Ein sommerlicher Julitag im Jade-Weser-Port, Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen, gelegen in Wilhelmshaven, Niedersachsen. Ministerpräsident Stefan Weil ist erschienen, der chinesische Generalkonsul Xiaohui Du ebenso. Großer Bahnhof für einen soeben einlaufenden Güterzug.
Das Eintreffen des Güterzuges markiert eine Zäsur. Erstmals ist der Jade-Weser-Port direkt mit der chinesischen Provinz Anhui verbunden. Der Hafen an der Nordseeküste von Niedersachsen ist damit offiziell Station auf der "Neuen chinesischen Seidenstraße". Ein Knotenpunkt, ein Umschlagplatz, der weiter ausbaufähig sei, so Ministerpräsident Stefan Weil:
"Wir erleben, dass die wirtschaftlichen Beziehungen zu China immer stärker werden. Immer dann, wenn man denkt, na, nun müsste ein Niveau erreicht sein, wo es nicht mehr richtig stark weitergeht, da wird man eines Besseren belehrt. Und ich sehe nicht, dass es sich in den nächsten Jahren ändern wird. Für uns in Deutschland, in Niedersachsen steht natürlich auch der eigene Nutzen im Vordergrund und der ist tatsächlich gegeben."
Ein Netz aus 70 Ländern und vier Milliarden Menschen
Das Wort "Seidenstraße" weckt Assoziationen, die sich an den historischen Vorläufer anlehnen: Es sind dies Bilder von endlosen Karawanen, von Kamelen und Maultieren, die Gewürze, Edelmetalle, Porzellan oder Seidenstoffe aus dem Orient nach Europa transportieren. Über die historische Seidenstraße sind einst Soldaten marschiert, haben Missionare das Christentum, den Islam und den Buddhismus verbreitet. Anders die Seidenstraße von heute: Sie mutet nüchtern und pragmatisch an. Ein Mega-Projekt, das, so heißt es, erst einmal Handel und Wirtschaft zugutekommen soll.
2013 stellte Chinas Staatschef Xi Jingping seine Vision einer "Neuen Seidenstraße" auf einer Konferenz in Kasachstan vor: Die "Neue Seidenstraße" soll, so Xi Jingping, eine gigantische Wirtschaftstraße vom Osten Chinas bis in den Westen Europas schlagen. China wolle dafür Autobahnen, Schienentrassen, Brücken und Tunnel bauen und über Standorte in Afrika eine Verbindung nicht nur auf dem Land-, sondern auch auf dem Seeweg schaffen. Für die "Neue Seidenstraße" gilt: China macht Angebote, hat auch Komplettpakete im Angebot. Planung und Umsetzung, Arbeiter, Handwerker und Fachleute, die Finanzierung und in manchen Fällen auch den Betrieb von Großprojekten. Die "Neue Seidenstraße" soll am Ende rund 70 Länder und mehr als vier Milliarden Menschen miteinander vernetzen.
Acht Jahre ist es her, dass der chinesische Staatschef sein neues Projekt vorstellte. Jan Weidenfeld, Experte vom Berliner Thinktank "Mercator Institute for China Studies", mit einer ersten Bilanz:
"Da ist die Seidenstraße erfolgreich. Denn es ist ein Projekt, was stark wahrgenommen wird, nicht nur hier, sondern überall auf der Welt. Und es ist tatsächlich auch ein Projekt, mit dem China dazu beigetragen hat, dass es nicht nur einen größeren politischen Einfluss in vielen Entwicklungsländern gewonnen hat, sondern auch Absatzmärkte ganz stark erweitert hat für chinesische Unternehmen. Insofern politisch wie auch wirtschaftlich ein wichtiges Projekt für die Volksrepublik. Was sicher auch zur Wahrnehmung Chinas auf globaler Bühne beigetragen hat. Das steht außer Frage."
Was bezweckt China mit der Seidenstraße?
Auch der Politikwissenschaftler Uwe Höring von der "Stiftung Asienhaus" in Köln sieht die Strategie, die China mit seiner neuen Seidenstraße verfolgt, insgesamt von Erfolg gekrönt, trotz der Rückschläge, die es auch gebe.
