Dienstag, 07. Mai 2024

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DHB-Vize zu Handball-Bundestrainer Gislason
Uwe Schwenker: „Ein erfahrender Trainer kann den Unterschied machen“

Alfred Gislason soll die Deutschen Handballer zu den Olympischen Spielen führen. Von seinem Vorgänger, Christian Prokop, hat sich der DHB diese Woche nun getrennt. Vize-Präsident Uwe Schwenker spricht im Dlf über die Entscheidung des DHB-Präsidiums.

Uwe Schwenker im Gespräch mit Astrid Rawohl | 08.02.2020
07.02.2020, Maritim Airport Hotel, Hannover, DHB Nationalmannschaft, Alfred Gislason wird als neuer Nationalmannschaftstrainer vorgestellt, im Bild Mark Schober DHB-Vorstandsvorsitzender, Uwe Schwenker Praesident, Liqui Moly HBL, Alfred Gislason Trainer, Andreas Michelmmann DHB Praesident, Bob Hanning DHB VizePraesident, Axel Kromer DHB Vorstand auf dem Podium Handball Nationalmannschaft Trainervorstellung *** 07 02 2020, Maritim Airport Hotel, Hannover, DHB National Team, Alfred Gislason is introduced as the new national team coach, in the picture Mark Schober DHB Chairman of the Board , Uwe Schwenker President, Liqui Moly HBL , Alfred Gislason Trainer , Andreas Michelmmann DHB President , Bob Hanning DHB Vice President , Axel Kromer DHB Board Sports on the podium Handball National Team Coach Introduction
Der Deutsche Handballbund stellt Alfred Gislason (Bildmitte) als neuen Bundestrainer vor. (Imago)
Am vergangenen Wochenende habe er davon erfahren, dass Alfred Gislason mit dem russischen Handballverband in Kontakt stand, so Schwenker. Das habe auf der Präsidiumssitzung beim Deutschen Handballbund (DHB) einen "dynamischen Prozess" in Gang gesetzt: "In einer sehr kontrovers, aber auch konstruktiven Diskussion sind wir zu dem Schluss gekommen: diese Chance dürfen wir uns jetzt nicht entgehen lassen. Da müssen wir noch mal in Kontakt treten."
Schwenker: "Der Auftritt von Prokop war von Anfang an sicherlich etwas unglücklich"
Mit Christian Prokop habe es "latent immer wieder" Probleme gegeben, sagt Schwenker, der gleichzeig Präsident der Handball-Bundesliga ist: "Sein Auftritt war von Anfang an sicherlich etwas unglücklich. Er hat sich dann weiterentwickelt. Das große Problem war von vornherein, dass man hier keinen versierten Trainer an der Seitenlinie hatte, sondern einen Trainer, der sich weiterentwickeln wollte und musste. Mit ihm zusammen wollte man eine Mannschaft entwickeln. Vor dem Hintergrund gab es immer wieder Unruhe und Unzufriedenheit mit seinem Coaching."
Christian Prokop bei der Handball-EM.
Christian Prokop bei der Europameisterschaft im Spiel gegen Portugal. (Imago)
Das Abschneiden bei der EM mit Platz fünf sei "letztendlich ordentlich" gewesen. Man habe dann in der Nachbetrachtung geguckt, wie die letzten Jahre gelaufen und wie die Zukunftsperspektive sei: "Und dann war da urplötzlich die Möglichkeit auf Alfred Gislason zurückzugreifen."
Er selbst habe dann auf der Präsidiumssitzung den "entscheidenden Impuls" eingebracht, als er von der Möglichkeit berichtet habe, die aber nur für einen kurzen Zeitraum zur Verfügung stand. Stimmung für Gislason habe er im DHB-Präsidium nicht gemacht. Sein Eindruck sei aber gewesen, dass eine Vielzahl der Mitglieder mit Gislason eine bessere Perspektive für den deutschen Handball gesehen habe.
Es sei kein Wettstreit zwischen ihm und Bob Hanning gewesen, so Schwenker
Die Entscheidung für den 60-Jährigen Isländer und gegen Christian Prokop sei kein Wettstreit zwischen ihm und seinem Vize-Kollegen beim DHB, Bob Hanning, gewesen. Hanning hatte Prokop vor zwei Jahren als Bundestrainer durchgesetzt. Schwenker: "Es war eine Philosophieänderung: wer ist denn wirklich jetzt geeignet, um zukünftig für den deutschen Handball an der Außenlinie zu stehen? Das hat natürlich eine Diskussion entfacht, die letztendlich zugunsten Alfred Gislansons entschieden worden ist."
Bob Hanning bei der Vorstellung des neuen Handball-Bundestrainers.
Bob Hanning ist ebenfalls Vize-Präsident des Deutschen Handball-Bundes. (Imago)
Hanning war vor allem während der Europameisterschaft in die Kritik geraten. Man dürfe jedoch nicht vergessen, was er in der Vergangenheit geleistet habe, so Schwenker: "Bob war als Motor die treibende Kraft, um den DHB in eine bessere Situation zu bringen." Unter vier Augen könne man gut mit ihm reden. "Aber wenn eine Sache zu extrem wird, wird sie sicherlich oftmals auch schnell kontraproduktiv. Das eine oder andere überzieht er sicherlich."
Finanziell könne der Deutsche Handball-Bund den Personalwechsel auf dem Posten des Bundestrainers verkraften. Prokop sei momentan freigestellt. "Es wird den DHB nicht in die Knie zwingen. Er ist darauf vorbereitet", gibt sich Schwenker gelassen.
Kieler Nationalspieler hätten "professionell" reagiert
Die Nationalspieler seien bei der Entscheidung für Alfred Gislason nicht eingebunden gewesen, er habe aber nach der Entscheidung vor allem mit den Kieler Nationalspielern gesprochen. Das sei eine Bitte des Präsidiums gewesen, so Schwenker: "Die haben sich professionell, aber auch positiv über die Zusammenarbeit mit Alfred Gislason geäußert." Gislason hatte sein Amt beim THW Kiel im Sommer nach elfjähriger Tätigkeit abgegeben.
Der neue Handball-Bundestrainer, Alfred Gislason, bei seiner Vorstellung in Hannover.
Der neue Handball-Bundestrainer, Alfred Gislason, bei seiner Vorstellung in Hannover (Imago)
Die Entscheidung für den früheren Kieler Bundesligatrainer zwei Monate vor Beginn der Olympia-Qualifikation sei wegen der kurzen Vorbereitungszeit das "kleinere Übel" gewesen. Schön wäre es, wenn man in Tokio um eine Medaille mitspielen würde. Ein erfahrender Trainer könne manchmal den Unterschied machen, sagt Uwe Schwenker: "Das ist die Stellschraube, um auf Augenhöhe manchmal mit einem Tor zu gewinnen und nicht mit einem Tor zu verlieren."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.