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Die Schweiz bittet zur Kasse

Ab kommendem Jahr sollen ausländische Studierende in der Schweiz 2120 Franken pro Semester Studiengebühren zahlen - fast 1000 Franken mehr als die einheimischen Studierenden. Auch überlegen die Eidgenossen, eine Quote einzuführen.

    Mittagszeit in der Mensa der Uni St. Gallen: Es gibt die traditionelle Olma-Bratwurst mit Pommes - eine ostschweizer Spezialität. In einer Ecke liegt das "St. Galler Tagblatt" mit der Schlagzeile: "Franken kratzt Parität zum Euro." Und das heißt: Für deutsche Studierende wie Laurenz Meckel aus dem bayrischen Rosenheim ist das Studium in der Schweiz derzeit so teuer wie nie.

    "Natürlich ist es schwieriger. Bei mir ist es jetzt so: Ich hab' noch zwei Nebenjobs in der Schweiz. Das heißt: Ich verdien' noch in Franken und kann das von daher ganz gut ausgleichen. Aber man muss sich im alltäglichen Leben ein wenig einschränken, die eine oder andere nicht kaufen, eher mal in die Mensa und nicht ins Restaurant. Aber das find' ich ganz okay als Student."

    Und jetzt auch noch das: Im Frühjahrssemester 2012 steht eine saftige Erhöhung der Studiengebühren an. Für ausländische Studierende werden dann 2120 Schweizer Franken pro Semester fällig; fast 1000 Franken mehr als für Studierende aus der Schweiz. Doch unterschiedliche Studiengebühren für ausländische und für Schweizer Studierende erhebt die Universität St. Gallen schon seit Jahrzehnten. Daran findet Markus Brönnimann, Verwaltungsdirektor der Universität St. Gallen, nichts Anrüchiges. Dies hänge, sagt er, mit dem speziellen Hochschulfinanzierungssystem der Schweiz zusammen.

    "Also es gibt eine Vereinbarung zwischen den Kantonen, dass wenn jetzt zum Beispiel ein Appenzeller in St. Gallen studiert, dann bezahlt Appenzell St. Gallen etwa 10.000 Franken plus die Studiengebühren. Und das geht etwa auf. Und wenn jetzt ein ausländischer Studierender kommt, dann gibt es für ihn kein Geld. Also muss der St. Galler Steuerzahler diesen Studienplatz fast vollständig finanzieren."

    Und genau dies hat zu den unterschiedlichen Gebühren für ausländische und schweizerische Studierende geführt. Eine Diskriminierung kann Markus Brönnimann darin nicht erkennen, zumal auch die Gebühren für die Schweizerinnen und Schweizer angehoben worden sind.

    "Bei den Studierenden aus dem Ausland, das ist ja nicht nur Deutschland, das sind ja 80 Ländern, aus denen wir Studierende haben, da fehlt dann einfach dieser Heimatkanton, der bereit wäre, diesen Beitrag zu leisten. Und bis zu einem gewissen Grad hat sich der Kanton St. Gallen gesagt: Gut bezahlen wir. Aber aufgrund der angespannten finanziellen Lage möchte man eben auch versuchen, einen Beitrag zu holen von den Studierenden. Wenn man die absolute Höhe ansieht, dann bin ich der Ansicht, dass das eine vertretbare Steigerung der Kosten für den Studenten, wenn man die Gesamtkosten des Studiums anschaut."

    Aus ähnlichen Gründen hat die Universität St. Gallen als einzige Hochschule der Schweiz bereits 1963 eine Quote für ausländische Studierende eingeführt. Will heißen: Nur 25 Prozent der insgesamt 7000 Studierenden dürfen aus dem Ausland kommen. Auch andere Schweizer Hochschulen überlegen sich, eine solche Quote einzuführen, weil der Andrang vor allem auf die Masterstudiengänge ständig zunimmt. Während die Universitäten, die den jeweiligen Kantonen zugeordnet sind, diese Quoten selbst beschließen können, sieht es bei den beiden Eidgenössisch-Technischen Hochschulen in Lausanne und in Zürich anders aus:

    Sie sind Einrichtungen der Schweizer Bundesstaates; für eine Quotenregelung bedarf es deshalb einer Änderung des ETH-Gesetzes. Die wurde jetzt auf den Weg gebracht, um grundsätzlich die Einführung einer Ausländerquote zu ermöglichen. Ob die aber tatsächlich kommt, sei noch längst nicht beschlossene Sache, so eine Sprecherin der ETH Zürich. Der Andrang aus dem Ausland hängt nicht zuletzt mit dem exzellenten Ruf der Schweizer Hochschulen zusammen. Und deshalb sind auch viele deutsche Studierende bereit, die hohen Studiengebühren ohne großes Murren zu bezahlen. Zu ihnen zählen Darjusch Tatreschi aus Göttingen und Laurenz Meckel aus Rosenheim, die an der Universität St. Gallen Wirtschaftswissenschaften studieren:

    "Der Return für das Investment, hier zu studieren, ist meistens relativ hoch. Also die Leute haben meistens sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Und deshalb sollte man das als Investition sehen. Und selbst eine Erhöhung der Studiengebühren ist ja bei Weitem noch unter den Kosten, die jeder einzelne Studierende verursacht. Von daher ist es schon gerechtfertigt, wenn die Uni ihre Gebühren anpasst, um ihre Auslagen wieder hereinzubekommen, gerade für Deutsche, die danach wieder zurück nach Deutschland gehen, wo die Schweiz ja grundsätzlich nichts davon hat."

    "Das hat mit Diskriminierung überhaupt nichts zu tun. Ich bin sehr offen auf die Schweizer zugegangen. Und ich bin sehr, sehr offen empfangen worden. Es hat mit Diskriminierung nichts zu tun. Sondern es geht einfach nur darum, dass ein Schweizer Student dem Schweizer Steuerzahler unglaublich viel Geld zahlen und wir hier wahnsinnig viel draufzahlen."

    Andererseits allerdings werden Schweizer Studierende, die an deutschen Unis eingeschrieben sind, nicht stärker zur Kasse gebeten als Einheimische. Und viele von ihnen gehen nach der Ausbildung ebenfalls in ihr Heimatland zurück. Wie dem auch sei: Die Schweizer Hochschulen werden auch zukünftig qualifizierte - und zahlungsbereite - deutsche Studierende willkommen heißen, die sich ja zudem an der Universität St. Gallen auch noch in einer Aufnahmeprüfung bewähren müssen. Markus Brönnimann, Verwaltungsdirektor der Universität St. Gallen:

    "Die Studierenden aus dem Ausland sind, weil sie eben diese Zulassungsprüfung durchlaufen mussten, alle exzellent. Wir Schweizer müssen uns da Mühe geben, mitzuhalten. Das ist eine interessante Auseinandersetzung, wenn man mit so exzellenten Studierenden gemeinsam studieren kann als gewöhnlicher Schweizer. Und wir würden wahnsinnig an Qualität verlieren, wenn wir die Studierenden aus dem Ausland nicht hätten."