"Da ist es keine Frage, dass viele der Infrastrukturprojekte, also Straßenbau, Bahnen, Kohlekraftwerke, Staudämme durchaus sehr erfolgreich waren, - durchaus weit erfolgreicher als westliche Ambitionen und Projekte in diesen Bereichen. Was natürlich die Attraktivität der Seidenstraße für diese Länder ausmacht. Natürlich gibt es weiße Elefanten. Es gibt dieses Beispiel von dem Geisterflughafen Matala in Sri Lanka, auf dem kein Flugzeug landet."
Doch was bezweckt China tatsächlich mit der "Neuen Seidenstraße"? Will es Imperialmacht sein, die Staaten des Südens majorisieren? Will China Europa und den USA die traditionelle Vormachtstellung im internationalem Handel nehmen? Jan Weidenfeld über die Wahrnehmung des Westens:
"Die Europäer und die Amerikaner gucken mit großer Skepsis auf diese Initiative, sie sind besorgt über den politischen Einfluss, den China damit gewinnt, die Untergrabung freier marktwirtschaftlicher Prinzipien und demokratischer Werte und Menschenrechten. Und tatsächlich auch den Verlust von Marktanteilen."
Uwe Höring sieht in der Seidenstraße ein Projekt mit vielen Implikationen. Primär aber sei das Projekt wirtschaftlich motiviert gewesen. Der chinesische Binnenmarkt, so Höring, habe Schwächen gezeigt. Die "Neue Seidenstraße" sollte Abhilfe schaffen.
"Sie musste Überkapazitäten auslagern, sie musste neue Absatzmärkte suchen, und sie musste Zugang zu Ressourcen, zu Rohstoffen für die weitere Entwicklung suchen. Das bringt natürlich wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten für die Empfängerländer - für die ‚Partnerländer‘, wie die Chinesen sagen - mit sich, die auch durchaus geopolitische Implikationen haben."
Das Projekt der "Neuen Seidenstraße" ist demnach ein wesentlicher Baustein bei Chinas Streben, wirtschaftlich und damit infolge: auch geopolitisch zur Großmacht aufzusteigen. Und damit ist es "Stein des Anstoßes" zwischen China auf der einen Seite und den USA und Teilen der Europäischen Union auf der anderen Seite.
Hamburg – der drittgrößte europäische Seehafen. Auch für Hamburg ist der Handel mit China das mit Abstand wichtigste Geschäft. Schiffe aus China laufen hier bereits seit fast 40 Jahren an. Tendenz steigend. Dirck Süß vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut.
"Das Volumen des Umschlags wird normalerweise in TEU – Twenty-Foot Equivalent Unit, das sind die 20 Fuß Container – gemessen. Und da sind im Jahr 2020 2,6 Millionen Container über den Hamburger Hafen umgeschlagen worden. Der Umschlag mit China ist über die Jahre stetig gewachsen. China ist heute der wichtigste und größte Handelspartner des Hamburger Hafens."
"Chinesen üben eine nicht unbeträchtliche Marktmacht aus"
Ohne die Riesencontainerfrachter der chinesischen Reederei Cosco gingen im Hamburger Hafen viele Lichter aus. Die Chinesen übten eine nicht unbeträchtliche Marktmacht aus, so Dirck Süß. Zugleich binde sie das aber auch an ihre Partner in Hamburg:
"Handeln ist ja immer eine Sache, die auf Gegenseitigkeit beruht und kommt dann zustande, wenn beide Seiten darin einen Vorteil sehen. Wenn eine Seite jetzt anfängt, die andere Seite zu erpressen, kann das langfristig nicht zu beiderlei Vorteil sein. In dem Moment, wo China in Hamburg investieren würde, sich an Terminals beteiligen würde, würde zwar einerseits die Abhängigkeit von Hamburg wachsen, aber andererseits wächst ja auch die Abhängigkeit der Chinesen von Hamburg, weil die hier mit Kapital investiert sind. Also wird hier die beiderseitige Abhängigkeit noch stärker als sie heute schon ist."
