Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Cannabis-Legalisierung
Für den Staat könnte es sich finanziell lohnen

Seit Beginn der Gespräche über die Bildung der nächsten Regierung im Bund wird auch immer wieder über eine mögliche Cannabis-Legalisierung spekuliert. Aber auch schon jetzt wird mit nicht berauschenden Hanf-Produkten ganz legal viel Geld verdient.

Von Dieter Nürnberger | 19.10.2021
Auf der Hanfmesse Mary Jane Berlin 2019 zeigt ein Aussteller Lollies mit Cannabidiol (CBD), das keine berauschende Wirkung hat, aber unter anderem schmerzlindernd sein soll
Hanf-Lollies auf der Hanfmesse Berlin 2019 (imago / Jochen Eckel )
Am Freitag beginnt in Berlin Deutschlands größte Hanfmesse. Ein Schwerpunkt oder Trend in diesem Jahr heißt Cannabidiol, kurz CBD, welches aus dem weiblichen Hanf gewonnen und beispielsweise als Öl verkauft wird. Es hat eine entkrampfende und entzündungshemmende Wirkung.
CBD verursacht keine Rauschwirkung. Für medizinische Zwecke darf es deshalb in Deutschland schon seit ein paar Jahren von Ärzten verschrieben werden. 220 Aussteller werden am kommenden Wochenende ihre Produkte präsentieren. Erwartet werden rund 25.000 Besucher. Und da derzeit in den politischen Gesprächen über eine Regierungsbildung auf Bundesebene auch die Frage der Legalisierung des illegalen Sucht- und Rauschmittels Cannabis an Fahrt gewonnen hat, geht es für die Veranstalter auch darum, Argumente zu liefern.

Milliarden an Steuereinnahmen möglich

Nhung Nguyen ist Sprecherin der Hanf-Messe. Eine Legalisierung ist für sie vor allem Gesundheitsschutz für die Konsumenten. "Der Schwarzmarkt ist nicht kontrollierbar, da wird Gras verkauft, was mit synthetischen Substanzen bereichert wird und wo die Wirkung von Cannabis um ein Vielfaches verstärkt wird und was auch zu vielen Krankenhausaufenthalten geführt hat. Dem würde man den Boden entziehen, dem Schwarzmarkt."
Legalisierung von Cannabis - Wie eine Ampelkoalition die Drogenpolitik ändern könnte
Die Debatte um eine Legalisierung von Cannabis hat mit einer möglichen rot-grün-gelben Bundesregierung an Fahrt aufgenommen. Denn SPD, Grüne und FDP treten für eine Legalisierung oder zumindest für eine Entkriminalisierung von Cannabis ein. Was spricht dafür und was dagegen? Ein Überblick.
Nhung Nguyen fordert eine Legalisierung des Rauschmittels. Der Markt sei auch während der Corona-Pandemie gewachsen, sowohl im erlaubt medizinischen Bereich als auch im derzeit verbotenen Straßenverkauf. Zahlen dazu sind naturgemäß nur schwierig zu bekommen.
Justus Haucap ist Wettbewerbsökonom an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Er hat vor rund zwei Jahren einen Cannabis-Bedarf für Deutschland skizziert und ist auf etwa 250 Tonnen pro Jahr gekommen. Konservativ gerechnet, sagt er. Und er hat ausgerechnet, was die möglichen Vorteile für den Staatshaushalt wären. Ergebnis: 2,7 Milliarden Euro seien durch Legalisierung möglich, etwa durch zusätzliche Steuern.

Legalisierung umstritten

"Man kann eben Steuern einnehmen. So wie wir das bei anderen Suchtmitteln auch machen, bei Alkohol oder Tabak etwa, kann man dann auch Cannabis besteuern. Und eine Mehrwertsteuer kommt natürlich auch noch obendrauf. Und Gewerbesteuer fällt an et cetera. Und da hatten wie ausgerechnet, das sind dann alleine schon etwa so 1,7 Milliarden, die der Staat da einnehmen könnte." Hinzu kämen noch finanzielle Entlastungen, beispielsweise durch sinkende Kosten bei der Arbeit der Polizei.
Die Legalisierung ist umstritten. Viele Mediziner verweisen auf bestehende Gesundheitsgefahren durch das Suchtmittel, ebenso auf die Problematik von Marihuana als Einstiegsdroge. Justus Haucap erwähnt Erfahrungen aus den USA. Hier gibt es seit ein paar Jahren in vielen Bundesstaaten Möglichkeiten einer legalen Beschaffung des Rauschmittels. Und die Zahlen der Konsumenten seien nicht wie befürchtet signifikant angestiegen.
Laut einer Forsa-Umfrage, die heute veröffentlicht wurde, sprechen sich 30 Prozent der Deutschen für eine generelle Legalisierung aus. 59 Prozent wollen, dass Cannabis nur als Arzneimittel erlaubt sein sollte und nur sieben Prozent befürworten weiterhin ein generelles Verbot.