Von weitem sieht er aus wie ein riesiger See, glitzernd blau, in der sengenden Hitze der Wüste Ägyptens reicht er bis zum Horizont. Benban – er gilt mit 37 Quadratkilometer als der größte Solarpark Afrikas und wird in Werbevideos gefeiert: Rund sechs Millionen Solarpaneele reihen sich hier nahe der oberägyptischen Stadt Assuan aneinander. Mit einer Stromerzeugung von rund 1,6 Gigawatt – also mehr als ein deutsches Atomkraftwerk leistet - nennt sich Benban eine der größten Photovoltaik-Anlagen der Welt – und könnte noch weiter ausgebaut werden.
"Ein sehr wichtiges Projekt für Ägypten!" Anton Milner, Chef der deutschen Solar-Projekt-Firma IBVogt, hat den Solarpark mitgebaut. "Als wir das erste Mal dorthin kamen, gab es da nichts außer Weite – und ein paar markierte Parzellen. Und daraus sollten wir erneuerbare Energie machen. Und es gab viel Sonne – die vielleicht größte Herausforderung war, bei 55 Grad zu arbeiten. Das ging nur am Abend, in der Nacht. Dass wir es geschafft haben, ist ein erfüllendes Gefühl. Und man kann Benban sogar aus dem Weltall sehen, von den Sternen. Auf Satellitenbildern!"
Ägypten plant weitere Großprojekte – mehrere Gigawatt Solarenergie innerhalb der nächsten fünf Jahre, so das ehrgeizige Ziel. Dazu kommen Windenergie, Wasserkraft und grüner Wasserstoff. Setzt das bevölkerungsreichste Land des Nahen Ostens zunehmend auf erneuerbare Energien?
Kommerz oder Klimaschutz?
"Ägypten hat auf jeden Fall ein großes Potenzial im Bereich erneuerbare Energien und es hat auch einen politischen Willen, erneuerbare Energie auszubauen." Richard Probst von der Friedich-Ebert-Stiftung in Kairo. "Es gibt natürlich, wie in vielen Ländern der Welt, ein Auseinanderklaffen zwischen strategischem Anspruch und den gesetzten Ziel und der Realität on the ground, wie man so schön sagt."
Geht es nur um Kommerz – und gar nicht um Klimaschutz? Sind die Solarparks vielleicht sogar bloß Teil einer grünen Image-Kampagne, um im internationalen ökologischen Mainstream mit zu schwimmen – Stichwort das sogenannte „Greenwashing“? Wie weit kann ein Land wie Ägypten, das bislang mit fossilen Ressourcen wie Naturgas Geld verdient, ernsthaft umsatteln auf erneuerbare Energien?
In der Innenstadt von Ägyptens Metropole Kairo ist an einem Freitag ein ganzer Park zur Zukunftswerkstatt geworden. Am ägyptisch-europäischen Energie-Tag, gesponsert von der EU, basteln Kairoer Kinder Mini-Windräder, Startups präsentieren ihre Ideen, auf der Bühne feiern Politiker die bevorstehende Energiewende – inshallah, wie man hier sagt, so Gott will.
Ägypten will sich grünen Anstrich geben
Ahmed Mahina, Unterstaatssekretär für Strategische Planung im ägyptischen Elektrizitäts- und Energieministerium: "Ägypten gilt als Pionier im Bereich der erneuerbaren Energien, weil wir schon so viel erreicht haben. Unser ambitioniertes Ziel ist, dass spätestens im Jahr 2035 42 Prozent unserer Energie aus Erneuerbaren kommt. Wir haben bereits ein Etappenziel erreicht, dass mittlerweile 20 Prozent der maximalen Höchstlast aus erneuerbaren Energien in Ägypten stammt."
Ägypten will sich einen grünen Anstrich geben – vor allem angesichts des Weltklimagipfels, der COP27, die in diesem Jahr im ägyptischen Sharm el-Sheikh stattfindet. Zwischen großen Plänen und der Realität klafft jedoch eine beachtliche Lücke: Wie viel Energie tatsächlich bereits aus Erneuerbaren kommt, darüber existieren unterschiedliche Zahlen.
