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CDU-Parteitag in Karlsruhe
Merkels Gratwanderung

Mit ihrer Rede auf dem CDU-Parteitag hat Angela Merkel in der Union wieder an Rückhalt gewonnen. Selbst CSU-Chef Horst Seehofer, der sie zuletzt hart kritisiert hatte, zeigt sich versöhnlich. Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise müssen nun aber konkrete Taten folgen.

Von Uschi Götz und Katharina Hamberger | 15.12.2015
    Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel auf dem Bundesparteitag in Karlsruhe.
    Die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel auf dem Bundesparteitag in Karlsruhe vor applaudierenden Delegierten. (picture alliance / dpa / Uwe Anspach)
    Es war ein CDU –Parteitag, von dem vor allem ein Zeichen ausgehen sollte: Einheit. Sogar Gastredner Horst Seehofer machte mit. Dabei hatte der CSU-Chef im Streit um die Flüchtlingsfrage noch auf dem eigenen Parteitag im November Angela Merkel düpiert und damit die Schwesterpartei verärgert.
    "Unsere Anhänger erwarten, dass wir dieses große Thema vernünftig und klug lösen. Und zweitens, dass wir dies gemeinsam als CDU und CSU schaffen. Das ist die Erwartungshaltung."
    "Ich fand die Rede gut. Sie war... ich hatte sie so erwartet, oder sagen wir mal, so erwünscht."
    "Ich denke in der Sache, in der Zielsetzung, sind wir uns, die beiden Schwesterparteien, sehr nahe gekommen. Und da ist jetzt kein Sandkorn mehr dazwischen, um diese Schritte jetzt anzugehen."
    Meinen Irmgard Klaff-Isselmann, Landtagsabgeordnete aus Hessen, und Joachim Stünkel, Delegierter aus Hannover. Seehofer hat sie erst mal wieder versöhnt.
    Aber es ging beim 28. Parteitag der CDU nicht vorrangig um den Frieden mit der kleinen Schwester, sondern darum, ein Zeichen der eigenen Geschlossenheit zu senden, die Unterstützung für Merkel zu zeigen. Das bekam auch Horst Seehofer zu spüren.
    "Wir haben eine exzellente Kanzlerin, man kann durchaus auch mit ihr diskutieren."
    Mit so viel Zustimmung für die Kanzlerin hatte in den vergangenen Wochen kaum einer gerechnet. Die Partei stritt offen über die Asyl- und Flüchtlingspolitik – und damit über den Kurs der eigenen Parteichefin. Insofern waren die fast zehn Minuten stehende Ovationen für Merkel nach ihrer Rede am Samstag beinahe überraschend:
    Die "Karlsruher Erklärung", der Beschlusstext dieses Parteitags, war am Vortag noch einmal auf Druck unter anderem der Jungen Union und der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung geändert worden. Sie wollten das Wort "Obergrenze" darin verankert sehen - nun steht im Antrag, man wolle die Zahl der Flüchtlinge "spürbar reduzieren". Und – dieser Satz soll vor allem Angela Merkel schwer gefallen sein – dass ein Andauern des Zustandes Gesellschaft und Staat auf Dauer überfordern würde. Es klingt wie eine Absage an Merkels "Wir schaffen das" – und genau deshalb erklärte sie, warum das nach wie vor gilt:
    "Als ich das gesagt hatte, begann eine spannende Diskussion. Wie kann sie sagen, wir schaffen das. Und ich antworte Ihnen, ich kann das sagen, weil das zur Identität unseres Landes gehört, Größtes zu leisten."
    Streit um die "Obergrenze" im Leitantrag

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lässt sich am 10.09.2015 nach dem Besuch einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Berlin-Spandau für ein Selfie zusammen mit einem Flüchtling fotografieren.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Besuch einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber (picture alliance / dpa / Bernd Von Jutrczenka)
    Einer, der das mit Genugtuung von der Bühne aus verfolgte, ist Kanzleramtsminister Peter Altmaier.
