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Debatte um Widerspruchslösung
Organspende soll Normalfall werden

Im vergangenen Jahr sank die Zahl der Organspender in Deutschland auf 800 - ein historischer Tiefpunkt. Dabei stehen einer aktuellen Umfrage zufolge 84 Prozent der Deutschen dem Thema Organ- und Gewebespende positiv gegenüber. Aufklärung und Werbung tun Not, um diesen Widerspruch aufzulösen.

Von Tonia Koch | 02.06.2018
    Ein Organspendeausweis, darauf stehen Spielzeugautos: Rettungswagen und Notarzt.
    In Deutschland fehlt eine Organspende-Kultur wie es sie etwa in den Niederlanden oder in Frankreich gibt (imago / Christian Ohde)
    Die Verantwortlichen wollen den Tag der Organspende in Saarbrücken nutzen, um die Menschen dazu zu bringen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Denn, nur wer das tue, könne auch seine Angst überwinden, die eine der wesentlichen Ursachen dafür sei, dass Menschen davor zurückschreckten, sich einen Organspende Ausweis zu besorgen. Das glaubt Bettina Lange, Vorstandsmitglied im Bundesverband Niere und selbst Empfängerin eines Spenderorgans.
    "Weil einfach die Angst da ist, wenn ich diesen Ausweis ausfülle, sterbe ich dann vielleicht schneller, man hat einfach diese Angst, beziehungsweise, man möchte sich mit diesem Thema nicht intensiv beschäftigen."
    Spendekultur fehlt
    10.000 Menschen stehen in Deutschland auf den Wartelisten für eine Transplantation. Und um diesen Menschen zu helfen, müsse hierzulande eine Spenderkultur erarbeitet werden, Ana Paula Barreiros, geschäftsführende Ärztin bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation. Als Vorbild könnten, so Barreiros, dabei durchaus andere europäische Länder dienen, wie etwa die Niederlande oder Frankreich, die auf die sogenannte Widerspruchslösung setzen. Das bedeutet, dass jeder Mensch automatisch Organspender ist, es sei, denn er macht von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch und legt Einspruch dagegen ein.
    "Wenn wir über diese Kultur, die Kultur, die wir brauchen in unserem Land reden, dann wäre eigentlich die Widerspruchlösung die logische Konsequenz daraus, meines Erachtens."
    Auch aus einzelnen Bundesländern kommen immer wieder einmal Vorstöße, eine Widerspruchslösung einzuführen oder die Menschen dazu zu verpflichten, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden. In zwei Wochen soll das Thema auf der Konferenz der Gesundheitsminister des Bundes und der Länder erneut zur Sprache kommen. Der Ausgang der Diskussion sei völlig offen, sagt die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann. Sie selbst möchte jedoch am augenblicklich praktizierten Modell eines freiwilligen Spenderausweises festhalten.
    Saarland will an freiwilligem Modell festhalten
    "Ich bin der Meinung jeder Mensch hat das Recht, über seinen Körper selbst zu entscheiden, Ja oder nein. Ich habe ja gesagt, andere haben das gleiche Recht nein zu sagen, nur entscheidet Euch!"
    Jenseits dieser grundsätzlichen Frage hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn für den Herbst einen Gesetzentwurf angekündigt, um die Kliniken, die sich intensiv um Organspender bemühen, finanziell zu entlasten. Darüber hinaus sollte auch zum Beispiel bei Notaren für mehr Sensibilität geworben werden, argumentiert Ana Paula Barreiros. Denn immer mehr Menschen hätten inzwischen Patientenverfügungen hinterlegt, das Thema Organspende werde darin aber häufig vergessen.