Nach dem Treffen bei Trump
"Die Atmosphäre scheint wieder zu stimmen" - Pressestimmen zum Ukraine-Gipfel in Washington

Der Ukraine-Gipfel in Washington beschäftigt auch die Auslandspresse. Neben Fragen der allgemeinen Stimmung zwischen Trump, Selenskyj und den europäischen Verbündeten geht es auch um heiklere Aspekte wie Sicherheitsgarantien für Kiew.

    US-Präsident Donald Trump und der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj vor dem Weißen Haus.
    Die Spitzengespräche in Washington sind auch Thema in der Auslandspresse. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Julia Demaree Nikhinson)
    Der SYDNEY MORNING HERALD vergleicht das Treffen im Weißen Haus mit Selenskyjs letztem Besuch, der mit einem Eklat endete: "Der ukrainische Präsident ist an den Tatort zurückgekehrt – nach jenem desaströsen Treffen im Februar –, und obwohl sich sein Verhältnis zu seinem US-Amtskollegen seitdem deutlich verbessert hat, gab es keine Garantie dafür, dass er einer weiteren Standpauke entkommen würde. Diesmal war er vorbereitet. Er schmeichelte Trump. Er kleidete sich dem Anlass entsprechend. Er ging nicht auf Provokationen ein."

    "Es ist der ukrainische Präsident, der die Ehre des Westens rettet."

    Auch in der aserbaidschanischen Zeitung MÜSAVAT gibt es Lob für Selenskyj: "Nach dreieinhalb Jahren ist es ihm endlich gelungen, europäische Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus zu versammeln. Es ist der ukrainische Präsident, der die Ehre des Westens rettet. Es bleibt zu hoffen, dass der US-Präsident und die europäischen Spitzen diese Gelegenheit nicht verpassen. Denn die Zukunft der Europäischen Union und der NATO entscheidet sich in der Ukraine."
    VERDENS GANG aus Norwegen notiert: "Trump wusste, dass er ein weltweites Publikum hatte, als er zuerst gemeinsam mit Selenskyj auftrat und dann nacheinander die Europäer zu Wort kommen ließ. Damit wollte er sich als Friedensmakler präsentieren, der so gerne nach Oslo kommen will, um den Nobelpreis in Empfang zu nehmen. Aber es ist gut, dass Trump sein ganzes Prestige in die Waagschale wirft und dass ihm vorläufig noch nicht langweilig dabei geworden ist."

    "Das sind gute Nachrichten"

    Das Resümee der SALZBURGER NACHRICHTEN lautet: "Die Atmosphäre scheint wieder zu stimmen zwischen den USA und Europa - und das sind vor allem für die Ukraine gute Nachrichten."
    Die chinesische Zeitung HUANQIO SHIBAO wertet den Gipfel so: "Im Ukraine-Konflikt wurde Europa eine Lektion in Sachen Realpolitik erteilt und der Kontinent zum Handeln gezwungen. Allein die Zahl der Spitzenpolitiker, die den ukrainischen Präsidenten Selenskyj ins Weiße Haus begleitet haben, hat verdeutlicht, wie wichtig die Angelegenheit für die EU und Großbritannien ist. Europa scheint nun endlich erkannt zu haben, dass es sich nicht weiter ausruhen kann."

    "Nichts ist sicher"

    Eine von der russischen Nachrichtenagentur RIA NOVOSTI veröffentlichte Stimme sieht ein mögliches Dreiertreffen von Putin, Trump und Selenskyj kritisch:
    "Wird ein solcher Gipfel zu einem Ende der Kampfhandlungen führen? Nein, denn nichts ist sicher - alle vorläufigen Vereinbarungen zwischen Putin und Trump können im letzten Moment über den Haufen geworfen werden, auch vom dritten Beteiligten des Treffens. Und selbst bei einem erfolgreichen Gipfel ist ein zuverlässiger Frieden nicht garantiert. Es muss nicht nur eine Waffenruhe eingehalten werden, sondern es muss auch Territorium an Russland übergeben werden. Und es müssen Sicherheitsgarantien formuliert werden, die auch Russland passen."

    "Das wäre kein gerechter Frieden"

    Die WASHINGTON POST blickt auf die Folgen möglicher Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine: "Wenn Putin solchen Bedingungen zustimmt, dann wird es ukrainisches Land kosten. Die Russen fordern, dass die Ukraine den Rest der Region Donezk aufgibt und eine neue Grenze akzeptiert, die entlang der bestehenden Frontlinie in Cherson und Saporischschja verläuft. Das wäre kein gerechter Frieden. Es würde nur die Realitäten auf dem Schlachtfeld widerspiegeln. Doch wenn ein Land-gegen-Frieden-Abkommen mit eindrucksvollen Sicherheitsgarantien vorgelegt werden könnte, dann würde das die Akzeptanz auch in der Ukraine erhöhen."

    Muss man Putin zwingen?

    "Die Ukrainer brauchen konkrete und greifbare Garantien", wird in der tschechischen Zeitung HOSPODARSKE NOVINY hervorgehoben. "Vor allem westliche Soldaten auf ukrainischem Boden und die Sperrung des Luftraums für russische Drohnen und Raketen sind nötig. Denn der Kreml lässt sich einfach nur durch ein unterschriebenes Papier, das er jederzeit beliebig auslegen oder einfach zerreißen kann, nicht von weiteren Aggressionen abhalten."
    Die KYIV POST warnt davor, eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine kategorisch auszuschließen: "Die NATO benötigt eine Streitmacht. Die Ukraine hat eine. Mit ihr kann Europa zu minimalen Kosten verteidigt werden. Ohne sie steht Europa vor einer Katastrophe. Die Ukrainer und Europäer müssen realistisch sein und dürfen sich nicht von der törichten Hoffnung blenden lassen, dass Putin irgendwelche Versprechen einhält. Der einzige Weg, Putin zum Aufgeben zu bewegen, besteht darin, ihn dazu zu zwingen."

    Weiterführende Informationen

    Über die Entwicklungen rund um die Ukraine und die Gespräche in Washington halten wir Sie auch in einem Newsblog auf dem Laufenden.
    Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse und Knackpunkte der Spitzengespräche in Washington finden Sie hier.
    Diese Nachricht wurde am 19.08.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.