
Wie mehrere Medien berichten, haben die USA einen vermeintlichen Friedensplan vorgeschlagen, mit dem der Konflikt beiseitegelegt werden könnte. Der Plan sieht vor, dass die Ukraine den russischen Anspruch auf die Halbinsel Krim und fast alle von Russland besetzten Gebiete anerkennen soll.
Die US-Regierung und Russland setzen den ukrainischen Präsidenten Wolodymr Selenskyj damit unter Druck: Sollte dieser den Plänen nicht zustimmen, seien die Friedensverhandlungen zum Scheitern verurteilt. Der Vorschlag der USA sieht keinen Abzug der russischen Truppen vor und bietet der Ukraine keine Sicherheitsgarantien. Er stellt Selenskyjs Land auch keinen langfristigen Frieden in Aussicht, schließt einen NATO-Beitritt aus und beinhaltet keine finanzielle Unterstützung für den Wiederaufbau.
Selenskyj hatte es zuvor strikt ausgeschlossen, Gebiete an Russland abzugeben. Die Abtretung der Krim verstößt gegen das ukrainische Verfassungsrecht. Auch international ist die Krim-Annexion durch Russland nicht anerkannt.
Der langfristige Zustand der Ukraine hat weitreichende Auswirkungen über das Land hinaus und könnte die europäische Sicherheitsarchitektur nachhaltig verändern. Zur Zukunft der Ukraine kursieren zahlreiche Überlegungen. Welche Alternativen gibt es zum vorgeschlagenen "Friedensplan" der USA?
Szenario 1: Der eingefrorene Konflikt
Ein mögliches Szenario für die unmittelbare und mittelbare Zukunft der Ukraine besteht im Einfrieren des Konflikts. Die von Russland besetzten ukrainischen Gebiete würden de-facto von Russland kontrolliert, aber von der Ukraine und ihren Partnern nicht als russisch anerkannt werden.
Um auszuschließen, dass Russland weitere Gebiete annektiert, würde die Ukraine Sicherheitsgarantien erhalten, zum Beispiel in Form von militärischer Unterstützung. Diese Sicherheitsgarantien hat die Ukraine bislang mit 50 Ländern vereinbart.
Zudem gibt es Überlegungen, einen Friedensschluss von internationalen Truppen überwachen zu lassen. Wie das aussehen könnte, ist noch unklar. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat ausgeschlossen, dafür amerikanische Truppen abzustellen. Friedenstruppen in der Ukraine wären demnach keine gemeinsame Aufgabe für die NATO.
Würde der Ausschluss einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine in einer Friedensvereinbarung schriftlich festgehalten werden, wäre für Wladimir Putin ein wesentliches Kriegsziel erfüllt.
Das größte Risiko eines eingefrorenen Konfliktes besteht jedoch darin, dass Russland weiter aufrüsten kann, um zu einem späteren Zeitpunkt einen neuen Angriff zu starten.
Szenario 2: Beistandsgarantien und EU-Perspektive
In einem guten Szenario für die Ukraine geben die USA und die europäischen NATO-Staaten der Ukraine Beistandsgarantien, die ähnlich wären wie der Artikel 5 des NATO-Vertrags. Diese könnten dann greifen, wenn Moskau etwaige Friedensvereinbarungen missachtet – zum Beispiel indem russische Truppen eine neue, vertraglich vereinbarte Grenzlinie übertreten.
Und selbst wenn es für die Ukraine keine solchen Garantien geben sollte, ließe sich ein ähnlich gutes Szenario vorstellen, schreibt die amerikanische Nachrichtenagentur Bloomberg: nach Abschluss von Friedensvereinbarungen, beziehungsweise schon während sie verhandelt werden, könnten die europäischen Partner der Ukraine das Land mit Waffenlieferungen und Investitionen in die ukrainische Rüstungsindustrie unterstützen.
So könnte die Ukraine zu einem europäischen Frontstaat werden, der selbst für seine Sicherheit sorgt und mittelfristig Mitglied der EU werden könnte.
Szenario 3: Gebietsabtretungen und keine Garantien für die Ukraine
Ein drittes (und für die Ukraine schlechtes) Szenario würde dann eintreten, wenn Trump jedes Interesse an der Ukraine verliert, noch bevor Friedensvereinbarungen getroffen wurden.
In einem solchen Fall könnte der US-Präsident alle Hilfe für das Land einstellen. So würde die Sicherheit der Ukraine von einem zum anderen Tag zu einem rein europäischen Problem und die Ukraine hätte kaum eine Chance, die ihr völkerrechtlich zustehenden Gebiete zurückzubekommen.
Diesem Szenario kommt Trumps sogenannter Friedensplan am nächsten: Denn Friedensvereinbarungenmüssen nicht zwangsläufig belastbare Einspruchsmöglichkeiten für die Ukraine enthalten. Der Vorschlag der US-Regierung sieht de facto die Anerkennung der russischen Besetzung weiter Teile der Ukraine vor. Dazu gehören Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja, was 20 Prozent des ukrainischen Territoriums ausmacht.
Die USA erhöhen seit Bekanntgabe des Plans den Druck auf die Ukraine: Sollte die Ukraine dem Vorschlag nicht zustimmen, werde die US-Regierung sich aus dem Verhandlungsprozess zurückziehen, sagte der US-Vizepräsident JD Vance.
Putins Aggression wird voraussichtlich belohnt
Egal welches der drei Szenarien am Ende eintritt, so zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Vorstöße Trumps die Zukunftsaussichten der Ukraine verdunkeln. Bereits ein Telefonat zwischen Trump und Putin im Februar deutete auf diese Entwicklung hin.
Es sei absehbar, dass Putin sich für seine Aggression nicht vor einem Tribunal wird verantworten müssen, kommentiert Peter Sawicki, Ukraine-Korrespondent von Deutschlandradio. Stattdessen wird er als Aggressor voraussichtlich mit zusätzlicher Landnahme belohnt.
mp, Sabine Adler