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Dieter Hundt: Ergebnisbeteiligung ja, Fonds-Lösung nein

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ist der Ansicht, dass Beschäftigte am besten vom Erfolg ihres Unternehmens über eine direkte Ergebnisprämie profitieren könnten. Das stärke zudem die Identifikation und die Bindung an die eigene Firma. Eine Beteiligung am Kapital über Fonds, wie die Koalition sie vorsehe, sei hingegen nur für Aktiengesellschaften unbürokratisch umsetzbar, sagte Hundt.

Moderation: Christiane Kaess |
    Christiane Kaess: Es war bereits Thema in dieser Sendung im Gespräch mit Bundesarbeitsminister Olaf Scholz:die Mitarbeiterbeteiligung soll gestärkt und gefördert werden, wenn es nach dem Willen der Großen Koalition geht. In Deutschland sind die Einkünfte aus Kapitalvermögen in den letzten Jahren stärker gestiegen als die Löhne. Jetzt soll nicht nur die Wirtschaft ihre Gewinne steigern, sondern auch die Angestellten etwas davon haben. Eigentlich sollten auch die Unternehmer von stärker motivierten Mitarbeitern, die sich mit ihrem Unternehmen identifizieren, profitieren. Aber bereits im Vorfeld der jetzigen Beschlüsse gab es Kritik. Am Telefon ist jetzt Dieter Hundt, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Guten Morgen!

    Dieter Hundt: Guten Morgen Frau Kaess!

    Kaess: Herr Hundt, wie beurteilen Sie die Eckpunkte, die gestern vorgestellt wurden?

    Hundt: Ich begrüße die Überlegung der Bundesregierung durchaus, die Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland auszubauen. Dieser Weg ist richtig. Ich meine aber, dass der beste Weg dafür ist, die Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Auf diesem Weg sind wir in den zurückliegenden Jahren auch deutlich vorangekommen. Wir haben in der Zwischenzeit etwa zehn Prozent aller Betriebe, die ein Gewinnbeteiligungsmodell vereinbart haben, und bei Betrieben mit 500 Beschäftigten und mehr ist es sogar rund ein Drittel. Eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung ist außerordentlich schwierig umzusetzen und wird insbesondere an mittelständischen Unternehmen weitgehend vorbei gehen und dort nicht genutzt werden können.

    Kaess: Warum?

    Hundt: Weil die Beteiligung am Unternehmen in der Umsetzung viel zu schwierig ist. Wenn ich meine Mitarbeiter am Unternehmenserfolg beteilige, dann kann ich dieses durch eine entsprechende Prämie sofort erledigen. Wenn ich dagegen am Kapital die Mitarbeiter beteiligen muss, dann ist das insbesondere bei mittelständischen Unternehmen eine schwierige Prozedur. Das wird vorwiegend auf Aktiengesellschaften konzentriert bleiben, die dann eben Aktien an die Beschäftigten ausgeben können und diesen Weg damit leicht gangbar gestalten.

    Kaess: Nun hat, Herr Hundt, Olaf Scholz gerade im Interview noch einmal betont, die neuen Vorschläge seien unbürokratisch.

    Hundt: Da bin ich anderer Meinung als Herr Scholz, zumindest für den Großteil der Unternehmen, die nicht als Aktiengesellschaften firmieren. Dort wird diese Umsetzung außerordentlich schwierig sein. Darüber hinaus kommt ein für mich unverständlicher Konstruktionsfehler. Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung soll nur dann durch Steuer- und Beitragsfreiheit unterstützt werden, wenn der Arbeitgeber die Finanzierung übernimmt. Auf der anderen Seite soll ein Ziel der Mitarbeiterkapitalbeteiligung ja gerade sein, die Eigenkapitalbasis zu stärken. Das sind Punkte, die gegenläufig sind. Ich denke darüber wird noch zu reden sein müssen.

    Kaess: Aber Herr Hundt, der Vorteil für Unternehmer ist doch jetzt, dass das Geld im Unternehmen bleibt oder zurückfließt über den Fonds.

    Hundt: Wenn die Fonds-Lösung zum Tragen kommt, wird Eigenkapital, welches das Unternehmen in den Fonds einbezahlt, in Fremdkapital für das Unternehmen ausgetauscht, wenn es die Mittel des Fonds nutzt. Auch das ist ein Weg, der für viele Unternehmen nicht interessant sein wird. Ich wiederhole nochmals: Mitarbeiterbeteiligung vom Grundsatz her ja. Ich befürworte dieses uneingeschränkt. Aber wir sollten einen praktikablen Weg gehen insbesondere für die große Zahl der mittelständischen Unternehmen, die nicht Aktiengesellschaften sind. Dafür bietet sich sehr viel mehr die Ergebnisbeteiligung an.