Ein Novum im Hamburger Hafen könnte sein, wenn China sich mit der eigenen Staatsreederei "Cosco" an einem Terminal beteiligt würde. In früheren Jahren hatte man die Anfragen der Asiaten kühl abblitzen lassen. Gunter Bonz ist Präsident des Unternehmensverbandes "Hafen Hamburg", vertritt zugleich die Interessen der großen, europäischen Hafenbetriebe gegenüber der EU-Kommission. Bonz sieht keinen Grund zur Unruhe – auch nicht angesichts einer "Neuen Seidenstraße", die immer mehr Gestalt annimmt.
"Was wir öffentlich wahrnehmen und wissen, ist, dass es um eine Minderheitsbeteiligung von "Cosco" an dem Tollerort Terminal geht. Und es würde ja nur die Bindung von "Cosco" an den Hamburger Hafen verstärkt, was wir begrüßen würden. Eine Terminalbeteiligung bedeutet ja, dass der Partner bestimmte Garantien hat, wenn sein Schiff hierherkommt, dass es dann auch abgefertigt wird und er nicht warten muss oder sich hinten anstellen muss."
Die Strategie der "Neuen Seidenstraße", die in Teilen maritim ist, strebt auch hier eine umfassende Infrastruktur und Logistik an: Schiffe, Häfen, Speditionen und die Einbindung des Hinterlandes.
"Das ist ein ganz klares ökonomisches Interesse der Chinesen, das machen aber europäische Firmen auch, nur nicht so staatsgetrieben, sondern privatwirtschaftlich getrieben. Und das ist letztlich ein Wettbewerb zwischen Staatswirtschaft und Privatwirtschaft", bei dem China mit seiner Staatswirtschaft die Nase weit vorn hat. Die Chinesen betreiben bereits in 14 europäischen Häfen eigene Terminals oder besitzen Anteile daran. Alle wichtigen Seehäfen des Kontinents sind darunter, von Rotterdam und Antwerpen über Le Havre, Bilbao, Genua, Valencia und Marseille.
Piräus zum Schnäppchenpreis
Ein besonders gutes Geschäft machte die chinesische "Cosco" beim Hafen Piräus. Weil das unter einer gewaltigen Schuldenlast leidende Griechenland Einnahmen generieren musste, verlangte die sogenannte Troika – ein Gremium aus Internationalem Währungsfond, EU und EZB - den Hafen von Piräus zu privatisieren. Die Chinesen griffen gerne zu und bekamen für einen absoluten Schnäppchenpreis – die Rede ist von 280 Millionen Euro - die komplette Kontrolle über den strategisch günstig gelegenen Mittelmeerhafen. Heute ist Piräus die Nummer vier in Europa. Ein Kardinalfehler der Europäer, meint Gunter Bonz: "Die EU hat keine Außenhandels- und wirtschaftspolitische Strategie. Es ist ein Flickenteppich von Einzelinteressen, weil wir immer noch das Primat der Mitgliedsstaaten mit dem Vetorecht haben."
US-Experten haben errechnet, dass rund zwei Drittel der 50 größten Container-Terminals weltweit von den Chinesen entweder kontrolliert werden oder aber über Beteiligungen Einfluss genommen wird. In der für den Welthandel besonders sensiblen Region südlich von Suez-Kanal und Rotem Meer betreiben die Chinesen neben einem Hafen auch eine militärische Marinebasis. Aber die Chinesen sind damit nicht allein in Dschibuti und am Horn von Afrika. Auch Amerikaner, Franzosen und Japaner unterhalten hier Militärmissionen. Was klarmacht, dass Welthandel auch immer etwas mit Geopolitik zu tun hat und Geopolitik zumeist auch eine militärische Komponente besitzt.
US-Experten haben errechnet, dass rund zwei Drittel der 50 größten Container-Terminals weltweit von den Chinesen entweder kontrolliert werden oder aber über Beteiligungen Einfluss genommen wird. In der für den Welthandel besonders sensiblen Region südlich von Suez-Kanal und Rotem Meer betreiben die Chinesen neben einem Hafen auch eine militärische Marinebasis. Aber die Chinesen sind damit nicht allein in Dschibuti und am Horn von Afrika. Auch Amerikaner, Franzosen und Japaner unterhalten hier Militärmissionen. Was klarmacht, dass Welthandel auch immer etwas mit Geopolitik zu tun hat und Geopolitik zumeist auch eine militärische Komponente besitzt.
