Fußballclub DSG Gladau
Ausschluss wegen rechtsextremer Unterwanderung

Wegen rechtsextremer Vorfälle und Unterwanderung wurde die DSG Gladau vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Der Verein hat sich gegen den Beschluss gewehrt und vorerst Recht bekommen. Gegner halten sich mit Äußerungen zur DSG Gladau und deren Einfluss zurück.

Von Jennifer Stange |
Fußballfeld im Nebel
Gladau darf vorerst weiter in der Kreisliga spielen. Der Verband will den rechtsextrem unterwanderten Verein allerdings ausschließen. (imago / Westend61 / imago stock&people)
Spielt das Wetter mit, dann steht an diesem Wochenende der Karither SV aus Gommern in einer Partie der Kreisoberliga Jerichower Land gegen die Eintracht Gladau auf dem Platz. Bernd Burow, Vorsitzender des Sportvereins Karither ist schnell am Telefon.
Reporterin: Hier ist Jennifer Stange für den Deutschlandfunk Sport, haben sie kurz einen...
Burow: Von wem? 
Reporterin: Deutschlandfunk…das ist Radio
Burow: Ja, was kann ich gegen Sie tun? 
Stange: Sie können auflegen, wenn Ihnen das nicht passt. 
Burow: lacht 
Bernd Burow gehört nicht zu denjenigen im Jerichower Land, die gleich auflegen, wenn die Presse anruft oder schnellstmöglich das Gespräch beenden wollen, sobald klar ist: Es geht um die Causa Sportverein Gladau. Burow, Anfang sechzig, hat eine Meinung und keine Angst, die zu sagen:
"Wir haben keine Probleme mit denen. Wir spielen gegeneinander. So es das Wetter zulässt, werden wir gegen Gladau antreten."
Der Fußballverband Sachsen-Anhalt (FSA) will der DSG Eintracht Gladau genau das verbieten. Der Verein soll wegen Vorwürfen „rechtsextremer Unterwanderung und Gewaltvorfällen“ vom Spielbetrieb und aus dem Verband ausgeschlossen werden. Das gab der Verband Anfang November bekannt. Die DSG Gladau legte beim Verbandsgericht Beschwerde ein und darf bis zur endgültigen Entscheidung des Sportgerichts unter Auflagen weiterspielen. Burow findet das richtig:
"Ich will nicht sagen, dass uns das egal ist, oder dass wir eine rechte Gesinnung akzeptieren. Wir suchen den sportlichen Vergleich. Was die Beteiligten außerhalb des Sport machen, geht uns nichts an und dazu äußern wir uns auch nicht."

Hitlergrüße auf dem Platz?

Sich gut stellen, keinen Streit um Politik anfangen, nicht zu zimperlich sein, wenn man gegen Glaudau antritt, das ist grob Burows Strategie. Horst Rettschlag, Vorsitzender des VfL Gehlen hält es nicht viel anders und trotzdem:
"Ich halte mich da erstmal zurück. Wir haben ungern gegen die gespielt, aber sonst habe ich keine Brutalitäten erfahren oder gesehen."
Angebliche Hitlergrüße auf dem Platz, ein Gegenspieler, der von Gladauer Fans niedergeschlagen worden sein soll. etc.. Auf rund dreißig Seiten hat der FSA Ereignisse wie diese zusammengetragen, die einen Ausschluss des Vereins rechtfertigen sollen. Rettschlag will davon und auch von „rechtsextremen Entgleisungen“, wie er das nennt, nichts mitbekommen haben. Aber:
"Wenn die Meinung eine Art Entgleisung ist, rechtsextremistisch, dann bin ich nicht für solche Entgleisung und das würde ich auch nicht in unserem Verein dulden."

