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Demonstration
Nationalisten marschieren durch Moskau

Seit 2005 begeht Russland am 4. November den "Tag der Volkseinheit", eine Art Ersatz für die sowjetischen Revolutionsfeiertage. Den Tag nutzen auch die Nationalisten, um den Vielvölkerstaat zu spalten. Erstmals traten ihnen in diesem Jahr kremltreue Organisationen entgegen.

Von Gesine Dornblüth | 04.11.2014
    Ein Polizist kontrolliert den Aufmarsch der Nationalisten in Moskau (4.11.2014)
    In Moskau gingen die Nationalisten auf die Straße. (dpa / picture-alliance / Ilya Pitalev)
    Es waren 2.000 bis 3.000 Nationalisten, die heute, begleitet von starkem Polizeiaufgebot, durch den Moskauer Außenbezirk Ljublino marschierten - weniger, als erwartet. Wie schon in vergangenen Jahren zogen sie mit nationalistischen Symbolen und Zarenfahnen teils vermummt durch den Plattenbezirk, riefen Parolen wie "Vorwärts, Russen" oder "Russland den Russen, Moskau den Moskauern".
    Neben den üblichen rassistischen Parolen war in diesem Jahr Noworossija Thema, Neurussland, jenes Gebiet in der Ostukraine, das viele Russen für sich beanspruchen. Der Krieg in der Ukraine spaltet die russischen Nationalisten. Einige sympathisieren mit den ukrainischen Rechtsextremen, mit dem Rechten Sektor. Die "Russische Rechte Partei" marschierte mit einem Transparent auf: "Russen gegen den Krieg mit der Ukraine". Ihr Anführer, Aleksander Aratov: "Der Kreml ist Schuld am Krieg. Noworossija ist sein Projekt. Wir sind dagegen, dass Slawen gegen Slawen kämpfen. Wir haben genügend andere Feinde, nämlich die internationale zionistische Bande, die Russen in Russland und Ukrainer in der Ukraine vernichtet."
    "Europa größter Feind Russlands"
    Weitaus präsenter waren aber die Anhänger von "Novorossija". Sie sammeln sich vor allem in der "Partei der Wiedergeburt der national-sozialen Gerechtigkeit". Deren Fahne zeigt ein Runen-S, das stark an die Symbolik der SS erinnert. Leonid, ein Schlosser, sagt, er sei mit der Ukraine-Politik des Kreml einverstanden. Die größten Feinde der Russen seien nicht Migranten, sondern: "Europa, das sich politisch wie eine Prostituierte benimmt, und Obama natürlich. Er versucht, sich in der Ukraine festzusetzen."
    Der Russische Marsch in Ljublino verlief ohne Zwischenfälle, ebenso ein weiterer, kleinerer Nazi-Aufmarsch in einem anderen Außenbezirk Moskaus.
    Im Moskauer Zentrum fand heute eine dritte Kundgebung statt, um ein vielfaches größer. Zu ihr hatte die Regierungspartei Einiges Russland eingeladen, gemeinsam mit der Volksfront, einem Unterstützerbündnis Putins, und namhaften Personen des öffentlichen Lebens. Das Motto: "Wir sind geeint". Alle in der Duma vertretenen Parteien schlossen sich an. Rund 75.000 Menschen kamen. Das Fernsehen übertrug live. Sergej Newerow, Vorsitzender von Einiges Russland, rief der Menge zu: "Russland ist ein starkes und ein unabhängiges Land. Wir haben einen starken Anführer, Präsident Wladimir Putin. Wir haben die Liebe zu Russland. Und wir sind eins."
    Miteinander der Nationen
    Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung stand das Miteinander der Nationen. Unter anderem trat ein kaukasisches Volkstanzensemble auf. Russlands Präsident Putin hat zuletzt immer wieder vor Fremdenfeindlichkeit gewarnt; er bezeichnet sich dabei selbst als den "größten Nationalisten Russlands". Bei der Abschlusskundgebung am Kreml trat der Musiker Josif Kobzon auf. Er hatte kürzlich mit dem Anführer der Donezker Separatisten, Alexander Zachartschenko, in der Ostukraine ein Duett gesungen. Vor seinem Song, "Ich liebe dich, Russland", sagte Kobzon: "Wir sind geeint. Deshalb sind wir stark, deshalb sind wir gefürchtet. Sollen sie ruhig Angst vor uns haben."