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Endlager gesucht

Vor zweieinhalb Jahren rollten die vorerst letzten Castoren durchs Wendland zum Zwischenlager Gorleben. Am Mittwoch befasst sich das Bundeskabinett mit dem Entwurf für das sogenannte Endlagersuchgesetz, mit dessen Hilfe nach Alternativen zum Salzstock gesucht werden soll.

Von Christel Blanke, Michael Brandt und Axel Schröder | 23.04.2013
    Der grelle Lichtkegel eines Polizeihubschraubers sucht den Wald ab, Lagerfeuer spenden Wärme. Junge und alte Menschen sitzen auf Gleisen. Es ist dunkel, bei Temperaturen knapp unter null Grad. Im November 2011 blockierten 4000 Protestierer in einem Waldstück im Wendland die Gleise, über die zwölf Castorbehälter beladen mit radioaktivem Müll das Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben erreichen sollten. 2000 Polizisten standen bereit, um die Blockierer wegzutragen. Erst behutsam, später ruppig:

    Szenen wie diese haben sich tief eingeprägt ins kollektive Gedächtnis: Seit 1996 gab es elf Castor-Transporte ins Zwischenlager nach Gorleben. Insgesamt waren rund 200.000 Polizisten im Einsatz.

    Rückblende: Widerstand im Wendland gibt es seit mittlerweile fast vier Jahrzehnten. Es begann mit den heute wahnwitzig anmutenden Atompläne der niedersächsischen Landeregierung unter Ernst Albrecht: Im Landkreis Lüchow-Dannenberg sollte ein nukleares Entsorgungszentrum entstehen: eine Wiederaufbereitungsanlage, eine Brennelementefabrik, dazu ein Zwischenlager für abgebrannte Brennstäbe, eine passende Verpackungsanlage für Atommüll und – als Lösung für die massiven Entsorgungsprobleme Ende der 70er-Jahre – ein unterirdisches Endlager. Ministerpräsident Albrecht versprach der strukturschwachen, östlichsten Region Niedersachsen 3000 Arbeitsplätze. Doch schon 1978 versammelten sich rund 100.000 Demonstranten in Hannover, um gegen die Pläne der Regierung zu protestieren.

    "Mein lieber Herr Albrecht! Überlegen sie sich gut, ob sie das riskieren wollen! Wenn wir uns mal alle hier so auf unsere Straßen setzen, wenn sie bei uns anrücken – glaubt ihr, dass sie uns wegkriegen? – [Nein]"

    Die Idee eines nuklearen Entsorgungszentrums wurde aufgegeben, weil sie politisch nicht durchsetzbar war. An den Plänen für ein Zwischen- und Endlager aber hielt man fest: Bautrupps rückten nahe der Gemeinde Gorleben an, es gab erste Tiefbohrungen, Waldstücke wurden gerodet.
    Heute zieht sich ein sieben Kilometer langes Stollensystem durch den Salzstock Gorleben. In 840 Meter Tiefe ist einer von neun geplanten Bereichen zur Lagerung radioaktiver Abfälle bereits erkundet. Diese Erkundungs-Arbeiten ruhen seit vier Monaten - auf unabsehbare Zeit.

    Über Tage ragt ein Förderturm in die Höhe. Ein paar Hundert Meter entfernt stehen – streng bewacht – in einer oberirdischen Halle bereits 113 Stahlbehälter mit radioaktivem Müll. Daneben wurde für rund 500 Millionen Euro eine sogenannte Konditionierungsanlage gebaut, in der strahlende Inhalt der Castoren endlagergerecht verpackt werden soll. Doch bis zum heutigen Tag gibt es Zweifel daran, ob sich der Salzstock wirklich als Endlagerstätte eignet. Denn radioaktiver Müll muss für eine Million Jahre sicher eingeschlossen werden. Geologen haben jedoch Gesteinsschichten im Salzstock gefunden, durch die Wasser eindringen könnte.

