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Eishockey
Weißrussland vor der WM

Die kleine Oppositionsbewegung in Weißrussland bekommt derzeit die Allmacht der autoritären Lukaschenko-Regierung zu spüren. Das Land ist vom 9. Mai an Gastgeber der Eishockeyweltmeisterschaft. Proteste und Demonstrationen sollen das sportliche Großereignis nicht stören. Mit mehr als 20.000 Eishockeyfans aus dem Westen rechen die Organisatoren.

Von Anja Schrum und Ernst-Ludwig v. Aster |
    Drei Arbeiter schreiben in der Chizhovka-Arena eine Treppe fest. Die Multifunktionshalle ist einer der Austragungsorte der Eishockey-WM 2014.
    Noch ein paar Schrauben festdrehen, ein paar Oppositionelle verhaften: Die Vorbereitungen für die Eishockey-WM in Minsk laufen auf Hochtouren. (picture alliance / dpa / Tatyana Zenkovich)
    Ein Kleinbus rollt über die Clara-Zetkin-Straße, im Zentrum von Minsk. Tatjiana Kaminskaya sitzt hinter dem Fahrer, hält das Mobiltelefon in der Rechten. Blickt immer wieder aufs Display.
    "Es ist das erste Mal, dass Minsk Gastgeber für so eine große Veranstaltung ist. Wir haben noch nie so viele Leute auf einmal in unserer Stadt gehabt. Natürlich sind wir da aufgeregt. Wir erwarten 20.000 Besucher oder sogar mehr."
    Tatjana Kaminskaya lächelt etwas unsicher. Sie arbeitet für Centerkurort – den staatlichen Reiseveranstalter in Weißrussland. Er vertreibt die Tickets für die Eishockeyweltmeisterschaft und organisiert Unterkünfte für die Fans.
    Die Eishockey-WM ist das erste sportliche Mammutereignis in der jungen Geschichte Weißrusslands. Ein Erfolg, für den sich der autoritäre Präsident Alexander Lukaschenko feiern lässt. Politische Gefangene, Wahlfälschungen, Todesurteile - wegen andauernder Menschenrechtsverletzungen darf der Präsident, genauso wie mehr als 200 seiner Gefolgsleute, seit Jahren nicht in die EU einreisen. Nun darf er die die Weltmeisterschaft im eigenen Land ausrichten.
    Das Fan-Dorf ist voll
    Nach knapp 20 Minuten holpert der Wagen über einen Sandweg in eine der Satelliten-Siedlungen namens "Drushba", das heißt: Freundschaft.
    "Für die ersten Tage vom 9 bis 11. Mai, haben wir schon tausende von Buchungen. Das Fan-Dorf ist komplett ist ausgebucht. Die Gäste kommen vor allem aus Russland und Lettland. Die Leute wollen unser Land und ihre Verwandten besuchen. Und sie wollen nicht viel Geld zahlen."
    Leuchtend weiß ragen drei 13-Geschosser in die Höhe, ein dunkelorangener Zierstreifen setzt Farbakzente zwischen dem dritten und vierten Stock. Das "Fan-Dorf" für die Eishockey-WM.
    In der Pförtnerloge wartet eine stämmige Mittfünfzigerin, vor sich ein Mobiltelefon und ein großes Schlüsselbund. Frau Swetlana, die Chefin des Wohnheims. Zur Zeit leben hier noch mehr als tausend Studenten.
    "Natürlich werde ich bei der WM im Einsatz sein. Wir sind alle im Einsatz. Und ich als Chefin werde bestimmt alle drei Schichten an allen 17 Tagen übernehmen. Man hat mir gesagt: Du brauchst gar nicht nach Hause zu gehen, du kannst gleich hierbleiben", sagt sie und lacht.
    Ausquartierte Studenten
    Eine 20-Jährige bleibt vor einer Stelltafel in der Mitte des Raumes stehen, überfliegt die Aushänge.
    "Wir müssen alle hier ausziehen. Und werden auf andere Studentenwohnheime verteilt. Und da sind die Bedingungen meist schlechter. Man hat uns angeboten, als Touristenbegleiter oder an den Rezeptionen zu arbeiten... Es gibt da noch eine Informationsveranstaltung zu den Arbeitsbedingungen."
    5.000 Fans sollen während der WM in den drei Blöcken wohnen. Wenn die Studenten ausgezogen sind. Die resolute Chefin des Wohnheims nickt – sie ist darauf vorbereitet.
    "Das ist doch ein Super-Ereignis für unser Land. Und es ist wie unser Präsident Lukaschenko gesagt hat: Zum ersten Mal haben wir die Möglichkeit, die ganze Welt zu uns nach Hause als Gäste einzuladen. Da können wir zeigen, wer wir sind und wie wir sind. Keine Sorge, das werden wir schon überstehen."
    Vorbereitung ist alles – weiß die altgediente Wohnheimchefin. Und das gilt vor der Weltmeisterschaft auch für die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Die verhafteten in der vergangenen Woche einige junge Oppositionelle. Unter anderem den Chef der Malady Front, Dimitrij Dashkevitch. Der hatte für die Zeit der Weltmeisterschaft Proteste angekündigt. Und muss nun für 25 Tage ins Gefängnis.