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Durchgesetzt in der Männerdomäne

Als Personalvorstand bei der Deutschen Bahn hat sie Kampfgeist im Tarifstreit bewiesen. Im Vorstand von BASF schätzt man die eigene Arbeitsdirektorin aber wegen ihrer deeskalierenden Art. Jetzt wird Margret Suckale Präsidentin des Arbeitgeberverbands der Chemieindustrie.

Von Michael Braun |
    Sie schürt Konflikte nicht, sie will sie lösen. Da ist Margret Suckale in der Chemie richtig. Dort pflegen Arbeitgeber und Gewerkschaft ein gutes Auskommen. So hilft der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis mit, über die Kosten der Energiewende zu klagen, weil er weiß, was höhere Energiekosten bedeuten:

    "Raten Sie mal, wo das ankommt. Das kommt in Rationalisierungsprozessen an und in Tarifrunden."

    Das im Sinn, wird er gleichwohl für höhere Löhne, bessere Arbeits- und Ausbildungsbedingungen streiten. Demnächst vor allem mit der neuen Präsidentin des Arbeitgeberverbandes der Chemieindustrie, mit Margret Suckale. Die wird dafür ein offenes Ohr haben, schon weil die Branche allein wegen der demografischen Entwicklung Fachkräfte sucht und halten will:

    "Für die Chemiearbeitgeber ist die Sozialpartnerschaft ein zentraler Baustein der nachhaltigen Entwicklung. Wir wollen natürlich die Fachkräfte für morgen und von morgen gewinnen und vor allen Dingen auch halten – mit sicheren Perspektiven, vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und auch einer angemessenen Bezahlung."

    Mit ihrer deeskalierenden Art, mit der Gewohnheit, auch scheinbar Eindeutiges noch mal infrage zu stellen, ist sie auch im sonst männerbesetzten Vorstand der BASF gut angekommen. Sie erzählen, seit Margret Suckale als Personalchefin vor zwei Jahren in das Gremium eingetreten sei, habe sich die Gesprächskultur dort zum Positiven verändert.

    Sie war bei der BASF die erste Vorstandsfrau überhaupt. Das kannte sie. Als die Juristin 2005 in den Bahnvorstand eintrat, war sie die einzige Frau im Vorstand der hundert größten deutschen Unternehmen. Da hatte sie es mit dem damaligen Chef der Lokomotivführergewerkschaft, mit dem streitbaren Manfred Schell, zu tun. Der moserte auch über die - seiner Meinung nach – hohe Weltfremdheit seiner Verhandlungspartner:

    "Das liegt wahrscheinlich daran, weil im Vorstand der Bahn kein einziger gelernter Eisenbahner mehr ist und dort geglaubt wird, Lokomotiven und Züge zu führen sei etwas wie Schubkarre fahren."

    Die Bahn war den Lohnforderungen der Lokführer von damals mehr als 30 Prozent einmal mit dem Hinweis entgegengetreten, für den Beruf brauche man ja nur einen Hauptschulabschluss. Einmal hatte ein Lokführer Frau Suckale aus dem Führerstand verwiesen, als sie volksnah vorne mitfahren wollte. In ihrer Gegenwart könne er den Zug nicht verantwortlich steuern.

    Frau Suckale war gegangen. Und in der Öffentlichkeit erklärte sie, warum Lokführer nicht 30 Prozent Aufschlag erwarten könnten:

    "Wenn wir jetzt einer Berufsgruppe, bei allem Verständnis und Respekt vor dieser wirklich wichtigen Berufsgruppe, wenn wir der jetzt so einen Abschluss geben, dann werden wir einen Riesenkonflikt im Unternehmen bekommen. Das Unternehmen bricht auseinander, die Einheit, der Sozialverband bricht auseinander. Und das wollen wir nicht."

    Die BASF hat die jetzt 57 Jahre alte, verheiratete, aber kinderlose Juristin wegen ihrer Standfestigkeit im Tarifstreit mit den Lokführern genommen. Heute wird sie im neuen Amt gefeiert, in Ludwigshafen. Da wohnt sie. Als Einzige aus dem BASF-Vorstand. Die meisten anderen zogen die liebliche Weinstraße vor.