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"Das ist aus unserer Sicht noch längst nicht gegessen"

Im August erst hatte der Bundesfinanzhof die Absetzbarkeit von Ausbildungskosten bejaht, nun will die Bundesregierung sie per Gesetz abschaffen. Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, hofft, dass diese Bestrebungen spätestens vom Bundesverfassungsgericht gestoppt werden.

Achim Meyer auf der Heyde im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Manfred Götzke: Ein Studium mit Geld-zurück-Garantie - klingt das nicht verlockend? Genau das hat der Bundesfinanzhof mit einem Urteil im August ermöglicht. Er hat nämlich damals entschieden: Die Kosten für ein Studium können nach geltendem Recht auch nachträglich, also im ersten Job abgesetzt werden. Das heißt, ich kann Studienkosten, Fahrtkosten, Bücher, und, und, und von der Steuer absetzen, wenn ich nach dem Studium die ersten Euros verdiene. Tja, wer jetzt allerdings schon fleißig Rechnungen gesammelt hat, der hat sich womöglich zu früh gefreut, denn weil das Steuergeschenk den Bund viele Milliarden Euro kosten würde, ändert der Bundestag heute das Gesetz, auf dem das Urteil beruht. Achim Meyer auf der Heyde ist Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes. Herr Meyer auf der Heyde, was halten Sie von einer Politik, die missliebige Urteile einfach mit neuen Gesetzen aushebelt?

    Achim Meyer auf der Heyde: Na gut, die Politik reagiert leider ja oft so, aber ich finde, in dem Fall hätte sie natürlich durchaus dem Urteil des Bundesfinanzhofes Rechnung tragen können, und wir gehen auch davon aus, dass das natürlich vor das Bundesverfassungsgericht gehen wird.

    Götzke: Das heißt, die Absetzbarkeit von Studienkosten ist aus Ihrer Sicht noch längst nicht gestorben.

    Meyer auf der Heyde: Nein, die Absetzbarkeit - es geht ja um Ausbildungskosten, nicht nur Studienkosten, denn das Urteil bezog sich ja auch auf die Pilotenausbildung. Das ist aus unserer Sicht noch längst nicht gegessen, ich glaube, dass das Bundesverfassungsgericht da auch entscheiden wird. Wir können natürlich dann das mit uns ansehen und hoffen, dass natürlich auch zugunsten der Kläger entschieden wird.

    Götzke: Was würden Sie denn Studierenden jetzt also raten? Sollen sie weiterhin Belege sammeln?

    Meyer auf der Heyde: Ja, auf jeden Fall. Also, die müssen natürlich Belege sammeln, weil das ja auch rückwirkend gilt, und die Änderung gilt rückwirkend bis 2004, jetzt von dem, was der Bundestag beschließen wird. Aber wir können nur empfehlen, die Belege erst mal zu sammeln, denn für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht entscheiden sollte, sind die, die es geltend gemacht haben, natürlich auch im Vorteil.

    Götzke: Für wann rechnen Sie mit einer endgültigen Entscheidung?

    Meyer auf der Heyde: Oh, da gilt womöglich der Spruch: Vor Gericht und auf hoher See ist man fest in Gottes Hand, ja? Also insofern kann ich Ihnen das nicht vorhersehen. Das kann sich natürlich noch hinziehen, aber deshalb der Rat: Wer die Belege sammelt, kann das dann geltend machen, und wenn er es natürlich auch vorher schon - er muss es bei der Steuererklärung geltend machen. Es wird dann immer wieder abgelehnt werden, aber man hat dann die Möglichkeit, natürlich auch auf dem Rechtswege, sofern es ein Urteil gibt, ein positives, dies geltend machen zu können.

    Götzke: Nun haben ja nicht alle gejubelt, als der Bundesfinanzhof im August dieses Urteil zur Absetzbarkeit von Ausbildungskosten gefällt hat. Kritiker meinten damals, die Absetzbarkeit belohnt vor allem diejenigen, die nach dem Studium besonders gut verdienen, also viele Steuern zahlen und somit auch dann absetzen können. So gesehen schafft dieses neue Gesetz ja mehr Gerechtigkeit.

    Meyer auf der Heyde: Na ja, also es schafft nur partiell Gerechtigkeit. Denn natürlich haben Sie völlig recht, die, die viel verdienen, können dann auch das geltend machen, aber nun haben natürlich auch die Studierenden unterschiedliche Studienkosten, das muss man auch wiederum sehen, und es können ja nur die Ausbildungskosten geltend gemacht werden, nicht die Lebenshaltungskosten, die sowieso anfallen, und da ist die Frage: Was fällt da an Kosten an? Das sind Lernmittel, Bücher, das sind allerdings zum Beispiel auch Studiengebühren, und zwar insbesondere für solche, die möglicherweise dann erhebliche oder hohe Studiengebühren zahlen und zum Beispiel im Ausland studieren. Und hier kann ich nur sagen, da gilt dann natürlich schon ein bisschen Gerechtigkeitsprinzip. Nehmen wir also die Medizinstudierenden, die möglicherweise nach Ungarn gehen, dort hohe Gebühren zahlen, die können das dann geltend machen, und die müssen ja nach Ungarn gehen, weil sie möglicherweise aufgrund der Studienplatzknappheit hier gar keinen Studienplatz gefunden haben, und im Grunde wird der Staat dann in Haftung genommen für das, was er hier nicht schafft, nämlich nicht hinreichend Studienplätze.

    Götzke: Auf der anderen Seite haben einige Kritiker gesagt, es sei gerechter, das BAföG zu erhöhen oder ein Stipendiensystem so aufzubauen, dass es auch funktioniert, statt eine neue Baustelle der Finanzierung, Studienfinanzierung mit dieser Absetzbarkeit aufzumachen.

    Meyer auf der Heyde: Na ja, gut, das BAföG trägt natürlich auch diese Kosten, und das ist völlig richtig. Also wir haben auch wiederum das Problem, dass es Studierende gibt, die eben sehr stark erwerbstätig sein müssen, weil sie nicht genügend finanziert werden können von den Eltern aus den unterschiedlichsten Gründen, oder auch dann keine BAföG-Ansprüche haben. Und hier ist es völlig richtig, das BAföG parallel zu erhöhen, aber es sind zwei unterschiedliche Sachen, weil das BAföG zum Beispiel auch nicht für die Studiengebühren eintritt, und das auch berechtigterweise, weil das ist Ländersache, oder in dem Fall, wenn eben ausgewichen wird aufgrund einer Studienplatzknappheit, dann gilt natürlich auch, dass dann eigentlich wieder Bund und Länder in Haftung genommen werden könnten über diesen Steuerausfall, der dann entsteht.


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