Jagd nach einem Gespenst

Rettschlag ist 85 Jahre alt, ein Mann, der das Ende des Zweiten Weltkrieg erlebt und gesehen hat, wohin der nationalsozialistische Wahn führte. Er ist aufgewachsen und Lehrer geworden in der DDR, der damals verordneten Antifaschismus eine Selbstverständlichkeit für ihn, aber diffus: 
Reporterin: Was ist denn für Sie rechts?
Rettschlag: Wissen Sie, wir sind jetzt keine Meinungsforschung. Ich bin der Auffassung, wir sind bisher eine gesunde Linie im Sport gefahren.
Telefoniert man sich durch die Vereine im Jerichower Land, könnte man glauben, einem Gespenst hinterherzujagen, das der Fussballverband geschaffen hat. Dabei geht die Geschichte schon sehr lange, wie taz-Sportredakteur Johannes Kopp weiß. Im Zentrum steht ein seit Jahren bekannter mutmaßlicher Rechtsextremist und Hooligan und seine Gefolgschaft,
"der schon Ostelbien-Dornburg maßgeblich mitbegründet hat, mit damals 15 anderen dem Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt bekannten Rechtsextremisten. Der Verein wurde verboten."

Übernahme nach Aus in Dornburg

Die Fußballmannschaft des Vereins Ostelbien-Dornburg beschrieb das Magazin Stern 2014 als rechtsextremstes Team Deutschlands. Das Verbotsverfahren scheiterte zunächst und zog sich bis 2016. "Nur ein halbes Jahr später war er dann ja in Gladau am Start", erzählt Kopp.
Die Übernahme in Gladau verlief damals nicht geräuschlos. Der Bürgermeister des 600-Einwohner-Dorfs könnte davon erzählen, doch er will nichts sagen, kenne den Fall zu wenig. Dabei soll er bis zur Übernahme durch die mutmasslichen Rechtsradikalen von Ostelbien-Dornburg selbst führendes Mitglied der DSG Gladau gewesen sein. Bis sich im zweiten Versuch eine Mehrheit für die Aufnahme der Ex-Spieler von Ostelbien-Dornburg gefunden hatte.
Genau das könnte wieder passieren, die mutmaßlichen Neonazis ziehen weiter in den nächsten Verein. Nach Einschätzung des taz-Sportjournalisten Kopp ist auch ein Scheitern des laufenden Verbotsverfahrens nicht ausgeschlossen. Die Beweise seien zum Teil veraltet oder ungeeignet. Sowieso wundert sich Kopp, dass nach Jahren des Wegschauens ein solches Ausschlussverfahren angestrengt wird:
"Meinem Eindruck nach sind die verantwortlichen Akteure da relativ ratlos. Also, sowohl beim Landessportbund als auch beim Fußballverband von Sachsen-Anhalt hat man nicht eine wirkliche Idee. Man hat damals 2016 gesagt, man prüfe auch, ob man einzelne Spieler ausschließen könnte."

Normalisierung rechter Positionen

Das ist offenbar nicht passiert. Offene Fragen lässt der FSA gegenüber dem Deutschlandfunk unbeantwortet. Der Vorsitzende sei stark eingebunden, heißt es aus der Pressestelle des Fußballverbandes Sachsen-Anhalt. Dennoch, dem ehemaligen Innenminister Holger Stahlknecht muss man die Geste der Entschlossenheit, die in dem Ausschlussverfahren liegt, positiv anrechnen. Findet der Sozialwissenschaftler David Begrich aus Magdeburg, der seit Jahren zum Umgang mit rechts in der Region berät. Allerdings würden Law-and-Order-Strategien politische Auseinandersetzung bestenfalls deckeln, aber nicht lösen:
"Deshalb verfolgt diese Entpolitisierung auch so ein bisschen das Ziel, solche Konflikte um Deutungshoheit in Sozialräumen stillzustellen. Das führt eben dazu, dass politisches oder politisch aufgeladenes Konfliktpotential eher entpolitisiert wird aus der Erfahrung heraus, dass  einen bestimmte Formen der konfliktären Auseinandersetzung nicht sinnvoll geführt werden, weil nicht gewonnen werden kann."
Nach dieser Lesart scheint es weniger verwunderlich als vielmehr logisch, dass kaum jemand im Jerichower Land wagt, aus der DSG Gladau eine Kontroverse zu machen, oder längst keine mehr sieht. Genau darin zeige sich eine fortschreitende Normalisierung rechter Positionen, so Sozialwissenschaftler Begrich.