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Einmischung in US-Wahlkampf
Das zweifelhafte Vorgehen von FBI-Chef Comey

FBI-Chef James Comey hat die übliche Praxis der amerikanischen Bundespolizei, sich aus der Politik rauszuhalten, über Bord geworfen. Dass die Behörde derzeit nicht nur gegen die demokratische Kandidatin Hillary Clinton, sondern auch gegen ihren republikanischen Gegner Donald Trump ermittelt, hat Comey der Öffentlichkeit vorenthalten.

Von Marcus Pindur | 03.11.2016
    FBI-Direktor James Comey: Der Chef der obersten Sicherheitsbehörde der USA ist Republikaner und versucht den US-Wahlkampf zu beeinflussen.
    FBI-Direktor James Comey (Republikaner) habe dem Druck aus den eigenen Reihen nicht standgehalten, vermutet die demokratische Fraktionschefin Nancy Pelosi. (picture alliance / dpa / Dennis Brack)
    Man kann mit Fug und Recht bezweifeln, dass das FBI als Institution unbeschadet aus der Kontroverse um seinen Direktor James Comey hervorgehen wird. Die einstmals Unbestechlichen sind ins Zwielicht geraten. Ein Opfer des Wahlkampfs, und vielleicht auch ein Opfer des Ehrgeizes oder des Opportunismus ihres Chefs, des Republikaners James B. Comey.
    Comey lasse es mit der vagen Ankündigung von weiteren Ermittlungen gegen Clinton zu, dass die Präsidentschaftskandidatin unter dem Schatten einer Verdächtigung stehe, ohne das es Ermittlungsergebnisse gebe, die dies rechtfertigen würden, so der Vorwurf der Demokraten. Der bekannte Bürgerrechtsanwalt Alan Dershowitz forderte, dass Comey entweder erklärt, worauf sich sein Verdacht gründet, oder von seinem Amt zurücktritt.
    "Er darf nicht durch sein weiteres Schweigen den Ausgang dieser Wahl beeinflussen. Es ist durch Comeys Manöver ein Kopf-an-Kopf Rennen geworden. Wenn das FBI das Ergebnis dieser Wahl beeinflusst, dann beschädigt das unsere Demokratie."
    Nach den düsteren Jahren des Kommunistenfressers J. Edgar Hoover hat sich das FBI einen exzellenten Ruf erarbeitet - dazu gehört auch, dass sich die amerikanische Bundespolizei aus der Politik raushält.
    Standard-Prozedere wäre es gewesen, erst nach den Wahlen und nach dem Vorliegen eines Ermittlungsergebnisses an die Öffentlichkeit zu treten. Das hat auch Justizministerin Loretta Lynch empfohlen, doch der FBI-Chef hat sich über die langjährige politische Praxis und die Bedenken hinweg gesetzt.
    Ermittlung gegen die zwielichtigen Russland-Kontakte Trumps
    Nicht nur das: Über eine Ermittlung gegen die zwielichtigen Russland-Kontakte des republikanischen Kandidaten Donald Trump hat Comey die Öffentlichkeit seit Monaten nicht unterrichtet: Das habe er unter Hinweis auf die heraufziehende Wahl abgelehnt, berichtet die "New York Times" unter Berufung auf Insider: Ein klarer Doppelstandard, so Alan Dershovitz.
    "Justizministerium und FBI können nicht zu den Ermittlungen gegen die Trump-Mitarbeiter schweigen und die E-Mail-Ermittlungen gegen Clinton publik machen. Schweigen ist keine Option mehr für Comey. Entweder erklärt er sich, oder er tritt zurück."
    Das Weiße Haus vermied zunächst eine Stellungnahme.
    "Ich will FBI-Chef Comey weder verteidigen, noch kritisieren", erklärte noch am Montag der Sprecher des Weißen Hauses Josh Earnest und drückte sich vor einer Bewertung. Der gelernte Verfassungsrechtler Obama will nicht nur hier den Eindruck vermeiden, die Politik übe Druck auf die Strafverfolgungsbehörden aus. Doch mit der Zurückhaltung war es gestern vorbei. Zu offensichtlich ist der Schaden für die Wahlkampagne der Demokraten.
    "Es gibt mehrere Rechtsnormen, die vorsehen, dass wir nicht aufgrund von Gerüchten ermitteln. Dass wir nicht auf der Grundlage unvollständiger Informationen an die Öffentlichkeit gehen. Wir ermitteln nicht auf der Grundlage von durchgestochenen Behauptungen und Leaks. Wir orientieren uns an vorherigen Ermittlungen. Und die Schlussfolgerung des FBI, des Justizministeriums und mehrerer Kongress-Untersuchungsausschüsse war, dass Hillary Clinton einen Fehler gemacht hat, aber dass das keine staatsanwaltlichen Ermittlungen rechtfertigt."
    Über die Motive Comeys kann man nur spekulieren, er will sich öffentlich nicht mehr äußern. Er habe den politischen Druck der Republikaner und der Trump-Kampagne nicht ausgehalten, so die demokratische Fraktionschefin Nancy Pelosi. Der Schaden für Hillary Clinton ist angerichtet. Der Enthusiasmus vieler demokratischer Wähler, für Clinton zu stimmen, ist Umfragen zufolge messbar gesunken.