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Ein Land im Alarmzustand
Peru bereitet sich auf El Niño vor

Unwetter an der Küste, Dürre im Landesinnern. Das werden wohl wie schon häufiger in der Vergangenheit die Folgen des Wetterphänomens El Niño in Peru sein. Aber das Land ist vielleicht so gut vorbereitet wie noch nie. Sorgen bereitet der Regierung vor allem noch die Landwirtschaft.

Von Anne Herrberg | 12.11.2015
    Aus ganz Peru sind sie hierher, ins Hinterland der Hauptstadt Lima gekommen: Die Schamane haben Kokablätter und Früchte mitgebracht, Figuren des Christkindes und sogar eine lebende Schlange. Mit diesen Opfergaben wollen sie die Geister besänftigen - denn die Lage ist ernst, erklärt der Schamane Juan Osco: "Heute sind wir Schamane sehr besorgt. Von der Küste, von den Bergen und aus dem Regenwald sind wir zusammengekommen. Wir sind Lehrmeister, die mit den inneren Kräften Perus verbunden sind. Und jeder hat sein heiliges Kind mitgebracht, damit es uns beschützt vor dem bösen Kind, das Peru Schaden zufügen wird."
    Das böse Kind - Juan Osco spricht von "El Nino", dem Wetterphänomen, das das Klima auf der ganzen Welt durcheinanderbringt - der Name wurde einst von Fischern hier, in Peru, erfunden, El Nino, das Christkind, weil das Wetterchaos immer mit Weihnachten zusammenfiel. Es schiebt vom Pazifik her warme Wassermassen nach Südamerika.
    Die Sondersendung "Peru in Alarmbereitschaft" informiert wöchentlich über Gefahrenzonen und Maßnahmen des Katastrophenschutzes: Peru hat bereits im August den Notstand über 14 Regionen des Landes verhängt. 35.000 Einsatzkräfte stehen für den Ernstfall bereit - beim letzten starken El Nino-Phänomen Ende der 1990er-Jahre sind 500 Menschen ums Leben gekommen. Vor allem bei Erdrutschen und durch Schlammlawinen. Diese werden auch nun wieder an der Küste erwartet, ausgelöst durch starke Unwetter. Über 1.000 mobile Notfallstationen aufgestellt worden, berichtet Gesundheitsminister Anibal Velazquez: "Einige Krankenstationen befinden sich in Senken und Tälern, also in Gefahrenzonen. Sie müssen im Notfall ersetzt werden könne. In den Stationen wird mit den Anwohnern zusammengearbeitet, Evakuierungen geprobt, es werden Masken und Medikamente verteilt gegen mögliche Atemwegserkrankungen oder Dengue-Fieber."
    Sturzregen an der Küste - dem Andenhochland bringt El Nino dagegen Dürre. Das Umweltministerium ist in Sorge: Schon jetzt ist der Wasserspiegel des Titicacasees an der Grenze zu Bolivien über 50 Zentimeter gesunken, erklärte Umweltminister Manuel Pulgar Vidal: "Das verpflichtete uns, das Wasser nicht zu verschwenden und nicht zu verschmutzen."
    Die Mahnung kommt nicht von ungefähr: 150 Liter Abwasser fließen pro Sekunde in den Titicacasee. Aus teils illegal betriebenen Minen, umliegenden Dörfern, der Landwirtschaft. Das Agrarministerium hat im Süden des Landes eine Schutzzone ausgerufen und finanzielle Hilfe für Kleinbauern versprochen, außerdem gibt es rund 700 gefüllte Wassertanks zur Unterstützung der Landwirtschaft. Beim letzten starken El Nino-Phänomen, um die Jahreswende 1997/98 hat Perus Wirtschaft enorm gelitten, das Bruttoinlandsprodukt ist damals um über sechs Prozent eingebrochen. Heute sei das Land besser vorbereitet - dazu gibt es vom internationalen EL-Nino-Untersuchungszentrum eine leichte Entwarnung, die Risikostufe wurde leicht herabgestuft.