
Viele schöne Bilder, aber offenbar kaum greifbare Ergebnisse: Das ist die Essenz des Treffens von US-Präsident Trump mit dem russischen Präsidenten Putin in Alaska. Dafür profitierte Putin von der großen Bühne - womöglich wertvoller für ihn als jede mögliche Vereinbarung. Inhaltlich blieb nach dem Treffen der beiden auf einem Militärstützpunkt in der Stadt Anchorage vieles im Ungefähren. "Es gibt keinen Deal, bis es einen Deal gibt", sagte Trump hinterher vor der Presse. "Viele Punkte" seien vereinbart worden - doch welche? Das ist noch nicht bekannt.
Trump oder Putin: Wer konnte das Treffen in Alaska besser für sich nutzen?
Der Gewinner des Treffens in Anchorage ist ganz klar Wladimir Putin. Putin sei als ebenbürtiger Verhandlungspartner anerkannt und aus der Isolierung geholt worden, so der Politologe und US-Experte Josef Braml. Mit rotem Teppich, Militärflugzeugen und Präsidentenlimousine habe Trump Putin hofiert, während der ukrainische Präsident Selenskyj im Weißen Haus ehemals abgekanzelt worden sei.
Putin zu hofieren, könne durchaus eine sinnvolle Strategie sein, so Braml – wenn Trump denn damit auch etwas erreichen würde. Doch das sei nicht der Fall. Russland habe den Krieg in der Ukraine sogar während der Verhandlungen mit voller Härte weitergeführt, und Putin bestehe weiterhin auf seinen Maximalforderungen. Der russische Präsident habe nun Zeit gewonnen.
Was bedeutet der Gipfel für den Krieg in der Ukraine?
Die Menschen in der Ukraine sehen die Sorgen, die sie vor dem Gipfel hatten, bestätigt: Für sie hat Donald Trump in Anchorage auf ganzer Linie versagt. Statt mit der Hoffnung auf einen Waffenstillstand oder zumindest neuen Sanktionen gegen den russischen Aggressor endete der Gipfel nun mit einem gestärkten Wladimir Putin.
Es wurde zwar offenbar keine Entscheidungen über den Kopf der Ukraine hinweg getroffen, doch noch ist nicht klar, was Trump und Putin in Anchorage hinter verschlossenen Türen besprochen haben. Mit der Empfehlung „Make a deal“ in seinem Haussender "Fox News" hat Trump Wolodymyr Selenskyj nun die Verantwortung für den weiteren Verlauf der Friedensbemühungen aufgebürdet.
Für die Ukraine ist Putins Spiel klar aufgegangen, Trump als seinen Verbündeten darzustellen und damit den Westen weiter zu spalten. In Anchorage zeigte sich erneut: Putins Narrativ, dass die Ukraine für den Krieg verantwortlich sei, verfängt bei Trump. Ob es nun überhaupt noch zu Trumps angekündigten Konsequenzen gegen Russland und seine Handelspartner kommen wird, bleibt abzuwarten.
Wie kann Europa auf den Gipfel reagieren?
Nach Ansicht des Politologen Josef Braml müssen die Europäer bestimmter auftreten und sich auf die eigenen Stärken besinnen. In der heutigen Welt machten die starken Staaten, was sie wollten, und die schwachen müssten leiden. Die regelbasierte Welt, von der viele noch träumten, sei vorbei: „Jetzt geht es um härtere Bandagen.“
Braml plädiert dafür, dass die Europäer ebenfalls direkt mit Putin reden und verhandeln. Für viele sei das noch „zu viel des Guten“, es heiße, mit so einem wie Putin dürfe man nicht reden. „Aber ich glaube, wer sowas denkt, versteht nicht, wie Weltpolitik gemacht wird.“
Die Europäer müssten nun ihre eigenen Kanäle nutzen, so der US-Experte. Zugleich müsse man aber auch „militärisch besser dastehen“, denn Putin akzeptiere Diplomatie ohne Stärke nicht. Die Europäer sollten nicht alles, was sie im Kalten Krieg gelernt hätten, „über Bord schmeißen“, weil zwischendurch mal daran geglaubt worden sei, „dass der ewige Frieden ausbricht“.
Welche Rolle könnte China künftig spielen?
Das Ergebnis des Trump-Putin-Gipfels spielt China in die Hände, meint der Politikwissenschaftlicher Josef Braml - denn das Land habe ein Interesse daran, dass der Konflikt in der Ukraine nicht so schnell gelöst werde: „Solange die Amerikaner in Europa abgelenkt sind, können sie sich nicht auf die Hauptgefahr Chinas konzentrieren.“
Braml glaubt nicht, dass es zu US-Sanktionen gegen Staaten kommen wird, die mit Russland Geschäfte machen. Da habe Trump überhaupt keine Trümpfe in der Hand, meint der US-Experte.
Indien und andere Länder des globalen Südens könnten durch Sanktionen vielmehr in die Arme Chinas getrieben werden, warnt Braml: „Amerika ist gerade dabei, nicht Amerika, sondern China großzumachen. Und irgendwann wird es auch Trump merken, dass er sich da massiv verzockt.“
Linken-Chef Jan van Aken rät hingegen dazu, jetzt mehr auf China zu setzen. Es müsse nun auch dem Letzten klar sein, dass von den USA nichts mehr zu erwarten sei, meint er. China habe immer wieder klargemacht, dass es den Krieg verurteile. Das Land wolle Frieden, weil es vom Welthandel lebe und der Krieg schlecht für diesen sei.
Wie geht es jetzt weiter?
Nicht nur die kriegsgebeutelte Ukraine und Europa, auch die Anhänger Donald Trumps wollen endlich Fortschritte in Richtung Frieden. Der US-Präsident braucht bald ein konkretes Ergebnis. Im Wahlkampf hatte er immer wieder behauptet, den Krieg in der Ukraine binnen 24 Stunden beenden zu können.
Inzwischen hat Donald Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über das Treffen mit Putin informiert und diesen nach Washington eingeladen. "Alle Details über das Ende der Morde, über das Ende des Krieges werde ich mit Präsident Trump in Washington am Montag besprechen", schrieb Selenskyj mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen sein Land bei Telegram.
Putin hat Trump nach Moskau eingeladen
Zuvor hatten Selenskyj und Trump den Angaben nach telefoniert. Dem insgesamt mehr als anderthalb Stunden dauernden Gespräch seien später europäische Staats- und Regierungschefs zugeschaltet worden.
Im Vorfeld des Alaska-Gipfels hatte Trump noch eine Dreierkonferenz mit ihm, Putin und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj angedeutet. Bei dem gemeinsamen Auftritt von Trump und Putin vor der Presse blieb diese Möglichkeit unerwähnt, der US-Präsident stellte sie aber in einem Interview mit „Fox News“ erneut in Aussicht. Selenskyj unterstützt den Vorschlag.
Wladimir Putin schlug vor der Presse ein weiteres Treffen mit Trump in Moskau vor, das dieser nicht ablehnte. Experten wie der Politikwissenschaftler Nico Lange befürchten eine Reihe vergleichbar nutzloser Treffen, die am Ende zu nichts führen. Für Lange ist es ohnehin nicht realistisch, darauf zu hoffen, dass Trump das Problem der europäischen Sicherheit löst. Europa müsse selber handeln, fordert auch er.
ahe, pj