Mittwoch, 08. Mai 2024

Fußball-Bundesliga
Investoren-Einstieg der Deutschen Fußball Liga ist gescheitert

Die Deutsche Fußball-Liga liebäugelte mit dem Einstieg eines Investors. Der Deal sollte zwei Milliarden Euro bringen und den Anschluss an die anderen europäischen Ligen sichern. Doch der Antrag ist gescheitert.

Von Chaled Nahar und Maximilian Rieger | 24.05.2023
Kritik an den Plänen der DFL: Die mitgereisten Ultras vom 1. FC Köln zeigten beim Spiel gegen Hoffenheim einen Banner mit der Aufschrift: Nein zu Investoren in der DFL.
Keine Zustimmung: Fans des 1. FC Köln zeigen der DFL im Stadion, was sie von den Investoren-Plänen halten. (IMAGO / foto2press / IMAGO / Oliver Zimmermann)
Ende April verkündeten Präsidium und Aufsichtsrat der Deutschen Fußball-Liga einstimmig, dass die Suche nach einem "strategischen Partner" fortgesetzt wird. Doch das Projekt ist gescheitert: Am Mittwoch (24.05.23) kam auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der Deutschen Fußball Liga in einem Frankfurter Flughafenhotel nicht die nötige Zweidrittel-Mehrheit für den Einstieg eines Investors zusammen. 20 der 36 Profivereine stimmten für Verhandlungen mit einem Investor, elf dagegen und fünf enthielten sich. Das erklärten Sitzungsteilnehmer nach dem Ende des Treffens. Zuvor hatte die DFL noch Zugeständnisse gemacht, um Kritiker zu überzeugen.

Wie sah der gescheiterte Plan aus?

Die DFL plante eine Tochtergesellschaft zu gründen, in der unter anderem die TV-Rechte gebündelt werden sollten. Der Investor sollte dann eine Einmalzahlung von zwei Milliarden Euro an die DFL leisten. Im Gegenzug hätte er 12,5 Prozent der Anteile an der Tochtergesellschaft erhalten. Die Laufzeit sollte auf 20 Jahre begrenzt werden.
Derzeit nimmt die Deutsche Fußball-Liga etwas mehr als eine Milliarde pro Saison ein. Diese Erlöse fließen aktuell komplett an die Vereine. Mit dem Einstieg des Investors hätten die Klubs in Zukunft auf einen Teil dieser Einnahmen verzichten müssen, zugunsten der kurzfristigen Finanzspritze.

Warum gab es keine Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Investoren-Einstieg?

Einige Vereine hatten vor der Mitgliederversammlung bereits öffentlich ihre Zustimmung signalisiert. Dazu gehören neben Borussia Dortmund auch Union Berlin, der VfL Bochum und Darmstadt 98.
Es gab aber auch kritische Stimmen unter den 36 Klubs der DFL. Darunter Eckard Sauren, Vorstandsmitglied des 1. FC Köln. Er hatte im Vorfeld in der "Süddeutschen Zeitung" gewarnt, die DFL gibt auf diese Art und Weise Einnahmen aus der Zukunft schon heute aus. Denn, wenn die TV-Einnahmen in den nächsten Jahrzehnten steigen, verliere man natürlich einen Teil des Geldes an den Investor.
Auch der Präsident von St. Pauli, Oke Göttlich, zweifelte im Februar im NDR Sportclub, ob es die erforderliche Mehrheit geben werde. Er sollte Recht behalten. Die Skeptiker um die Klubführungen des 1. FC Köln und des FC St. Pauli haben sich am Ende durchgesetzt.

Wie viele mögliche Investoren gab es?

Es gab sechs bekannte Bewerber, alles Private-Equity-Firmen, die ihr Kapital für Unternehmen bereitstellen. Laut DFL hatte einer der Investoren nur für die Auslandsrechte ein Gebot abgegeben, das Angebot eines anderen Investors lag weit unter den Erwartungen.

Wofür wollte die DFL das Geld nutzen und wie wäre es verteilt worden?