    Zweieinhalb Jahre ist es her, dass Castoren durchs Wendland rollten. Es sollen – vorläufig jedenfalls - die Letzten gewesen sein, die ins Zwischenlager Gorleben gebraucht worden sind. Morgen befasst sich das Bundeskabinett mit dem Entwurf für das sogenannte Endlagersuchgesetz, mit dessen Hilfe nach Alternativen zum Salzstock gesucht werden soll. Noch sind die Menschen im Wendland skeptisch, denn noch ist Gorleben nicht aus dem Rennen. Darauf weist Rebecca Harms hin. Die Abgeordnete der Grünen im Europäischen Parlament hat den Widerstand von Anfang an mitgeprägt:

    "Es ist völlig klar, dass für die Lüchow-Dannenberger dieses Gesetz noch nicht der Beginn eines neuen Vertrauens sein kann. Die Enttäuschung darüber, dass Gorleben weiter im Verfahren bleibt, die Enttäuschung darüber ist riesig. Wenn es Vertrauen geben soll, dann ist es noch ein weiter Weg dorthin."

    Immerhin – eine erste Etappe ist geschafft. Am 09. April steht der Kompromiss: Nach anderthalb Jahren Verhandlungen - zunächst flüssig, dann stockend - einigen sich Bund, Länder, Union, FDP, SPD und Grüne darauf, dass die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll von vorne beginnen soll.

    Gabriel: "Wenn uns jemand vor 20 Jahren gesagt hätte, da stimmt auch die CDU zu, das hätten wir ins Reich der Fantasie und der Illusionen verwiesen."

    Altmaier: "Es bietet die Chance, dass wir das letzte große strittige Thema im Zusammenhang mit der friedlichen Nutzung der Kernenergie in einem parteiübergreifenden Konsens lösen."

    Trittin: "Wir machen mit diesem Gesetz den Ausstieg aus der Atomenergie vollständig, und wir sorgen auch dafür, dass die falsche Festlegung, die nicht nach sachlichen Kriterien erfolgt ist, in Gorleben überwunden wird."

    Sigmar Gabriel, Jürgen Trittin und Peter Altmaier, zwei ehemalige und der aktuelle Bundesumweltmister, sind äußerst zufrieden. Bis 2031 soll ein Standort gefunden sein. Gesucht wird bundesweit und ergebnisoffen. Jede Region, jede Gesteinsart soll mit einbezogen werden. Ausnahmslos, so der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann:

    Kretschmann: "Der Kompromiss war, dass Gorleben im Suchverfahren bleibt, aber dass entschieden darauf geachtet werden muss, dass Gorleben kein Referenzstandort ist, sondern dass wir eine weiße Landkarte haben, dass wir den Prozess so angehen, als ob es Gorleben überhaupt nicht gäbe."

    Daran wäre der Kompromiss am Ende fast noch gescheitert. Denn SPD und Grüne in Niedersachsen hatten im Wahlkampf versprochen, sich gegen Gorleben als Teil der Suche auszusprechen. Doch Union und FDP hätten das nicht mitgemacht. Der Preis für die Zustimmung von Rot-Grün in Hannover ist nun ein unvollständiges Gesetz. Wenn es, wie geplant vor der Sommerpause im Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird, werden wesentliche Details fehlen. Eine Bund-Länder-Kommission soll diese Detailfragen erst in den kommenden zwei Jahren ausarbeiten. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, SPD:

    Weil: "Aufgabe dieser Kommission sind die Beratung und Klärung grundlegender Fragen, die mit der Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe verbunden ist."

    Wie wird gelagert: Soll der Müll jederzeit wieder aus dem Endlager herausgeholt werden können oder nicht? Wo wird gelagert: in Salz, Granit, Ton oder gar über der Erde? Welche sicherheitstechnischen Anforderungen müssen beachtet werden? Wie viele Standorte werden überirdisch verglichen, wie viele unterirdisch? Und welche? All diese Fragen soll die Kommission klären. Besetzt werden soll sie mit 24 Persönlichkeiten, so Bundesumweltminister Peter Altmaier, CDU:

    "Zwölf davon Abgeordnete des Deutschen Bundestages und Vertreter von Landesregierungen. Im übrigen Wissenschaftler, Umweltverbände, Arbeitgeber, Gewerkschaften und auch die Kirchen. Wir werden in dieser Kommission ein breites Mandat haben."