    "Sie hat mir nicht nur aus dem Herzen gesprochen, ich habe mich sehr gefreut, wie geschlossen die CDU hinter der Politik der Bundeskanzlerin steht."
    Altmaier ist auch Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung. Die Kritik an der Kanzlerin ist Kritik an ihm, denn er ist ein treuer Merkel-Anhänger. Politik, sagt er, sei eben keine Schönwetterveranstaltung:
    "Man muss, wenn man von der Richtigkeit seiner Position überzeugt ist, auch Kritik aushalten können."
    Nur hat er am Parteitag – anders als etwa in Talkshows - keine Chance, Merkel beizuspringen. Das muss die Kanzlerin schon alleine machen. In den vergangenen Wochen ist der Eindruck entstanden, dass die Einheit der Partei bröckelt. Partei-Vize Julia Klöckner spricht von zwei Positionen in der Debatte:
    "Spaltung ist ein bisschen hoch gegriffen, aber wir hatten ja schon häufiger auf Parteitagen Abstimmungen gehabt, wo es knapp ausging, und ich glaube in dieser Flüchtlingsfrage, wo auch die Bevölkerung auf der Suche ist, was der richtige Weg ist, ist es schon gut, wenn die CDU, die regierungsführend ist, auch weiterhin den Takt angibt und selbst auch einen Weg hat und sich einig ist."
    Auch unter den Delegierten gibt es die, die schon immer hinter dem Kurs der eigenen Vorsitzenden standen. So will Gabi Schäfer aus dem Landesverband Saar nicht von einer Obergrenze sprechen:
    "Ich persönlich hab das nicht gedacht, weil ich der Meinung bin, dass wir im Grundgesetz da auch eine klare Verantwortung haben."
    "Der Leitantrag ist für mich deutlich genug, das Einzige, was ich natürlich gehabt hätte, wäre das mit den Obergrenzen. Das hätte mir gut gefallen. Aber ich warte mal ab, was jetzt hier heut zutage noch kommt."
    Sagt Rainer Spieker, Landtagsabgeordneter aus Nordrhein-Westfalen vor Merkels Auftritt. Seinen Landesverband führt Armin Laschet. Dennoch hat Spieker auch etwas für Klöckner übrig. Die Oppositionschefin in Rheinland-Pfalz will dort im kommenden Jahr Ministerpräsidentin werden. Klöckner gilt als loyal gegenüber der Kanzlerin, versucht sich aber gleichzeitig von ihr zu lösen. Als Partei-Vize ist sie zudem nicht nur auf Landesebene sichtbar, sondern auch auf Bundesebene. So kommt auch bei den anderen Landesverbänden an, dass die 42-Jährige einen konservativeren Kurs in der Flüchtlingspolitik fährt als die Kanzlerin. Auf dem Parteitag wird das goutiert.
    Julia Klöckner versucht, sich gegenüber Merkel zu profilieren

    Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner
    Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner (dpa / picture-alliance / Jörg Carstensen)
    Klöckner hat in der Karlsruher Erklärung ein ganzes Kapitel beigesteuert, in dem unter anderem die Vollverschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit abgelehnt wird.
    "Und ich frage mich immer, wo sind denn die rot-grünen Feministinnen, die für die gendergerechte Sprache sprechen, aber Vollverschleierung und Frauen, die keine Deutschkurse besuchen dürfen, als kulturelle Vielfalt abtun."
    Und sie fordert ein Integrationspflichtgesetz. Ohne Merkel zu beschädigen, hat sie sich damit ein eigenes Profil zugelegt. Wenn sie die Landtagswahl gewinnt, könnte sie die Kronprinzessin der ewig als alternativlos geltenden Kanzlerin werden.
    Im Unterschied zur rheinland-pfälzischen Spitzenkandidatin Klöckner spielt Spitzenkandidat Guido Wolf aus Baden-Württemberg bundespolitisch keine Rolle.
