Der Nahverkehr läuft wieder weitgehend störungsfrei, im Fernverkehr gibt es bis zum Abend noch einzelne Verspätungen oder Zugausfälle. 1400 Züge auch im Güterverkehr waren von den Auswirkungen des Warnstreiks der EVG betroffen, teilte die Deutsche Bahn mit – mehr als eigentlich erwartet.
"Die EVG hat genau gewusst, an welchen Stellen Sie ansetzen muss, um den Verkehr maximal zu behindern. Wenn ich die Stellwerke bestreiken lasse, können keine Signale mehr gestellt werden, keine Weichen mehr gestellt werden, und in der Folge können auch keine Züge mehr fahren. Das war aus Gewerkschaftssicht schon der richtige Ansatz."
EVG fordert Wertschätzung für Mitarbeiter
sagt Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn. Auch die Reisezentren wurden zum Teil bestreikt, so dass es an aktuellen Informationen fehlte. Die EVG hat jedenfalls die Muskeln spielen lassen, weil ihre Mitglieder verärgert waren, dass die Bahn am Samstag kein abschlussfähiges Angebot vorgelegt habe, sagte deren stellvertretender Vorsitzender Klaus-Dieter Hommel im Deutschlandfunk.
"Dass dieses Produkt Bahn überhaupt noch funktioniert und noch einigermaßen für den Kunden akzeptabel ist, das ist nicht diesem Bahnvorstand zu verdanken, sondern der guten Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das verdient Wertschätzung."
Schwierige Situation für die Deutsche Bahn
Denn bei der Bahn läuft es schon lange nicht mehr rund. Die Infrastruktur werde auf Verschleiß gefahren, kritisierte der Bundesrechnungshof erst vor wenigen Tagen, es fehlt an Zügen und an Personal. Die EVG möchte zwar mehr Geld herausholen. Aber es geht ihr auch um Arbeitszeitmodelle, die alternativ mehr Freizeit ermöglichen sollen. Die Bahn aber sucht derzeit händeringend Mitarbeiter, sie will das deshalb erst 2021 zugestehen. Die konkurrierende Gewerkschaft der Lokomotivführer, die GdL, kommt in ihren Tarifverhandlungen recht gut voran, sagte deren Chef Claus Weselsky, auch wenn die Themen wie Zulagen und Zuschläge sehr feingliedrig und komplex seien. Die Bahn sei aktuell in einer schwierigen Lage, zeigt er Verständnis für den Arbeitgeber:
"In dem fragilen Zustand, in dem sich das Unternehmen befindet und mit der Streikmacht, die wir als GdL haben, was jeder wohl in diesem Lande weiß, würden wir in unserer Verantwortung zum Zeitpunkt jetzt keinen Arbeitskampf machen."
GdL will nicht in Weihnachtszeit streiken
Allerdings hat sich die GdL auch verpflichtet, vor Streiks zunächst in Schlichtungsverhandlungen zu gehen. Die GdL will jedoch damit nicht von vornherein auf einen Ausstand verzichten, will aber die Kunden schonen:
"Falls die Tarifverhandlungen scheitern sollten, werden wir keinesfalls die Weihnachtszeit, die vor uns liegende, und den Jahreswechsel auch nur ansatzweise in Erwägung ziehen."
Immerhin: Deutsche Bahn und EVG wollen morgen doch wieder verhandeln; ob ein neues Angebot vorliegt, wollten die Tarifpartner nicht bestätigen. Achim Stauß, Sprecher der Bahn gibt sich jedenfalls optimistisch:
"Ob das morgen gelingt, den kann ich nicht vorgreifen. Das müssen die Verhandlungen zeigen, aber wir sind sehr optimistisch, und gehen mit großem Einigungswerken in die morgigen Verhandlungen."
EVG schließt weitere Warnstreiks nicht aus
Die EVG jedoch gibt sich weiter kämpferisch, so ihr stellvertretender Vorsitzender Hommel:
"Ich kann die nicht ausschließen, weil ich den Verhandlungsablauf nicht einschätzen kann. Wir wollen sie nicht, wir wollen ein Ergebnis."
Auch ein Warnstreik schadet der Bahn, sagt deren Sprecher Stauß, auch wenn es für eine Bilanz noch zu früh sei:
Auch Güterverkehr stark betroffen
Unter Ausständen bei dem Netzwerkunternehmen Bahn leide auch die Wirtschaft, meint Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg-Bank:
"Ohne die Bahn würden einige Lieferketten schnell zusammenbrechen. Solange es für Einzel den Warnstreiks bleibt, dürfte ich die Folgen in meinen Wirtschaftsstatistiken nicht finden. Wenn es aber mehrtägige Streiks geben würde, dann dürfte das tatsächlich die Produktion beeinträchtigen. Dann würden wir das in einer kurzzeitig etwas ausgeprägteren Konjunkturschwäche, also in den aktuellen Daten zum laufenden Monat wahrscheinlich wieder finden."