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Die Uni dreht die Heizung ab

Betriebsferien zwischen Weihnachten und Neujahr sind in der Privatwirtschaft üblich, im öffentlichen Dienst eher nicht. Die Freie Universität Berlin schickt jetzt erstmals fast 4000 Mitarbeiter in die Zwangsferien. 200.000 Euro an Energiekosten soll das einsparen.

Von Wolf-Sören Treusch | 21.12.2012
    Ein schmuckloses Bürozimmer in einem Klinkerbau im Stil der "Neuen Sachlichkeit". Von hier aus koordiniert Andreas Wanke das Energie- und Umweltmanagement der Freien Universität in Berlin.

    "Ja, kuschelig warm würde ich jetzt nicht sagen, das sind vielleicht 20, 21 Grad. Das ist das Temperaturniveau, was wir eigentlich in unseren Büroräumen haben wollen."

    In den kommenden zwei Wochen wird alles anders. Die etwa 200 Universitätsgebäude bleiben geschlossen, die Heizkörper werden auf etwa 14 Grad heruntergefahren. "Unsinnige Ausgaben vermeiden", heißt die Devise.

    "Ja, es ist uns schon klar, dass das für eine Hochschule, wo die Freiheit der Forschung ein ganz elementares Ziel ist, dass das ein gewisser Kulturbruch ist. Dass das auch nicht von allen freudig aufgenommen wird. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Kostendruck immer stärker wird, beispielsweise steigen unsere Stromkosten im kommenden Jahr allein um zehn Prozent, 9,9 Prozent. Das sind 700.000 Euro, die die Freie Universität sozusagen als Lawine auf sich zukommen sieht."

    Die Unileitung hat sich mit dem Gesamtpersonalrat abgestimmt. Andreas Wanke schätzt, dass die "Zwangsferien" eine Energieeinsparung in Höhe von etwa 200.000 Euro bringen werden. Hinzu kommen 80.000 Euro Reinigungskosten, die wegfallen. Jetzt kann er nur noch hoffen, dass auch alle Mitarbeiter mitbekommen haben, dass sie Urlaub nehmen müssen.

    "Alle, die ihren PC am Mittwoch, Donnerstag, Freitag hochgefahren haben, werden die Informationen auf ihrem Bildschirm sehen mit der Bitte, die Thermostatventile abzudrehen, sodass wir davon ausgehen, dass wirklich alle über diese Betriebsferien Bescheid wissen."

    "Das ist einfach nicht möglich. Wir sind eine Klinik, eine Klinik hat Tag und Nacht offen zu sein. Wir würden unseren Klinikstatus auch verlieren von der Tierärztekammer, wenn wir das machen würden. Kurz und bündig: die Klinik ist offen."

    Professor Leo Brunnberg ist Chef der Kleintierklinik der FU. Hier läuft der Betrieb selbstverständlich weiter, genauso wie zum Beispiel in der Leitwarte, die in allen technischen Notfällen erreichbar sein muss. Professor Brunnberg weiß: Gerade zwischen den Jahren, wenn Eltern und Kinder frei haben, kämen besonders viele mit ihren kranken oder verletzten Haustieren vorbei.

    Gänse sind dabei die Ausnahme, Hunde und Katzen die Regel. Für sie gibt es eine eigene Blutbank, Kühlschrank und Tiefkühler laufen deshalb auch über die Feiertage auf Hochtouren.

    "Natürlich kann man überlegen: Es gibt Institute, die nur mit Büchern arbeiten. Da kann man sicher sagen: Soll das alles gewärmt werden? Hier ist ja die Idee, Energiekosten zu sparen, und wir können uns nicht nachher leisten: Wir haben viel Energie gespart, aber alles ist Schrott."

    Auch die Bibliotheken der FU sind bis zum 6. Januar geschlossen. Sie wurden in den vergangenen Jahren während der Feiertage nur sehr schwach genutzt, heißt es von Seiten der Unileitung. Die Studierenden wurden rechtzeitig darüber informiert. Bleibt diesen also Zeit für ein paar Herzenswünsche für 2013.

    "Als erstes darf mal die Welt nicht untergehen."
    "Ich fände es ganz cool, wenn man halt gern hin geht, ohne dass man direkt den nächsten Tag mit einer Prüfung rechnen muss."
    "Einfach nicht jede Woche zwei Prüfungen und einfach den Druck ein bisschen senken."
    "Spannende Vorlesungen, gute Seminare und motivierte Mitstudenten wünsche ich mir."
    "Dass es weiterhin keine Studiengebühren in Berlin gibt."
    "Meine Wünsche wären, alle Prüfungen zu bestehen und weiterhin, dass die Universität so gute Ausstattung bekommt, dass man so gut studieren kann an der FU Berlin."

    Es wäre ein erster kleiner Schritt dorthin, sollte es die Uni tatsächlich schaffen, mit Hilfe der Betriebsferien die Energiekosten zu reduzieren. Das gesparte Geld soll in Forschung und Lehre investiert werden. Ob das Modell Zukunft hat, kann Andreas Wanke, Koordinator für das Energie- und Umweltmanagement der FU Berlin, noch nicht sagen.

    "Wir wollen natürlich auch sehen, ob wir tatsächlich diese 200.000 Euro an Einsparungen erzielt haben, und dann werden wir relativ zeitnah die Entscheidung treffen, ob wir das im nächsten Jahr fortführen."