    Offiziell gehören die Christdemokraten aus Baden-Württemberg nicht zu den Kritikern der Kanzlerin. Im beginnenden Landtagswahlkampf zeigt sich: Die Parteispitze um Landeschef und Bundesvize Thomas Strobl sowie Spitzenkandidat Guido Wolf tun sich schwer mit Antworten in der Flüchtlingsfrage.
    Vor allem an der Basis gab es die Hoffnung, Merkel werde in Karlsruhe eine klarere, sprich auf Begrenzung bedachte Position in der Flüchtlingsfrage einnehmen.
    Denn in den klassischen CDU-Hochburgen, im Hinterland, da brodelt es gewaltig. Der Einzug der AfD in den Landtag gilt laut verschiedenen Umfragen mittlerweile als sicher. Die Flüchtlingsfrage als ungewolltes Wahlkampfthema spaltet die Partei mehr, als man es offiziell zugeben möchte.
    Joachim Döffinger ist einer der wenigen, die einen Blick hinter die Kulissen gewähren. Er ist seit 2010 Bürgermeister in der fränkischen Gemeinde Assamstadt, auch ist der 48-jährige Schatzmeister des CDU-Bezirksverbandes Nordwürttemberg.
    Haufenweise Parteiaustritte gebe es seit Sommer, berichtet Döffinger. Mit 24 Jahren kam er zur CDU, doch so etwas habe er noch nie erlebt:
    "Das ist im Moment unser verwundbarer Punkt in der CDU. Da bluten wir im Moment, und man muss auch offen und ehrlich sagen: Wir haben hier auch im Main-Tauber-Kreis Austritte, begründete, schriftliche Austritte, die ganz klar schreiben, sie sind wegen der Frau Merkel ihrer Asylpolitik ausgetreten. Das hatten wir noch nie, auch hier nicht im Main-Tauber-Kreis. Leute treten immer mal wieder aus, weil sie einfach verärgert sind, aber dass sie dann wirklich Begründungsbriefe schreiben, die aufgrund von dieser Situation ausgetreten sind, dass tut mir selber auch weh."
    Ein Sprecher der Landes-CDU sagt, es handle sich um die übliche Austrittsquote. Eine Austrittswelle sei nicht zu beobachten, die aktuellen Zahlen seien ähnlich wie die aus dem vergangenen Jahr.
    Baden-Württembergs Delegierte unzufrieden mit Merkels Kurs
    Doch Bürgermeister Döffinger bleibt dabei: Es gebe viel Unmut, und man fürchte nun vor allem um die Stammwähler.
    Bürgermeister Döffinger ist ein zupackender Typ. 34 Flüchtlinge sind im Sommer in das ländliche Assamstadt zwischen Heilbronn und Würzburg gekommen. Die Flüchtlinge wohnen in Containern, alle zusammen auf dem Platz am Feuerwehrgerätehaus. Bis heute steht die 2.200 Einwohner zählenden Gemeinde zusammen, die Verwaltung hat die Versorgung der Flüchtlinge generalstabsmäßig geplant, ein Helferkreis kümmert sich um die Menschen. Der Bürgermeister selbst geht oft in die Wohncontainer und schaut nach, ob alles stimmt:
    "Es funktioniert sehr gut bei uns, auch innerhalb der Container, weil wir eine Kultur bieten können von den vielen Ehrenamtlichen, wir nehmen alle Asylflüchtlinge mit ins Boot und versuchen sie so gut wie möglich zu integrieren."
    Eine richtige Gemeinschaft sei unter den Flüchtlingen entstanden, betont er dann nicht ohne Stolz:
    "Egal ob Syrer, Iraker, Afghane, es funktioniert sehr gut. Die haben bei uns gar keine Zeit sich zu kabbeln, oder sonst irgendwelche krummen Dinge zu machen, und ich habe bis jetzt auch noch nicht irgendwelche Beschwerden der Nachbarschaft. Weil unsere Ehrenamtlichen unsere Asylbewerber auch viel beschäftigen."
