CDU und CSU sind nach wie vor dagegen. Genauso wie die Gewerkschaft der Polizei. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Dietmar Schilff findet, dass von einer Legalisierung ein völlig falsches Signal ausgehe.

"Es geht hier in erster Linie um Gesundheitsschutz"

„Was wir unglaublich finden, ist übrigens, diese Diskussion zu führen nur aufgrund von hohen möglichen Steuereinnahmen. Das wird dieser Angelegenheit in keinster Weise gerecht. Sich zu freuen, dass man eventuell 5 Milliarden Euro an Steuereinnahmen hat, das finden wir nicht sinnwürdigend, sondern es geht hier in erster Linie um Gesundheitsschutz und darum, dass Menschen und Jugendliche drogenfrei leben können.“
Parallel zu einem legalen Verkauf sollen deshalb flankierende Maßnahmen der Drogenprävention und Suchthilfe aufgelegt werden – möglicherweise finanziert durch die zusätzlichen Steuereinnahmen. Burkhard Blienert, der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, meint, mit der bisherigen Verbotspolitik, komme man schlicht nicht mehr weiter, Cannabis werde konsumiert, ob es verboten ist oder nicht:
Cannabisblüten und ein Joint.
Bis zu 20.000 neue Arbeitsplätze könnten Schätzungen zu Folge in der Cannabis-Wirtschaft nach einer Legalisierung entstehen. Auch zusätzliche Steuereinnahmen von bis zu drei Milliarden Euro werden erwartet. (picture alliance / PHOTOPQR/LE MIDI LIBRE/MAXPPP)
„Wir müssen ja konstatieren, dass es zum menschlichen Dasein ja gehört, Genussmittel zu sich zu nehmen, auch wenn sie gesundheitsschädlich sind oder eben auch im missbräuchlichen Konsum zu noch größeren gesundheitlichen Schäden führen können. Wenn ich von einem Paradigmenwechsel rede, ist es der neue Blickwinkel darauf, dass wir versuchen müssen, jeden Einzelnen, der vielleicht in einer problematischen Situation eben auch ist, mitzunehmen, helfen, Hilfestellungen zu geben, wieder ein normales Leben zu führen. Dazu gehört für mich eben auch, wegzukommen vom Abstinenz-Gebot. Sondern es muss Möglichkeiten eben auch geben, wieder am sozialen Leben teilzunehmen. Für mich gehört eben tatsächlich der Public Health Ansatz zu einem der zentralen Bausteine, die Suchttherapie und Suchthilfe, in einem Gesamtzusammenhang in den Kommunen eben auch zu sehen.“

Public Health

Beim sogenannten „Public Health“ Ansatz arbeiten viele verschiedene Institutionen – staatliche Akteure, Gruppen aus der Zivilgesellschaft, die Wissenschaft und unterschiedliche Projektträger – für die Gesundheitsvorsorge der Bevölkerung zusammen. Wenn die Abgabe von Cannabis legalisiert würde, dann könnten auch die Abgabestellen der Droge mit einbezogen werden. Bei einem illegalen Verkauf wie er im Moment auf dem Schwarzmarkt stattfindet, sagt Blienert, sei das nicht möglich.
„Ich denke, dass es angesichts der Probleme, die wir haben, durch die organisierte Kriminalität, durch den Schwarzmarkt, durch die Streckmittel genau das richtige Signal eben auch an Erwachsene: Wir wollen niemanden kriminalisieren dadurch, Stigmatisierungen wollen wir thematisieren. Und insofern bringen wir das auf eine ordentliche strukturpolitische Grundlage.“

