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Digitale Schule
Einmal einen Computer kaufen reicht nicht

Die vielfach geforderte Digitalisierung der Schulen kostet vor allem eines: viel Geld. Die von der Bundesregierung im Rahmen des Digital-Paktes in Aussicht gestellten Milliarden kommen da gerade recht, wie dass Beispiel einer Schule in Berlin zeigt. Denn die digitalen Werkzeugen müssen recht häufig erneuert werden.

Von Philip Banse | 15.10.2016
    Ein Schüler arbeitet in der Waldschule in Hatten in seinem Klassenzimmer am Tablet.
    In deutschen Klassenzimmern wird immer öfter auf Computern gelernt. (picture alliance / dpa / Carmen Jaspersen)
    "Ich bin Sascha, 15 Jahre alt, Schüler dieser Schule, mittlerweile im 12. Jahrgang, ich nutze den Rechner seit nunmehr sechs Jahren."
    Vor Sascha Schiebler steht ein MacBook auf dem Tisch, jeder Schüler hier in seiner Klasse, ja jeder der 750 Schüler im Otto-Nagel-Gymnasium hat so ein Notebook.
    "Habt ihr alle so ein Notebook?"
    "Ja."
    Nach sechs Jahren sei der Rechner normales Lernwerkzeug geworden, sagt Sascha Schiebler: "Texte schreiben, Präsentationen, Filme drehen, Internetarbeit, Recherche, Bildbearbeitung war auch mal Thema. Alles mögliche, das ganze Spektrum."
    Die über 1.000 Euro für so ein Schüler-Laptop mussten die Eltern bezahlen, erklärt Schulleiter Lutz Seele: "Die Eltern, die sich das Gerät nicht leisten können oder die eins von der Schule bekommen wollen, die kriegen ein kostenloses Leihgerät vom Lernmittelverein, müssen da aber nur einen formlosen, schriftlichen Antrag stellen."
    Finanzierung über Elternbeitrag
    Der Lernmittelverein ist der Schlüssel zum digitalisierten Otto-Nagel-Gymnasium: Glasfaser-Anschluss, WLAN in der ganzen Schule, Laptops für alle, ein Server zum Austausch von Lernmaterial – die rund 45.000 pro Jahr vom Schulamt reichten dafür hinten und vorne nicht, sagt Schulleiter Seele. Deswegen der Lehrmittelverein: Alle Eltern müssen pro Jahr fürs erste Kind 65 Euro einzahlen.
    "Da kommen etwa 45.000 Euro pro Jahr zusammen. Davon wird ein Großteil der Technik bezahlt. Der Lernmittelverein ersetzt eigentlich das fehlende Geld des Landes Berlin."
    Daher könnte Seele das Geld vom Bundesbildungsministerium gut gebrauchen. Denn Digitalisierung heißt nicht: einmal Rechner kaufen und gut.
    "Wir haben schon Smartboards von vor sechs, sieben Jahren ausgesondert, weil die nicht mehr funktionieren. Man muss im Schnitt nach vier, fünf, sechs Jahren spätestens die komplette Technik erneuern."
    Lernmaterial muss neu erarbeitet werden
    Für die Schüler in der Unterstufe gibt es besondere Laptop-Stunden, in der Oberstufe sind die Rechner normales Werkzeug in allen Fächern. Am schwierigsten war die Einführung der Rechner wohl für die 72 Lehrer. Wie kann man Rechner sinnvoll einsetzen? Lernmaterial musste völlig neu erarbeitet werden, sagt die Englisch-Lehrerin Dana Wolfram. Nach Jahren habe sie jetzt aber Routine und Erfahrung: "In der Fremdsprache ist es so, dass ich Native Speaker ran holen kann." Sprich Muttersprachler in den Unterricht einbinden.
    "Ich kann via Skype sogar mit Leuten über den Teich in Kontakt treten. Die Schüler haben die Möglichkeit selbstbestimmt zu lernen, zu sagen, ich höre mir das jetzt noch mal an. Das ist ohne Rechner schlecht möglich. Die können mir noch viel zeigen am Rechner."
    Lernen von Schülern, darauf müssten sich Lehrer einlassen, erst recht, wenn alles digitalisiert wird: "Die sollten die Kompetenzen der Schüler nutzen, keine Angst haben, dass die in vielen Dingen viel weiter sind, wir sagen ja heute auch digital natives. Wir haben andere Kompetenzen. Wir sind strukturierter, wir haben Lebenserfahrung, wir wissen, was Schüler wissen müssen, worauf wir sie vorbereiten müssen. Wir sind eigentlich mehr Coach in diesem Moment und gleichzeitig auch Lernender. Das darf man nicht scheuen, Lernender zu sein."
    Den Lehrern beigebracht, wie sie die Schulwebsite bespielen
    Lernen von Schülern wie Pascal Schulz, 19 Jahre, Informatikstudent. Er hat dieses Jahr hier Abitur gemacht und davor Lehrern beigebracht, wie sie die Schulwebsite bespielen, die er mitprogrammiert hat.
    "Die ganze Computergeschichte war für mich, als ich in die Schule gekommen bin, gar nicht so interessant. Aber als ich dann das erste Mal in Kontakt damit gekommen bin, war es das, was mich interessiert hat einfach und ich bin diesen Weg immer weitergegangen. Und diese Laptops von Anfang an zu besitzen, ist im Endeffekt der Hauptgrund auch gewesen, weshalb ich Informatik auch studiere."