    Mehr Integration und Toleranz gehe nicht, glaubt er und hofft nun, dass es bei dieser Anzahl von Flüchtlingen in Assamstadt bleibt:
    "Vielleicht wirklich hart oder plakativ von mir gefordert: das Limit ist erreicht. Wir sollten erst einmal die Personen, die jetzt zu uns gekommen sind, betreuen, begleiten, bevor wir jetzt noch mehr und mehr und mehr, weil irgendwann ist das Boot voll und dann packen wir das nicht mehr. Und wenn wir das selber nicht mehr packen, dann wird auch Unruhe unter den Flüchtlingen aufkommen, dann haben wir irgendwann einmal die Situation nicht mehr im Griff."
    Döffinger ist als Delegierter zum Bundesparteitag nach Karlsruhe mit der Hoffnung gereist, seine Parteichefin werde ein paar wegweisende Worte in der Flüchtlingsfrage sprechen. Doch die Parteichefin enttäuscht ihn mit ihrer Rede:
    "Ich hatte eigentlich mehr erwartet, gerade im Flüchtlingsbereich, dass sie noch stärker auf Reduzierung oder doch Begrenzung eingeht, das habe ich vermisst, sie hat es leicht angesprochen, aber sie steht einfach nicht dahinter.
    Zwar spendete auch der baden-württembergische Landesverband seiner Parteivorsitzenden stehend Applaus. Doch während der Rede zeigten einzelne Delegierte deutlich, dass sie auch nicht mit dem nun angekündigten verschärften Kurs in der Flüchtlingspolitik zufrieden sind:
    "Links und rechts, wenn sie ansprechen Baden-Württemberger ...haben schon die einen oder anderen mit dem Kopf geschüttelt,...Mensch, was sagt sie denn jetzt, das ist doch kontraproduktiv für uns. Ich muss ihr ganz klar sagen, auch sie muss die nächsten Wochen hier noch ein paar Dinge ändern. Ich möchte nicht über sie herziehen, es ist eine ganz tolle Kanzlerin, sie hat in ihrer großen Rede viel angesprochen, auch sehr viel richtig, nur in diesem einen Punkt, da stehe ich nicht hinter ihr...."
    Flüchtlingspolitik stößt unionsintern auf viel Kritik
    Die Frage der Flüchtlingspolitik wurde auch für Delegierte aus anderen Bundesländern nicht befriedigend beantwortet. Dabei gehe es ihm nicht um die magische Obergrenze, betont Matthias Grahl vom Kreisverband Bautzen in Sachsen:
    "Ich glaube, es ist ein Stück fauler Kompromiss, wir halten uns an der Diskussion über das Wort Obergrenze auf und versuchen das jetzt verzweifelt zu umgehen, das ist meiner Ansicht nach völlig am Thema vorbei, sondern wir müssen sagen, es gibt einen Zustand, den wir so nicht durchhalten können. Und deshalb müssen wir feststellen, wenn Dublin nicht funktioniert, das heißt, die Zurückweisung an den Außengrenzen nicht funktioniert, dann müssen wir konsequenter unsere eigenen Grenzen in Deutschland schützen."
    Matthias Grahl aus Sachsen gehört nicht zu denen, die nach der Rede Merkels minutenlang applaudierten. Diplomatisch sagt er, seine Parteivorsitzende habe alle Themen sehr umfangreich besetzt, auch in der Flüchtlingsfrage.
    "Das ist ein guter Ansatz, trotzdem geht es mir nicht weit genug, weil die logische Konsequenz beim Bereich Flüchtlinge nicht gezogen wird. Wir stellen fest: Dublin funktioniert nicht, wir haben Hunderttausend illegal eingereister, nicht registrierte Menschen im Land und unsere Konsequenz ist jetzt, wir versuchen es weiter. Das kann nicht sein."