    Allerdings kein Verbindliches. Die endgültige Entscheidung trifft das Parlament. Der ehemalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin ist zuversichtlich, dass die Abgeordneten in zwei Jahren die Vorschläge des Gremiums übernehmen werden. Zuversichtlich, obwohl er in seiner Amtszeit auch schon einmal von einer Kommission Kriterien für eine Endlagersuche hatte erarbeiten lassen; Vorschläge, die nach dem Regierungswechsel 2005 allerdings wieder in der Schublade verschwanden:

    Trittin: "Wir holen mit diesem Gesetz die Endlagersuche aus den Hinterzimmern und den kleinen Verabredungen raus, die beispielsweise die Geschichte Gorlebens seit 35 Jahren geprägt hat. Alle wesentlichen Entscheidungen dieses Gesetzes, die werden künftig auf der offenen Bühne, nämlich der Bühne des Deutschen Bundestages und des Bundesrates durch den gewählten Souverän dieses Landes entschieden werden."

    Mit diesem Verfahren werde der zweite Schritt vor dem Ersten gemacht, kritisieren dagegen Umweltverbände. Das Gesetz dürfe erst verabschiedet werden, wenn die Kommission ihre Arbeit abgeschlossen hat, lautet die Forderung. Dass der Souverän die Vorschläge, die in der Kommission mit zwei Drittel Mehrheit beschlossen werden sollen, ignorieren könnte, glaubt wie Trittin auch Umweltminister Peter Altmaier nicht:

    "Es ist so, dass diese Enquete-Kommission durch ihre politische Autorität wirken wird. Und wenn sie zu guten Ergebnissen kommt, nach guter Beratung, dann wird es ganz schwer sein, davon abzuweichen."

    Es soll ein transparentes Verfahren sein. Die Kommission wird öffentlich tagen. Und auch die Klagemöglichkeiten der Bevölkerung sollen nicht eingeschränkt werden. Man werde, versichert der CDU-Minister, den Wunsch Niedersachsens aufgreifen.

    Altmaier: "Dafür Sorge zu tragen, dass ab Beginn der untertägigen Erkundung, die verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten sichergestellt sind."

    Unklar ist, wie die neue Endlagersuche finanziert werden wird. Laut Atomgesetz müssen die Betreiber der Atomkraftwerke die Kosten für den notwendigen Aufwand tragen - also RWE, Eon, Vattenfall und EnBW. Darauf verlässt sich die Politik. Doch das deutsche Atomforum, der Lobbyverband der Branche, weist darauf hin, dass schon 1,6 Milliarden Euro für Gorleben investiert wurden, und erklärt:

    "Für die Übernahme zusätzlicher Kosten durch die Betreiber infolge alternativer Standorterkundungen vor einer abschließenden Bewertung zur Eignung Gorlebens gibt es nach unserer rechtlichen Auffassung keine Grundlage."

    Es geht möglicherweise um weitere zwei Milliarden Euro. Am Mittwoch will der Bundesumweltminister mit den Betreibern darüber verhandeln.

    Zwei Jahre ist es her, dass Bewegung in die Endlagersuche kam. Kurz vor seiner Wahl zum ersten grünen Ministerpräsidenten erklärte sich Winfried Kretschmann bereit, auch in Baden-Württemberg nach einem Endlager für deutschen Atommüll suchen zu lassen. Für ihn eine logische Folge aus der Auseinandersetzung um Stuttgart 21:

    "Wenn schon ein unterirdischer Bahnhof solche Konflikte hervorruft, war mit klar, ein atomares Endlager zu suchen, zu finden und irgendwann auch zu bauen ist nicht möglich ohne einen nationalen Konsens."

    Hintergrund für Kretschmanns Mahnung ist: Der damalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen hatte einige Monate zuvor den von Rot-Grün im Jahr 2000 verhängten Erkundungsstopp für Gorleben wieder aufgehoben. Was zu neuen Protesten im Wendland führte. Nun nimmt der CDU-Politiker den Ball des Grünen auf und organisiert gemeinsam mit Kretschmann den Neustart der Endlagersuche. Am 11. November 2011 lädt Röttgen Vertreter aller Bundesländer zu einem Gespräch ins Bundesumweltministerium ein. Und alle kommen:

    "Allein diese Tatsache ist etwas besonders, weil es zur Frage der nationalen Verantwortung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle seit 35 Jahren ein solches Bund-Länder-Gespräch nicht gegeben hat."