Die "Neue Seidenstraße" führe zu einer Zweiteilung Europas, gibt Uwe Hoering von der "Stiftung Asienhaus" zu bedenken. Da seien zum einen die westlichen EU-Staaten, die einen regen Handel mit China treiben und neue Projekte mit China forcieren. Und dann gebe es den "armen" Südosten Europas, der sich von der EU ignoriert fühlt und die Chinesen deshalb als eine Art Entwicklungshelfer und auch als Druckmittel gegen Brüssel ins Land holen will. Zum Beispiel Montenegro. Dort sind die Chinesen an einem Autobahnprojekt beteiligt, einem Bauvorhaben, dass derzeit stockt, weil Montenegro seinen Kreditverpflichtungen nicht nachkommen kann. Uwe Hoering:
"Für China war es natürlich attraktiv, in einem Balkanland mit einem Infrastrukturprojekt Fuß zu fassen. Es war sicher ein politischer Kredit, mit dem Peking auf dem Balkan punkten wollte, um eben auch Europa eins auszuwischen. Der interessanteste Punkt dabei ist für mich, dass das ein Beispiel dafür ist, dass die Europäische Union es verschlafen hat, auf dem Balkan ähnliche Bedingungen zu schaffen für die Länder bis hin zu der Diskussion über Beitrittsverhandlungen und dass das eine weiche Flanke war, in die China einstechen, reingrätschen konnte."
China ist durch die Seidenstraße in den letzten Jahren zum größten öffentlichen Gläubiger weltweit aufgestiegen. In etlichen Entwicklungs- und Schwellenländern sprangen chinesische Finanziers bei Projekten ein, bei denen westliche Kapitalgeber aufgrund von Risiken abgewunken hatten. Die Nachfrage nach chinesischen Direktinvestitionen ist auf Seiten ärmerer asiatischer und afrikanischer Länder daher ungebrochen hoch.
Ein großes Rätsel war bis vor wenigen Monaten noch, zu welchen Konditionen chinesische Staats- und Privatbanken ihre Kredite vergeben. Eine internationale Forschungsgruppe, an der auch Wissenschaftler des Kieler "Instituts für Weltwirtschaft" beteiligt waren, analysierten rund 100 Verträge. Kontrakte mit Regierungen, die zum großen Teil als geheim oder zumindest als nicht öffentlich galten. Viele der analysierten Verträge wurden von Nichtregierungsorganisationen und staatsfernen Medien zur Verfügung gestellt. Sebastian Horn vom Kieler "Institut für Weltwirtschaft" war einer der beteiligten Rechercheure.
"Das sind harsche Verträge, das sind Verträge, die den chinesischen Gläubigern relativ viel Verhandlungsspielraum einräumen, gleichzeitig muss man das auch im Kontext sehen, dass China bereit ist, sehr hohe Risiken einzugehen, Geld an Länder verleiht, die hoch riskant sind, was das makroökonomische und politische Umfeld angeht. Und in diesem Kontext kann man verstehen, dass ein Gläubiger Interesse hat an Mechanismen, die seine Kredite und Schulden besichern."
Chinesischen Gläubiger verpflichten Schuldner zur Geheimhaltung
Häufig verlangten die chinesischen Kreditgeber auch besondere Zugeständnisse, die im westlichen Bankensystem als ungewöhnlich und befremdlich gelten. "Also, wenn man sich von der Bank einen Kredit leiht, dann ist es nicht ungewöhnlich, dass es eine Geheimhaltungsklausel gibt oder Vertraulichkeit gibt. Aber in der Regel bindet die Vertraulichkeit die Bank, das ist das klassische Bankgeheimnis. Die chinesischen Gläubiger drehen das in ihren Verträgen um, verpflichten den Schuldner zur Geheimhaltung. Das Land, das diese Kredite aufnimmt, darf nicht öffentlich über die Konditionen der Kredite teilweise sogar über die Existenz der Kredite sprechen."