Entscheidend werden die Verkaufsstellen sein

Entscheidend bei dieser Strategie werden demnach die Verkaufsstellen sein. Das Verkaufspersonal soll speziell geschult werden, soll Verkäufer, Sozialarbeiter und Gesundheitsberater gleichermaßen sein. Es muss über die Produkte und deren Risiken informieren – darf zugleich aber nicht dafür werben. Das so geschulte Personal kann dann Suchtverhalten erkennen, eingreifen und gegebenenfalls Hilfestellungen geben, etwa den Kontakt zur örtlichen Drogenhilfe herstellen. Kai-Friedrich Niermann ist Anwalt in Paderborn und seit Jahren spezialisiert auf Rechtsfragen in Bezug auf Cannabis. Wie erfolgreich eine Legalisierung tatsächlich sein wird, hänge entscheidend von der Ausgestaltung der Verkaufsstellen ab, sagt er:
„Gleich von Anfang an muss eine ausreichende Anzahl an Fachgeschäften lizensiert werden, damit der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden kann. Der Flaschenhals in dieser ganzen Geschichte wird der Einzelhandel werden, weil die Anforderungen da sind so hoch mit diesem Sozialkonzept, mit der Ausbildung der Leute, mit den Sicherungsmaßnahmen und so weiter und so fort.“
Wie aufwändig das Cannabis gesichert werden muss, wie teuer die Schulungen werden, was die Geschäfte noch alles leisten müssen – all das wird auch einen Einfluss auf den Preis haben. Und der konkurriert dann mit dem auf dem Schwarzmarkt. Noch entscheidender aber für den Preis wird die Höhe der Steuern sein. Denn: Nur, wenn die Steuern nicht zu hoch sind, können die legalen Geschäfte mit den illegalen des Dealers an der Ecke konkurrieren. Da ist sich Jürgen Neumeyer vom Verband der Cannabiswirtschaft sicher:
„Wir haben deswegen als Cannabiswirtschaft zum Beispiel zu diesem Punkt gesagt: Wir wollen die Steuern nicht an die Grammzahl koppeln, sondern wir wollen die Steuern an den THC-Gehalt koppeln. Also sprich an den Wirkstoffgehalt der psychoaktiven Substanz Tetrahydrocannabinol THC, also der Droge. Je potenter also ein Produkt ist, desto höher werden die Steuern.“

"Der Markt kann vielen Menschen ein gutes, legales Einkommen sichern"

Und damit würden auch im Verkauf die stärkeren Drogen umso teurer. Die Kunden sollten aufgeklärt werden und dann selbst entscheiden. Der Markt sei potentiell groß und könne vielen Menschen ein gutes, legales Einkommen sichern, sagt der Interessenvertreter der Wirtschaft:
„Und wir wollen natürlich eine Vielfalt auch haben, eine Vielfalt von Unternehmen: vom kleinen über den Mittelständler bis hin zum Großunternehmen. Und wenn eine Ausschreibung kommen sollte, befürchten wir, dass eben nur große Konzerne mit sehr viel Geld, mit hohen Investitionen überhaupt nur teilnehmen können am Markt.“
Die Einführung von medizinischem Cannabis zuvor sei nicht ideal verlaufen, findet Neumeyer. Die Ausschreibung habe große ausländische Firmen bevorteilt. Hinzu kommen sehr strenge Vorgaben für das medizinische Cannabis: Es muss einen hohen THC-Gehalt haben und dieser darf nur minimal schwanken. Das herzustellen ist nur in geschlossenen Räumen mit künstlichem Licht und spezieller Belüftung möglich. Ein solcher Anbau ist daher sehr energieintensiv.

Lizenzen oder Ausschreibungen?

Stefan Noelker-Wunderwald betreibt das Unternehmen „Hanf-Zeit“ in Ostwestfalen. Er stellt verschiedene Produkte aus Industrie-Hanf her, der praktisch kein THC enthält und deshalb schon jetzt legal ist: Tees, Öle, Backwaren oder Kosmetik. Er würde gerne in den Markt für Cannabis als Genussmittel einsteigen, wenn es soweit ist.
„Da muss man schauen, welche Sorten würden hier in der Region wachsen. Und da kommt man bestimmt nicht auf Werte mit über 25 Prozent THC, wie es im Medizinal-Hanf-Bereich möglich ist. Aber ich denke mal, dass man da schon recht schöne Ergebnisse eventuell erzielen könnte. Ja, das wäre dann der Outdoor-Anbau, also der einfachste Anbau draußen. Da ist natürlich die Frage: Wie reguliert man das? Also wie macht man diese Felder zugänglich? Und wie schützt man das, dass das nicht geklaut wird? Ist also auch dann noch mal ein Riesenthema. Zweite Geschichte wäre halt in einem Gewächshaus, das zu produzieren, wo man halt eine bessere Kontrolle hat.“
Für ein kleineres Unternehmen wie seines ist es also entscheidend, unter welchen Bedingungen er produzieren darf. Grundlegend sei, so Stefan Noelker-Wunderwald, ob es Lizenzen oder Ausschreibungen geben werde. Bei Ausschreibungen wie im Medizinal-Cannabis, hätte er wohl kaum eine Chance, schätzt er, bei der Lizenzvergabe schon eher:
„Also wenn man wirklich einfach Lizenzen rausgibt, die man überwachen kann, ähnlich wie man das mit Brauereien macht, ist das ja möglich, das zu überwachen und auch zu schauen. Und genau so ist es auch bei Brauereien oder bei der Bierproduktion möglich, dass man den Konsumenten dann auswählen lässt: Welches Produkt möchte ich kaufen? Möchte ich das aus der lokalen Brauerei haben? Oder möchte ich das australische Bier haben, was auch im Supermarkt zu finden ist? Also, dass man wirklich einfach den Konsumenten nachher entscheiden lässt, welches Produkt möchte ich, ja und die Vielfalt halt einfach da bieten kann.“