    Auch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Bund und Länder setzen eine Arbeitsgruppe ein, die ein Gesetz für den Neustart der Endlagersuche ausarbeiten soll. Damals war noch David McAllister Ministerpräsident in Niedersachsen:

    "Unser gemeinsames Ziel ist, ein Endlagersuchgesetz im Entwurf bis zum Sommer 2012 auf den Weg zu bringen."

    Zunächst liegen die Verhandlungen im Zeitplan. Die Arbeitsgruppe kommt gut voran. Am 24. April 2012 - inzwischen sind auch die Bundesfraktionen von SPD und Grünen in Gestalt der beiden ehemaligen Umweltmister Gabriel und Trittin an den Gesprächen beteiligt - sieht alles nach einem baldigen Abschluss aus. Vor allem vier Punkte müssen zu diesem Zeitpunkt noch geklärt werden: Wie geht es weiter mit Gorleben, werden die Kriterien für die Suche ins Gesetz geschrieben oder erst später entwickelt, wie viele Standorte sollen unterirdisch erkundet werden und wer organisiert die Suche? Der Konsens ist zu greifen, sagt Röttgen an diesem Tag wörtlich und auch Trittin ist zuversichtlich:

    "Wir werden einen nächsten Termin machen und bei diesem Termin sehen wie eine Chance für eine Einigung."

    Doch diesen Termin gibt es zunächst nicht. Im Mai 2012 verliert Norbert Röttgen als Spitzenkandidat der CDU die vorgezogene Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen und muss den Posten als Bundesumweltminister räumen. Sein Nachfolger Peter Altmaier glaubt an ein Gesetz noch im laufenden Jahr und führt Gespräche mit allen Beteiligten. Im Juni lädt er Gabriel und Trittin sogar in seine Berliner Altbauwohnung ein, um die Verhandlungen voranzutreiben. Doch Gespräche in großer Runde gibt es nicht mehr, stattdessen Streit: SPD und Grüne werfen dem CDU-Minister vor, eine Lösung zu verzögern. Vor allem um die Frage, wer soll für die Suche zuständig sein, gibt es Zwist. Altmaiers Vorgänger Röttgen wollte ein wissenschaftliches Institut dafür schaffen; die Opposition das BfS, das Bundesamt für Strahlenschutz, damit beauftragen. Am Ende wird es nun zwei Behörden geben: Das BfS sucht und erkundet potenzielle Standorte. Und eine neue Regulierungsbehörde überwacht das Ganze.

    Auch Trittin und Gabriel bläst zeitweilig ein scharfer Wind entgegen. Parteifreunde fühlen sich übergangen. Die SPD hatte auf einem Parteitag beschlossen: Eine neue Suche darf es nur ohne Gorleben geben, was ihr Vorsitzender Gabriel schlicht ignoriert. Die Grünen in Niedersachsen beklagen intransparente Verhandlungen. Stefan Wenzel, damals Chef der grünen Fraktion in Hannover, schreibt in einem Brief an die Parteispitze:

    "Vor diesem Hintergrund sehen wir mit großer Sorge, dass Bundesvorstand und Bundestagsfraktion (…) nun eine Beschleunigung des Gesetzgebungsprozesses betreiben, ohne dass glaubwürdige und substanzielle Vorschläge zur Beteiligung der Zivilgesellschaft vorliegen oder geplant sind."

    Als dann die Landtagswahl in Niedersachsen Ende Januar näher rückt, liegen die Verhandlungen endgültig auf Eis. SPD und Grüne wollen das Thema aus dem Wahlkampf heraushalten, Altmaier lässt sich darauf ein. Die abschließende Verhandlungsrunde wird auf das Frühjahr vertagt.

    Im Salzstock Gorleben wird derweil nicht weiter gearbeitet. Ende November des vergangenen Jahres hat Altmaier erklärt:

    "Diese Erkundungsarbeiten werden von jetzt an im Vorgriff auf eine Konsenslösung ruhen. Jedenfalls bis zur Bundestagswahl, und ich hoffe, darüber hinaus."