Weil Chinesen hohe Risiken bei der Vergabe ihrer Kredite eingehen, suchten sie nach Möglichkeiten einer doppelten Absicherung: "Zum einen fordern diese Gläubiger oft vom Schuldner, ein im Ausland Treuhandkonten zu eröffnen, auf die dann relativ erhebliche Barguthaben überwiesen werden müssen. Das heißt, der chinesische Gläubiger kann im Falle eines Zahlungsausfalls auf diese Auslandsbargeldguthaben zugreifen und damit quasi versuchen, Verluste zu kompensieren."
Die Chinesen agieren souverän nach eigenen Geschäftsprinzipien, ohne sich der Konkurrenz anderer Staaten stellen zu müssen. Denn westliche Länder zeigten bisher wenig Engagement und Risikobereitschaft. Um dem durchaus erfolgreichen chinesischen Projekt etwas entgegenzusetzen, haben die G7-Staaten im Juni dieses Jahres ein eigenes Projekt ins Visier genommen. "Build Back Better World" soll das Projekt heißen – die G7 will Entwicklungs- und Schwellenländern ein anderes Angebot machen: ein massives Infrastruktur-Investitionsprogramm, das eine demokratische und kapitalistische Alternative zur "Neuen Seidenstraße" darstellen soll. Ziel ist es, Hunderte Milliarden Dollar öffentlicher und privater Investoren zusammenzutragen und das Geld dann koordiniert in Infrastrukturprojekte zu lenken. Auch die EU-Außenminister haben sich aktuell über eine EU-länderübergreifende Alternative zur chinesischen Seidenstraße verständigt. Beide Projekte – EU und G7 – steckten aber noch nicht einmal in den Kinderschuhen, meint Jan Weidenfeld vom "Mercator Institute for China Studies".
"Die Europäer sind da sehr langsam gewesen. Jetzt haben sie vor wenigen Wochen noch mal beim Europäischen Rat die Staats- und Regierungschefs gesagt: Jetzt muss aber wirklich etwas passieren und zwar schnell, wir wollen jetzt unsere Konnektivitäts-Strategie auch wirklich implementieren."
Europa und USA in Zugzwang
Die aktuellen Pläne der G7 dürften am fehlenden Geld und mangelnden Willen scheitern, da ist sich Uwe Hoering von der "Stiftung Asienhaus" sicher: "Das ist durch nichts bisher unterfüttert, weder durch Finanzen und die USA haben erhebliche Probleme, ihre eigenen nationalen Infrastrukturprogramme zu finanzieren. Da ist überhaupt kein Geld da. Die Frage ist eigentlich, warum ist es bisher noch nicht geschehen, wenn es denn möglich und sinnvoll sein sollte? Die Seidenstraße gibt es seit zehn Jahren, bislang sind die USA und Europa noch mit keinem veritablen umsetzungsfähigen Projekt und Programm auf der Landkarte erschienen."
Im Juli 2021 hat der US-Senat sich einstimmig für ein Einfuhrverbot von Waren aus Chinas Uigurenprovinz Xinjiang ausgesprochen. Amerika ist darüber hinaus darum bemüht, den wirtschaftlichen Einfluss Chinas durch weitere robuste Maßnahmen zu begrenzen. Es stellt sich die Frage, ob eine zu enge Kooperation Deutschlands und anderer europäischer Staaten mit China – im Rahmen des Projektes der "Neuen Seidenstraße" - zu Zerwürfnissen mit den USA führen könnte - ähnlich wie im Konflikt um die Gaspipeline "Nord Stream 2", bei dem jedoch die Beziehungen zu Russland zur Disposition standen. Deutschland könnte dabei von zwei Seiten unter Druck gesetzt werden, von den USA ohnehin. Aber auch von China. Jan Weidenfeld:
"Deutschland als Land ist nicht per se erpressbar. Denn tatsächlich, die wirtschaftlichen Beziehungen zu China sind derzeit noch ziemlich ausgeglichen. Auch China hat Interessen, wenn es um Deutschland geht. Erpressbar ist Deutschland dann eher indirekt über bestimmte Wirtschaftszweige. So ist es natürlich so, wenn man sich die deutsche Automobilindustrie anschaut - die Verkaufszahlen steigen dort Jahr um Jahr, die Abhängigkeit ist ziemlich groß - der chinesische Markt absolut unersetzlich."