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CSU im Umfragetief
Seehofer spielt den Ball an Söder zurück

Drei Monate vor der bayerischen Landtagswahl ist die CSU in Umfragen so weit weg von der absoluten Mehrheit wie noch nie. Ministerpräsident Söder zeigt mit dem Finger auf Berlin. Dort pariert Parteichef Seehofer die Attacke. Er wittert eine Kampagne gegen sich.

Von Katharina Hamberger |
    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)
    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) (imago stock&people)
    Horst Seehofer stand in den vergangenen Wochen viel in der Kritik. Auch in den eigenen Reihen regt sich Unzufriedenheit über den CSU-Chef. Aber Selbstkritik will der Innenminister nicht üben. Er spricht stattdessen von einer Kampagne gegen sich und seine Partei.
    Seehofer vermisst Anstand auch bei den eigenen Leuten
    Jeder der es sehen wolle, sehe, dass hier eine solche gefahren werde, sagte er der Augsburger Allgemeinen Zeitung. Und leider hätten sich auch einzelne aus der CSU dafür vereinnahmen lassen, meint der Chef der Christsozialen weiter. Viele Kritiker ließen genau das vermissen, was sie ihm vorwerfen würden: Anstand und Stil. Bekannt ist, dass Seehofer über die ein oder andere kritische Wortmeldung der vergangenen Wochen aus seinen eigenen Reihen, nicht begeistert war, sie als Illoyalität empfunden hat. Ob er damit aber auch seinen Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten, Markus Söder, meint? Gut möglich ist das.
    Söder dämpft den Ton
    Der forderte nun auch Stil ein, schlägt leise Töne an – nachdem er sich selbst während des Streits zwischen CDU und CSU der ein oder anderen Zuspitzung bedient hatte. Und: er schiebt die Verantwortung für die schlechten Umfragewerte weg von sich. Diese seien vorwiegend geprägt von Berliner Entscheidungen, sagte er jüngst dem Münchner Merkur. Und wiederholt das gestern im Bayerischen Rundfunk, betonte gleichzeitig aber, dass er damit keine namentliche Zuweisung gemacht habe:
    "Fakt ist aber natürlich, dass die Debatte, die jetzt in Berlin die letzten Wochen war, natürlich die Stimmung geprägt hat, ist doch ganz klar. Jeder der was anderes sieht, ich weiß nicht…"
    Interpretiert wurde die Aussage Söders dennoch als Angriff auf Seehofer. Und der will das offensichtlich auch nicht auf sich sitzen lassen und spielt den Ball an Söder zurück: Bayern stehe blendend da und Markus Söder stütze sich auf eine absolute Mehrheit, die die CSU 2013 unter seiner Führung geholt habe, sagt der CSU-Chef der Augsburger Allgemeinen. Und weiter: Bayern könne also handeln, die Staatsregierung sei auf keinen Koalitionspartner angewiesen, das sei ein großer Vorteil für den Wahlkampf.
    Umfragen deuten auf Koalition in Bayern
    In den aktuellen Umfragen sieht es allerdings alles andere als blendend aus für die CSU. Die Werte weisen nach wie vor nicht in Richtung absolute Mehrheit, sondern stehen eher auf Koalition. Seit Anfang Juli kommen die Christsozialen nicht mehr über die 40 Prozent-Marke in den Erhebungen. In der aktuellsten, im Bayerntrend sind es nun 38 Prozent - in dieser Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des bayerischen Rundfunks stand die CSU noch nie so schlecht da. Drei Monate vor der Landtagswahl eine denkbar ungünstige Ausgangsposition für die Christsozialen.
    Umfragen befördern Söders Verwandlung
    Diese Entwicklung ist auch ein Grund für die Verwandlung Söders zurück zum Landesvater vom Anfang seiner Amtszeit, der nicht die Bundes- sondern vor allem die Landespolitik im Blick hat – und sich von diesen Umfragen nicht treiben lassen will und sich selbstkritisch gibt:
    "Ja zunächst mal war doch zu erwarten, dass nach dem Streit der letzten Wochen, das eine Stimmungsdelle geben muss. War ja ganz klar, Streit nützt nie. Wichtig ist, inhaltliche Entscheidungen zu treffen. Es wär auch besser gewesen, die positiven Erfolge rauszustellen. Aber wir haben das verstanden und wir werden auch daraus lernen. Aber klar ist auch: das sind jetzt aktuelle Stimmungen, mehr als die Hälfte der Wählerinnen und Wähler hat sich überhaupt noch nicht festgelegt und entschieden. Also es gibt noch eine Menge Möglichkeiten, es entsprechend umzusetzen und wir machen jetzt einfach eines ganz klar: Wir machen Landespolitik pur."
    Ob die CSU sich tatsächlich auf eine Koalition einstellen muss – und mit wem, darüber will Söder nicht spekulieren. In Frage kämen nach dem Bayerntrend gleich drei Parteien als Koalitionspartner: Die SPD, die bei 13 Prozent liegt, zumindest rein rechnerisch auch die AfD mit 12 Prozent, allerdings ist diese Koalition aus CSU-Sicht ausgeschlossen, und die Grünen, die mit 16 Prozent nochmal zwei Prozentpunkte zugelegt haben und auf Platz zwei hinter der CSU liegen.