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Donald Trump und rechte Gewalt
"Rassisten fühlen sich ermutigt, weil jetzt ihr Mann im Weißen Haus sitzt"

Die Kundgebung in Charlottesville und die Gewalt dort haben viele entsetzt. Dass der US-Präsident die Suprematisten nicht verurteilt hat, erklärt sich Daryle Lamont Jenkins so: Er mag sie. Der Gründer einer Anti-Rassismus-Organisation und Helfer von Aussteigern sagte im Dlf, Trump sei ein gefährlicher Mann.

Christoph Heinemann im Gespräch mit Daryle Lamont Jenkins |
    Titelseiten der Zeitungen "New York Post" und "Daily News" zu den Aussagen von US-Präsident Trump zu der Kundgebung in Charlottesville. Trump wird zitiert mit der Aussage vom 16.08.2017: "Es waren nicht alle Nazis", die "Daily News" titelt mit "Sympathie für die Teufel"
    Titelseiten der Zeitungen "New York Post" und "Daily News" zu den Aussagen von US-Präsident Trump zu der Kundgebung in Charlottesville. T (imago/Levine-Roberts)
    Christoph Heinemann: Nach den Ausschreitungen in Charlottesville hat Präsident Trump zunächst beiden Seiten, dann den Neonazis und dann wieder beiden Seiten die Schuld gegeben. Was sagt Ihnen das über die Position des Präsidenten?
    Daryle Lamont Jenkins: Das sagt mir, dass der Präsident versucht, seine Basis zu schützen. Seine Basis sind nicht die Vereinigten Staaten so wie sie sein sollten. Das sind Leute, die ihn mögen und ihn unterstützt haben. Um den Rest des Landes kümmert er sich nicht, auch nicht darum, was dieser Rest denkt. Er kümmert sich nur um diejenigen, die sich ihm zugewandt haben. Diese Leute versuchen auf vielerlei Hinsicht das Land zu zerstören.
    Und das bedeutet, dass gegenwärtig ein gefährlicher Mann im Weißen Haus sitzt. Jemand, der nicht für den Erhalt der Vereinigten Staaten steht, sondern der das Land in einen Niedergang führen könnte.
    Suprematisten üben Einfluss aus
    Christoph Heinemann: Sie sagten, er wolle seine Basis schützen: glauben Sie, dass heute weiße Nationalisten, Suprematisten, also Verfechter der Vorherrschaft der weißen Rasse und Neo-Nazis die US-Politik beeinflussen können?
    Daryle Lamont Jenkins: Viele Menschen sprechen in diesem Zusammenhang über Steve Bannon. Und er verkörpert die Antwort: und die lautet ja! Er verfügt über das Ohr des Präsidenten. Trump hört nicht nur ihm zu, sondern auch Leuten, die in die weiße Suprematisten-Szene eingebunden sind. Ja, sie können Einfluss ausüben. Und das gibt Anlass zur Sorge. Es ist nicht so, dass es das bei früheren Präsidenten nicht auch gegeben hätte. Alarmierend ist allerdings, dass ein Präsident dies ganz offen versucht, während der Rest des Landes sich von diesem Unsinn entfernt hat. Deshalb versuchen Menschen, etwas dagegen zu unternehmen.
    Christoph Heinemann: Halten Sie Präsident Trump für einen Rassisten?
    Daryle Lamont Jenkins: Ja. Etwas Anderes lässt sich dazu nicht sagen. Er hat in dieser ganzen Woche nichts Positives gesagt. Es gibt doch in der Welt keine Entschuldigung dafür, dass er diese weißen Suprematisten nicht verurteilt. Außer der einen: er mag sie.
    Christoph Heinemann: Der Präsident hat allerdings auch darauf hingewiesen, dass in Virginia auf beiden Seiten schlimme Leute unterwegs waren. Hat er Recht?
    Daryle Lamont Jenkins: Nein, die Bösen gab es nur auf einer Seite. Das waren diejenigen, die die Frau getötet haben.
    "Auf Donald Trump muss wesentlich mehr Druck ausgeübt werden"
    Christoph Heinemann: Der Präsident hat darauf hingewiesen, dass auch die anderen Gewalt angewendet haben …
    Daryle Lamont Jenkins: Die anderen haben versucht, diesen Haufen daran zu hindern, auf ihre Gegner weiter einzuschlagen. Das haben Menschen dort berichtet. Friedliche Demonstranten wurden von den weißen Suprematisten angegriffen. Die haben das sogar vorher angekündigt. Deshalb sind sie mit Schilden, Helmen, Pfefferspray, Schlagstöcken und in militärischer Formation angerückt. Die haben klargestellt, dass sie gekommen sind, um zu kämpfen. Seit Mai schüchtern sie diese Stadt ein. Deshalb sind wir gekommen. Wir haben gesagt, wir müssen diese Stadt vor dieser Gruppe schützen, denn unsere Regierung tut das nicht. Trump hat sich nicht darum gekümmert, Charlottesville vor diesen Idioten zu schützen, die aus dem ganzen Land angereist sind, um Schaden anzurichten.