Schnelle Entkriminalisierung

Bis es soweit ist, dürfte es noch dauern. Die meisten Beteiligten gehen davon aus, dass das Gesetz frühestens Anfang 2024 in Kraft treten könnte. So viel Zeit hätten aber viele nicht, meint Georg Wurth vom Hanf-Verband. Er tritt für die Belange von Konsumentinnen und Konsumenten ein, die Cannabis heute noch illegal zu sich nehmen. Jeden Tag würden Menschen verhaftet, weil sie mit Cannabis erwischt werden – während die Regierung gleichzeitig an einer Legalisierung arbeite. Ein Widerspruch, der schnell aufgelöst werden sollte, findet Wurth. Sein Vorschlag:
„So wie wir das auch in den USA sehen: schnelle Entkriminalisierung. Die machen das in der Regel so, dass sie die Konsumenten sofort nicht mehr verfolgen, wenn zum Beispiel ein Volksentscheid gesagt hat, Cannabis soll entkriminalisiert werden. Und dann geht aber dieser ganze Gesetzgebungsprozess los, wie bei uns eben jetzt auch. Zwei Jahre lang wird über alle möglichen Details diskutiert.“
Eine Entkriminalisierung wäre sehr viel einfacher umzusetzen und ginge sehr viel schneller, als Cannabis per Gesetz als Genussmittel einzuführen. Zudem fordert Wurth eine Amnestie für die, die in der Vergangenheit belangt wurden, für eine Straftat, die es dann nicht mehr wäre.
„Dass man in den Fällen dann auch sagt: Okay, wir löschen die ganzen Daten von den Leuten, dann sind die halt wirklich rehabilitiert, entstigmatisiert.“

Fehler anderer Länder nicht wiederholen

Die unterschiedlichen Interessenvertreter werden in den kommenden Monaten versuchen, ihre Anliegen bei der Regierung vorzubringen. Die muss dann Regeln aufstellen, die einlösbar sind und effizient. Der Anwalt Kai-Friedrich Niermann verweist dabei auf Länder, die diesen Schritt schon getan haben. Denen seien Fehler passiert, die Deutschland nicht wiederholen müsse, meint er. Nur mühsam habe man es in Kanada geschafft, dass der legale Markt den Schwarzmarkt – mit Blick auf die verkaufte Menge - überholt habe. Zu hohe Preise und zu wenige Verkaufsstellen waren die Hauptgründe, da habe man erfolgreich nachgebessert. In Kanada habe sich auch gezeigt, „dass der Konsum unter Jugendlichen nicht ansteigt, der geht eher zurück, weil es jetzt halt nicht mehr cool ist und nicht mehr dieses Stigma des Schwarzmarktes, des Verbotenen hat.“
Einen rechtssicheren Rahmen fordert er und vor allem eine gute Kommunikation. Da könne man sich durchaus an Kanada orientieren, findet Anwalt Niermann.
Cannabis-Produkte auf einer Messe in den USA.
Cannabis-Produkte auf einer Messe in den USA. (picture alliance / ZUMAPRESS.com)
„Da gab es die Legalisierung erst der Blüten und später im Oktober 2018 wurden auch die Baverages, Adables und Vape-Pens, also das zum Essen, zum Trinken und zum E-Rauchen sozusagen, wurde da erlaubt. Und da haben die Firmen im April schon angefangen, Aufklärungskampagnen zu fahren: Leute, hier kommt was Neues. Das ist ein neues Produkt, das wirkt anders. Seid erst mal vorsichtig. Also ganz vorbildlich, die Bevölkerung auf so ein neues Produkt, was bis dato am Markt so nicht vorhanden war, nur in kleinen Kreisen erhältlich war, aufmerksam gemacht. Sowas stelle ich mir natürlich auch für Deutschland vor, dass man da auch wirklich mit sicheren Produkten und mit einer guten Aufklärung dann auch in einen funktionierenden Markt hineingehen kann.“