Zum einen sahen die Pläne vor, die Digitalisierung zu stärken. Angedacht war beispielsweise eine eigene Streaming-Pattform, um die Bundesliga auch in Ländern zu übertragen, wo dies aktuell nicht oder nur unzureichend passiert. Laut DFL sollten dafür bis zu 800 Millionen Euro investiert werden. Das erkannten auch einige Kritiker des gescheiterten Deals als sinnvoll an.
Einen weiteren Anteil des Geldes sollten die Vereine zweckgebunden ausgeben dürfen, zum Beispiel für neue Infrastruktur und die Auslandsvermarktung. Die Klubs hätten mit diesem Geld ihr Trainingsgelände modernisieren, das Stadion verbessern oder Auslandsreisen bezahlen können. Wer allerdings schon eine moderne Infrastruktur besitzt, hätte das Geld auch für den Spielerkader verwenden können - ein möglicher Vorteil für große Klubs, die aus diesem Topf schon ohnehin mehr bekommen, weil das Geld angelehnt an den aktuellen TV-Schlüssel verteilt werden sollte.
Das selbe gilt auch für den dritten Topf. Über rund 300 Millionen Euro sollten die 36 Vereine frei verfügen dürfen, damit also auch Spieler kaufen und bezahlen können.

Wie argumentierte die DFL für den Deal?

Als Argument für den Investoreneinstieg diente die internationale Konkurrenzfähigkeit. DFL-Aufsichtsrat Hans-Joachim Watzke, zugleich auch Geschäftsführer von Borussia Dortmund, verwies vor der Abstimmung auf Frankreich und Spanien, die ähnliche Deals bereits abgeschlossen haben. Er sagte, dass auch Italien so ein Schritt ins Auge fasst. Zudem wies Watzke darauf hin, dass die Vereine durch Corona starke finanzielle Verluste erlitten hätten.
Durch die Investitionen sollte die Bundesliga dauerhaft auf Wachstumskurs geführt werden, insbesondere sollten die Einnahmen aus der Auslandsvermarktung steigen. Aktuell nimmt die DFL weniger als 200 Millionen Euro pro Jahr mit TV-Rechten außerhalb von Deutschland ein. Zum Vergleich: Die spanische Liga erlöst im Ausland fast 800 Millionen, die Premier League sogar zwei Milliarden Euro pro Saison.

Warum waren so viele Fans gegen den Einstieg eines Investors?

In den Stadien kam es immer wieder zu Fanprotesten gegen den geplatzten Deal. Viele Fan-Bündnisse sagten sinngemäß "mehr Geld mache dieses kranke System Profifußball auch nicht gesund". Es würde nur noch mehr Geld in noch höhere Gehälter und noch höhere Ablösesummen fließen. Zahlreiche Fangruppierungen hatten die mögliche Einflussnahme eines Geldgebers und die weitere Zementierung der sportlichen Kräfteverhältnisse angeprangert. Zuletzt bekannt gewordene Details der geplanten Vereinbarung ließen genau das auch vermuten.
Das Fan-Bündnis „Unsere Kurve“ begrüßte die Entscheidung: „Fans haben zusammen mit den Clubs Widerstand geleistet, wir freuen uns über diesen gemeinsamen Erfolg“, teilte „Unsere Kurve“ mit. „Das Ergebnis zeigt: Transparenz ist in diesen Prozessen essenziell. Hinterzimmer-Politik wird zum Bumerang und Fragen müssen beantwortet werden“, schrieb das Bündnis. „Offensichtlich setzt ein Umdenken ein: Nur mehr Geld alleine löst die Probleme des Fußballs nicht.“

Wie geht es jetzt weiter?

DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke erklärt deutlich, dass mit dem heutigen Tag der Prozess eines Investoren-Einstiegs beendet ist. Mindestens 24 Vereine hätten zustimmen müssen, am Ende waren es 20. „Das ist Demokratie“, so Watzke. Bereits 2021 hatten die Profivereine einen Investoreneinstieg abgelehnt.
Als Folge des geplatzten Investoren-Einstiegs wird neben Oliver Leki auch Axel Hellmann seinen Posten als Interimsboss bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) am 30. Juni räumen. Die Nachfolge ist noch offen. "Wir werden im Juli einen neuen CEO präsentieren", sagte der DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke.