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Die Welt trifft sich am Bodensee

Die Universität Konstanz bietet seit 2006 eine Summer School für Studierende aus aller Welt an – und stößt damit auf steigende Resonanz: Denn die Teilnehmer können in der Bodenseeregion gleich vier aneinander grenzende Länder kennenlernen.

Von Thomas Wagner | 13.08.2011
    "Wie lange dauert es, um von Konstanz nach Zürich zu fahren?"

    Keine leichte Aufgabe. Ein wenig ratlos stehen die Studierenden im Konstanzer Bahnhof. Sie kommen aus China, aus Russland, aus Kanada, aus Polen - und sind zum ersten Mal in Konstanz. Sie erkunden die Altstadt nach Pfadfinder-Manier im Rahmen einer Schnitzeljagd - der Auftakt zur Summer School 2011.

    "Wir machen eine studienvorbereitende Summer School, die Deutschkenntnisse vermittelt oder verbessert, Landeskundeunterricht gibt für die Bodenseeregion, also das politische System, das kulturelle, das historische und das auch noch mit Exkursionen begleitet, damit die Studierenden selbst sehen können, in welcher Region sie sich befinden."

    Erklärt Regina Sonntag-Krupp, Leiterin des Auslandsreferates an der Universität Konstanz. Mit der Region vertraut werden - das ist für die Studierenden wichtig. Denn die meisten von ihnen beginnen nach der Summer School ein Studium an einer der 29 Hochschulen im Bodenseeraum, die sich zum Verbund "Internationale Bodensee-Hochschule" zusammen geschlossen haben.

    Die Teilnehmer kommen aus 40 Nationen. Und das macht die Konstanzer Summer School besonders interessant. Nina studiert Germanistik in Peking.:

    "Ich denke, das ist eine gute Chance, die Studenten aus aller Welt besser kennen zu lernen und auch mein Deutsch zu verbessern. Weil in der Welt gibt es so unterschiedliche Kulturen. Und wenn ich mehr Leute kennenlerne, kann ich die Kulturen besser verstehen."

    "Nehmen Sie die Unterführung unter dem Bahnhof."

    Dazu hat Nina bis Ende August vielfältig Gelegenheit. Denn in Ergänzung zum Seminarprogramm unternehmen die Studierenden Exkursionen in die benachbarte Schweiz, nach Österreich und nach Liechtenstein - Staaten, die im Bodenseeraum ganz dicht beieinander liegen. Da können die Teilnehmer die kulturellen und sprachlichen Unterschiede unmittelbar vor Ort kennen lernen. Magdalena Borowika, die in Polen Sprachwissenshaften studiert, findet das besonders spannend.

    "Also ich studiere die deutsche Sprache auch. Und für mich sind diese sprachlichen Unterschiede sehr interessant, die unterschiedlichen Formen des Deutschen und auch die kulturellen Unterschiede, die wir auch bestimmt merken werden. Also ich habe gehört, dass es in der Schweiz sehr teuer ist, im Vergleich zu Deutschland auch. Die Unterscheide betreffen vor allem die Sprache, die sehr anders ist. Ich verstehe davon nur ein klein wenig."

    Diese Möglichkeit, während der Summer School gleich vier aneinander grenzende Länder kennen zu lernen, ist einzigartig, betont Regina Sonntag-Krupp, Leiterin des Auslandsreferates an der Uni Konstanz:

    "Und wir können tatsächlich Studierenden beispielsweise aus den USA, die ja sehr lange reisen müssen, wenn sie ihr Land verlassen, mal demonstrieren, was Europa bedeutet, wie nahe wir uns den verschiedenen Ländern wir hier eigentlich geografisch sind. Die müssen im Zweifelsfall fünf Minuten reisen, um die Schweizer Grenze in Konstanz zu überqueren. Und das ist für die natürlich eine ganz tolle Erfahrung."

    Die meisten Teilnehmer sehen die Summer School als Vorbereitung für einen nachfolgenden Studienaufenthalt in der Region. Der gilt als Voraussetzung, um später einmal einen Job im deutschsprachigen Raum zu bekommen - der heimliche Traum vieler Teilnehmer. Magdalena Borowika:

    "Ich denke auch, dass Deutschland für die Studenten, die hierher wollen, viele Perspektiven anbietet. Ich habe zum Beispiel gehört, dass im Bereich der Ingenieurwissenschaften, aber auch bei den Geisteswissenschaften viel angeboten wird. Ich habe es deshalb vor, hier auch einen Studienaustausch zu machen. Vielleicht werde ich hier mein Masterstudium machen."

    In mehreren Vorträgen erfahren die Teilnehmer auch Wissenswertes über die unterschiedlichen politischen Systeme der Bodensee-Anrainerstaaten. So lernen sie, dass es in der Schweiz häufig Volksabstimmungen gibt, in Deutschland dagegen nicht. Und sie machen Bekanntschaft mit einer echten Monarchie: Für kommenden Montag hat Regina Sonntag-Krupp eine Tagesreise zum Staatsfeiertag ins Fürstentum Liechtenstein organisiert.

    "Dass da also ein echter Fürst im Anzug, wie eine Studentin mal bemerkte - die dachte wohl, dass er normalerweise in Hermelin-Mantel und Krone rumläuft -, also ein echter Fürst im Anzug zum Anfassen zu sehen ist, der den Leuten die Hände schüttelt, und das vor dieser Burgkulisse - das ist schon was ganz Besonderes."