    Kaess: Das bedeutet also die direkte Beteiligung, mit der aber dann auch ein größeres Risiko verbunden ist?

    Hundt: Das kommt noch dazu, dass im Falle einer Direktbeteiligung ein Problem sicherlich darin besteht, dass im Falle einer Insolvenz des Unternehmens der Beschäftigte nicht nur seinen Arbeitsplatz und damit sein Einkommen verliert, sondern darüber hinaus über seine Beteiligung auch noch Schaden nimmt von der Insolvenz des Unternehmens. Insofern ist die Überlegung des Fonds mit Blick auf diese Situation durchaus berechtigt, aber von der Attraktivität für die Unternehmen her halte ich dies für keine gute Lösung. Darüber hinaus kommt auch dazu, dass die wirkliche Bindung, die emotionale Bindung des Mitarbeiters an sein Unternehmen durch diesen Fonds nicht mehr gewährleistet ist.

    Kaess: Das heißt dann erwarten Sie auch nicht mehr Bereitschaft von den Arbeitnehmern, Einschnitte hinzunehmen?

    Hundt: Ich denke, dass sowohl für Arbeitgeber als auch für die Arbeitnehmer die in der Praxis am meisten getroffene Lösung die interessantere ist, die Beschäftigten direkt am Unternehmensergebnis zu beteiligen und abhängig vom erzielten Jahresergebnis eine Gewinnbeteiligung zur Auszahlung zu bringen.

    Kaess: Mit dem entsprechenden Risiko dabei. Nun haben Arbeitgeber kritisiert, dass die Mitarbeiterbeteiligung nicht besser gefördert werden soll als die betriebliche Rente. Wo sehen Sie das?

    Hundt: Ich denke, dass die steuerliche Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung kein vorrangiges Anliegen in Deutschland und insbesondere bei der deutschen Wirtschaft ist. Wir sollten bei der Vermögensbildung uns viel mehr um eine zusätzliche Altersvorsorge bemühen. Ich denke, dass hier die Herausforderungen der Zukunft liegen. Wir sind im Verlauf der letzten Jahre bei der Verbreitung sowohl der privaten als auch der betrieblichen Altersvorsorge gut vorangekommen. Wir haben inzwischen etwa 17 Millionen Beschäftigte mit Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge. 11 Millionen sind Riester-Sparer. Ich meine, dass mit Blick auf die weitere Entwicklung, die demographische Entwicklung, gerade dieser Weg intensiviert und fortgesetzt werden sollte.

    Kaess: Nun hat ja Bundesarbeitsminister Olaf Scholz noch einmal darauf hingewiesen, dass das Angebot der Mitarbeiterbeteiligung freiwillig und zusätzlich sein müsse, damit es nicht in Konkurrenz zur betrieblichen Altersvorsorge stehe. Es kann also doch nach wie vor jeder selbst entscheiden.

    Hundt: Dass die Förderung, Steuer- und Beitragsfreiheit nur eintreten soll, wenn die Kapitalbeteiligung ausschließlich vom Arbeitgeber finanziert wird, wird mit Sicherheit ein weiteres Hindernis für eine großflächige Verbreitung dieser Lösung sein.

    Kaess: Herr Hundt, zum Schluss noch: Ist das der beste Kompromiss, der in einer Großen Koalition gefunden werden kann - bei aller Kritik, die Sie daran haben?

    Hundt: Ich kann die Möglichkeiten einer Großen Koalition bezüglich der Mitarbeiterbeteiligung nur schwer beurteilen. Ich kann aus der Praxis heraus sagen, dass der Weg, den wir in den letzten Jahren gegangen sind, der richtige ist. Mein Interesse wäre auch, diesen fortzusetzen und sogar zu verstärken, nämlich die Beschäftigten am Ergebnis, am Jahresergebnis ihres Unternehmens direkt zu beteiligen. Das fördert die Motivation, das fördert die Bindung zum eigenen Unternehmen und das ist darüber hinaus ein insbesondere für mittelständische Unternehmen, die keine Aktiengesellschaften sind, einfach zu realisierender, praktikabler, unbürokratischer Weg.

    Kaess: Dieter Hundt war das, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Vielen Dank für das Gespräch!