    Christoph Heinemann: Mitglieder des Repräsentantenhauses haben Präsident Trump aufgefordert, drei Berater zu entlassen: Stephen Bannon, Stephen Miller und Sebastian Gorka. Wird der Präsident darauf eingehen?
    Daryle Lamont Jenkins: Nein. Ich glaube, auf Donald Trump muss wesentlich mehr Druck ausgeübt werden, bevor diese Leute und andere zur Einsicht gelangen, dass es Zeit ist zu gehen. Solange man ihm alles durchgehen lässt, und so war das bisher, gibt es offenbar nicht genug Druck auf ihn. Er sieht nicht gut aus damit, er hat Ärger, Schaden wird angerichtet, aber damit kann er umgehen. Das bleibt vorerst so und das ist beunruhigend. Die Republikaner kämpfen um ihre Stellung im Land. Solange die nicht merken, dass sich etwas zusammenbraut, muss man auf sie zugehen. Zum Kongress, auf die Senatoren, von denen einige, das muss man zu ihren Gunsten sagen, Trump und die Suprematisten verurteilt haben. Aber nicht wirkungsvoll.
    "Rassisten fühlen sich ermutigt, weil jetzt ihr Mann im Weißen Haus sitzt"
    Christoph Heinemann: Steve Bannon hat für Breitbart News Network gearbeitet. Welchen Einfluss übt diese Nachrichtenplattform aus?
    Daryle Lamont Jenkins: Die Menschen sehen Breitbart heute als das, was es ist: das Medium der sogenannten Alternativen Rechten. Es war immer eine rassistische Webseite, auch unter der Leitung von Andrew Breitbard. Seit seinem Tod hat sich nichts verändert. Die Menschen sehen in Breitbart etwas, dem sie nicht vertrauen können.
    Nur die Leute, die dem Narrativ von Breitbart folgen, vertrauen dem Medium auch. Für alle anderen ist Breitbart die Blaupause dessen, was solche Leute denken. Für uns besteht der Nutzen darin, dass wir sehen, hier lügen sie, das ist falsch und das müssen wir bekämpfen. Nur so verwenden wir Breitbart in diesem Land.
    Christoph Heinemann: Neonazis, Ku Klux Klan, Suprematisten, Alt-Rights, wächst die Zahl dieser Bewegungen?
    Daryle Lamont Jenkins: Nein. Allerdings fühlen sie sich ermutigt, weil jetzt ihr Mann im Weißen Haus sitzt. Und sie möchten so viel wie möglich daraus machen. Während des Wahlkampfes haben sie gesagt, dies sei ihre letzte Chance. Wenn sie diesmal nicht siegen, dann würden sie keine Gelegenheit mehr haben, den Kurs des Landes zu ändern. Jetzt glauben sie, dass sie das können. Ich glaube das zwar nicht, aber bei dem Versuch kommen Menschen zu Schaden.
    "Und für viele von denen bin ich der erste Schwarze, mit sie jemals geredet haben"
    Christoph Heinemann: Auslöser der Gewalt war der Plan, ein Denkmal für den Südstaaten-General Robert E. Lee zu entfernen. Donald Trump hat gesagt, auch George Washington habe Sklaven gehalten und der Präsident fragte dann, ob auch alle Washington-Statuen entfernt werden müssten. Was antworten Sie darauf?
    Daryle Lamont Jenkins: Ironischerweise hat er auch Thomas Jefferson in diesem Zusammenhang erwähnt und gesagt, auch der habe Sklaven gehalten. Jefferson stammte aus Charlottesvillle. Bei Robert E. Lee geht es nicht nur um Sklavenbesitz. Robert E. Lee hat diese Nation verraten. Es hätte niemals ein Denkmal für ihn errichtet werden dürfen. Dieses Denkmal ist etwa 50 Jahre nach dem Bürgerkrieg errichtet worden, als Anerkennung für die Weißen Suprematisten. Eine Art ausgestreckter Mittelfinger für diejenigen, denen es um die Einheit des Landes ging, um die wir uns auch heute bemühen.
    Das hat nichts mit der Geschichte von Robert Lee oder der Geschichte des Bürgerkrieges zu tun, sondern mit dem Erbe von Hass und Selbstgerechtigkeit der Weißen Suprematisten. Seit etwa 60 Jahren lehnen die meisten Menschen dies ab. Deshalb wollen viele dieses Denkmal entfernen.
    Christoph Heinemann: Ihre Organisation hat Neo-Nazis beim Ausstieg geholfen. Wie haben Sie das geschafft?
    Daryle Lamont Jenkins: Durch eine Politik der offenen Tür. Wir bekämpfen sie hart, aber wir dürfen nicht vergessen, dass sie auch Menschen sind. Das funktioniert. Verstehen Sie mich nicht falsch: nur weil wir mit denen reden, heißt das nicht, dass wir vergessen würden, wieviel Leid sie anrichten. Meistens führe ich diese Gespräche, weil man mit mir leicht ins Gespräch kommt. Und für viele von denen bin ich der erste Schwarze, mit sie jemals geredet haben.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.