    Die Landtagswahl führt zum Regierungswechsel in Niedersachsen. SPD und Grüne in Hannover fordern noch einmal den Ausschluss Gorlebens und scheitern damit. Stattdessen wird die Bund-Länder-Kommission ersonnen, und es soll keine Castortransporte mehr ins Wendland geben, um Niedersachsen zu entlasten.

    Als Erster erklärt sich Robert Habeck, der grüne Umweltminister in Schleswig-Holstein, dazu bereit, einige der 26 Behälter mit deutschem Atommüll, die ab 2015 aus Frankreich und Großbritannien zurück erwartet werden, in seinem Bundesland zwischenzulagern. Vor der abschließenden Verhandlung am 9. April hofft der Minister noch, dass auch andere Länder sich solidarisch zeigen:

    "Es wäre sozusagen ein Kuhhandel, wenn man sagt, mit dem Atomklo Gorleben hören wir auf und machen daraus das Atomklo Schleswig-Holstein oder Brunsbüttel."

    Doch außer Winfried Kretschmann bewegt sich kein Ministerpräsident. Außer Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg scheint kein Bundesland bereit zu sein, Castoren auf dem Gelände seiner Atomkraftwerke zwischenzulagern. Habeck zeigt sich gegenüber dem NDR enttäuscht:

    "Ich fahr auch mit einer gewissen Verbitterung nach Hause wie hart die Länderegoismen doch durchgehen. Eigentlich fasse ich’s nicht."

    Eigentlich lebt Philippsburg - 30 Kilometer nördlich von Karlsruhe - seit 1979 gut mit der Atomkraft. Die EnBW verdiente jahrzehntelang gutes Geld mit den beiden Reaktoren am Ort – wovon über die Gewerbesteuer auch die Gemeinde profitierte. Das sieht man dem Städtchen auch an: Hinter dem historischen Rathaus schließt sich ein großzügiger Neubau an, die Sportvereine trainieren in modernen Hallen und der Marktplatz vor der Kirche ist gepflegt.

    "Ja sind die Befürchtungen halt da, dass noch mehr Castoren kommen von England oder von Frankreich und dass das Ding irgendwann voll ist und es nicht mehr reicht für den eigenen Dreck","

    sagt ein Herr, der im Eiscafé am Marktplatz sitzt. Von Kretschmanns Vorschlag, fünf Castoren aus La Hague, die ursprünglich nach Gorleben sollten, in Philippsburg zu parken, haben die meisten Menschen hier gehört. Verständnis dafür haben sie nicht:

    ""Ich bin ganz dagegen, weil wir schon überfordert sind, mit dem, was jetzt schon ist. Das wär‘ zu viel. ...Das darf nicht sein. Den eigenen Dreck behalten wir, aber den fremden nicht!"

    So sieht es auch Bürgermeister Stefan Martus. Das Zwischenlager am Standort habe man vor zehn Jahren zähneknirschend hingenommen. Und zwar, das betont der CDU-Politiker, weil die Politik den Bürgern damals eine begrenzte Lagerung nur von Atommüll aus Philippsburg zugesichert habe. Gegen die neuen Pläne der Landesregierung kündigt er zivilen Ungehorsam an.

    "Ich gehe mal davon aus, dass sowohl das antragsbedingte Genehmigungsverfahren mit Demonstrationen begleitet wird, als auch der Transport."

    Seine Parteifreunde im Stuttgarter Landtag weiß der Bürgermeister wohl hinter sich. Auch CDU-Fraktionschef Peter Hauk lehnt eine erweiterte Zwischenlagerung am Kernkraftwerk Philippsburg ab. Wie Bundesumweltminister Peter Altmaier auf die Haltung seiner baden-württembergischen Parteifreunde reagieren wird, bleibt abzuwarten. Landesumweltminister Franz Untersteller von den Grünen jedenfalls schüttelt nur den Kopf:

    "Wir reden über fünf Behälter mit mittelradioaktiven Abfällen. Und ich würde doch darum bitten, dass man da ein wenig abrüstet und wieder zu einer sachlichen Diskussion zurückfindet. Es gibt die Riesenchance, einen Konsens in der Endlagerfrage hinzukriegen. Und die Frage der zurückkehrenden Castoren aus Sellafield und La Hague ein Teil. Und es wäre wirklich leichtfertig, sich der Lösung hier zu verweigern."