    Er kenne viele, die den Kurs der Bundeskanzlerin unterstützten, auch im eigenen Landesverband Sachsen, sagt der Bautzener. Doch dann ergänzt Matthias Grahl:
    "Ich glaube, die Parteiführung hat sich von der Basis entfernt, so nehme ich das jedenfalls wahr, in meinem Kreisverband, dass dort eine übergroße Mehrheit meine Sicht der Dinge unterstützt."
    Es scheint aber eher die Minderheit zu sein, die weder vom Leitantrag noch von Merkels Rede überzeugt ist. Gabi Schäfer aus dem Landesverband Saar - schon vorher Merkel-Bewundererin - ist begeistert.
    "Ich bin sehr zufrieden mit dem was sie gesagt hat, denn sie hat vor allem die Beweggründe noch einmal klar und deutlich gemacht, warum wir uns in diesem Bereich auch engagieren müssen. Aus humanitären Gründen aber auch aus Verantwortungsgründen."
    Viele Delegierte scheinen das zu teilen - eine Rede für Herz und Kopf, heißt es: Der NRW-Landtagsabgeordnete Spieker, der sich vor Merkels Rede noch die "Obergrenze" im Beschlusstext gewünscht hätte, sagt später:
    "Sie hat heute ganz klar gesagt, wie sie sich ihre Politik vorstellt, und Sie haben ja heute an den Delegierten gesehen, dass die Delegierten ihr folgen. Und ich muss sagen, ich hab vorher mit Ihnen über Obergrenzen gesprochen, also nach der Rede bin ich jetzt von den Obergrenzen weg."
    Der SPD-Parteitag als Mahnung an die CDU-Delegierten

    Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel beim Bundesparteitag der Sozialdemokraten in Berlin.
    Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel beim Bundesparteitag der Sozialdemokraten in Berlin. (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Für die meisten Delegierten scheint es die richtige Rede gewesen zu sein. Kritiker, wie der Baden-Württemberger Armin Schuster, der dem Antrag zwar zustimmt, aber trotzdem mehr Tempo von der Bundesregierung fordert, glauben, der große Applaus hat noch andere Gründe.
    "So schlecht hätte der Antrag gar nicht sein können, das hätten wir trotzdem gemacht, weil wir die Ungeschicklichkeit der SPD würden wir niemals wiederholen."
    Ein Seitenhieb auf die SPD: Diese hatte vorige Woche ihren Parteichef
    Sigmar Gabriel mit nur 74, 3 Prozent wiedergewählt. Das will auch Peter Altmaier nicht leugnen, dass die Ereignisse des SPD-Parteitages auch ihren Einfluss hatten. Der Flüchtlingskoordinator fühlt sich aber trotzdem bestätigt.
    "Aber wichtig ist, dass die CDU in der Sache und auch personell geschlossen ist, und das macht es möglich, die Flüchtlingsherausforderung zu bewältigen und die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren."
    Und nicht nur deshalb erleichtere die Zustimmung zur Politik der Kanzlerin seine Arbeit enorm:
    "Weil ich nicht mehr in jedem Interview gefragt werde nach der Geschlossenheit der Union."
    Am Ende wird der Antrag des Bundesvorstandes sogar fast einstimmig angenommen. Auch Julia Klöckner erzählt in jedem Interview – und sie gibt an diesem Tag sehr viele – wie gut sie die Rede der CDU-Chefin fand. Tiefgründig sei die gewesen, sagt sie. Sie weiß, dass Merkel damit auch ihr geholfen hat:
    "Für mich selbst, für unseren Landesverband, wir gehen gestärkt nach Hause zurück. Warum, weil wir natürlich das auch durchbekommen haben, was wir vorgeschlagen haben zum Thema Integration."
    Altmaier misst seinen Erfolg an Zustimmung für Merkel

    Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (l.) und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (beide CDU) Mitte Oktober im Bundestag am Rande der Abstimmung über die geplante Asylgesetzreform
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (l.) und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (beide CDU) Mitte Oktober im Bundestag am Rande der Abstimmung über die geplante Asylgesetzreform (picture-alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    Ganz so euphorisch sehen es einige Delegierten aus Baden-Württemberg nicht. Man sei schon froh, dass man von der Bundeskanzlerin keinen Gegenwind bekommen habe, sagt ein Delegierter. Mit Rückenwind hätte man erst gar nicht gerechnet. Jetzt richtet sich der Blick in Baden-Württemberg auf den Wahlkampf, dabei werde es natürlich um die Flüchtlingspolitik beziehungsweise die Haltung der Kanzlerin gehen. Bürgermeister Joachim Döffinger ist sicher:
    "Und in diesem einen Punkt wird sie einfach unsere Stammwähler in Richtung AfD schicken, und ich muss immer sagen, was nützt mir als Unionsmann – oder -frau, wenn ich von den Linken, Sozis, von den jungen Grünen, wie auch immer gelobt werde und die eigenen Leute laufen uns davon, oder wählen uns einfach nicht mehr."
    Für Joachim Döffinger heißt es jetzt: Augen zu und durch.
    "Wir müssen bei uns an der Basis jetzt einfach kämpfen, wir müssen in Baden-Württemberg jetzt kämpfen, dass wir unsere Leute bei uns behalten."
    Der Parteispitze ist natürlich auch klar, dass mit Merkels relativ gut aufgenommener Rede die Diskussion über die Flüchtlingspolitik noch nicht beendet ist.
    "Ich bin sicher, dass Angela Merkel und die Partei als solche gestärkt mit einem Zeichen nach Hause fahren, weil immer wenn Debatten sehr intensiv geführt werden - und die sind ja intensiv geführt worden, und der Prozess geht ja weiter, dann braucht man auch eine Vergewisserung auf dem Weg. Es war hier eine Vergewisserung, dass wir zusammen stehen."
    Sagt Julia Klöckner, die beim Parteitag umjubelt wurde, und die nach diesem Erfolg Merkels aber sicher noch warten muss, bevor sie sich allzu offensiv selbst als Kronprinzessin ins Spiel bringen kann. Und die Zeitungen, die am Eingang der Messehalle in Karlsruhe ausliegen, bestätigen dies zumindest für den Moment. Sie zeigen auf dem Titel nur eines: Angela Merkel als Gewinnerin des Parteitages. Das fällt sogar Seehofer auf:
    "Nachdem ich Platz genommen hatte, liegt der Pressespiegel der heutigen Presse auf meinem Platz. Und das ist ein Pressespiegel, wie er in meiner ganzen Karriere mir persönlich noch nie vergönnt war."
    "Angela Merkel und die Partei, wir sind ein Winning Team."
    Resümiert Peter Altmaier. Für ihn ist es ein guter Parteitag gewesen, den er von seinem Beobachterplatz aus verfolgen konnte. Aber genau das ist wohl auch mit einer der Gründe für Merkels Erfolg am Parteitag. Denn es ist vor allem ein Funktionärsparteitag. Fast jeder Delegierte ist abhängig von dem Erfolg der Christdemokraten. Und noch ist Merkel das Zugpferd dafür. Aber die CDU weiß auch, dass sie sich erst einmal nur Zeit erkauft hat.
    "Die Menschen werden darauf achten, ob es uns gelingt, nicht nur die Flüchtlinge gut zu versorgen, die wir aufnehmen, sondern sie schnell zu integrieren und ob auch die Zahlen auf ein vernünftiges Maß zurückgehen werden."
    Nur mit Geschlossenheit werden sich solche Aufgaben nicht lösen lassen – dazu braucht es auch gute Rezepte und Verbündete.