Von dem gesetzten Ziel von 42 Prozent in wenigen Jahren sei Ägypten bei der alltäglichen Stromerzeugung noch weit entfernt, sagt Julia Terrapon-Pfaff vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, die kürzlich in Zusammenarbeit mit der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie über Ägyptens Energiewandel veröffentlicht hat. "Wenn wir das vom prozentualen Anteil an der Stromerzeugung anschauen, dann liegen wir da bei ungefähr 12 Prozent im Moment. Wobei man sagen muss, dass davon ungefähr sieben Prozent Wasserkraft sind und die restlichen fünf Prozent Solar und Windenergie, die neu dazu gebaut worden sind."
Beobachter sagen: Erschreckend wenig dafür, dass die Sonne in Ägypten fast das ganze Jahr scheint. "Bringen Sie mich bitte nicht zum Weinen. Ich bin sehr, sehr traurig, dass wir noch nicht weiter sind im Bereich Erneuerbare. Ich habe mehrere Situationen erlebt, in denen wir in der Vergangenheit eine dramatische Strom-Unterversorgung hatten, sogar in Krankenhäusern. Ich habe immer gesagt, wenn wir auf das gehört hätten, was vor 20, 30 ,40 Jahren gesagt wurde, gäbe es diese Probleme nicht mehr", sagt Adel Bishara, ägyptischer Energieexperte.
Terrapon-Pfaff: "Ägypten nutzt immer noch größtenteils Erdgas zur Stromerzeugung und auch der Erdgas- und insgesamt der fossile Verbrauch steigt in Ägypten weiter an. Das heißt, im Moment ersetzen erneuerbare Energien noch keine fossilen Rohstoffe in Ägypten. Der Energieverbrauch in Ägypten steigt natürlich stark an im Vergleich zum europäischen System."
Rasantes Bevölkerungswachstum
Die Bevölkerung in Ägypten wächst rasant – liegt bei mehr als 100 Millionen Menschen –, und jedes Jahr kommen etwa zwei Millionen dazu. Sie alle brauchen Strom. Und aufgrund der schlechten Isolierung der Häuser verschwindet im Sommer die kühle Luft der Klimaanlagen und im Winter die Wärme durch Elektroradiatoren zum guten Teil ins Freie – ökologisch gesehen katastrophal. Dazu kommen Energieverluste in den Netzen durch Umspannung und Stromverteilung von rund 15 Prozent , selbst in den stabilen Ländern des Nahen Ostens. Eine Region braucht viel Strom – und könnte es durch den strahlenden Sonnenschein so einfach haben. Zwischen den Ständen bummelt Maged Barakat und hat einen Stapel Broschüren unter dem Arm. Der Familienvater aus Shubra, einem ärmeren Viertel Kairos, überlegt, auf dem Dach seines Hauses eine Solaranlage einzurichten.
Maged Barakat, Anwohner: "Ich lebe im obersten Stock, die Sonne trifft direkt unsere Zimmerdecke. Ich kann nicht auf die Klimaanlagen verzichten, da meine Töchter sensible Haut haben und die Hitze nicht vertragen. Deshalb ist die Klimaanlage immer an und unsere Stromrechnung ist sehr hoch. In Sachen Solar weiß ich nur nicht, wo ich anfangen soll, wen ich fragen kann. Aber ich denke wirklich darüber nach, Solarpaneele auf mein Dach zu bauen."
Doch genau das – lokale Stromgewinnung durch Erneuerbare – sei in Ägypten immer noch selten, bedauert Energie-Experte Adel Bishara. Das Problem: Langjährige Subventionen auf die Stromrechnung.
Bishara: "Die Subventionen haben die erneuerbaren Energien getötet. Denn Energie war sehr billig. Niemand interessiert sich für Erneuerbare, niemand interessiert sich dafür, Energie zu sparen. Warum auch – sie ist ja billig. Wir haben versucht, dieses Image ein bisschen zu verändern, die Subventionen werden gekürzt. Das öffnet Erneuerbaren die Tür. Das beste Beispiel sind solare Warmwasseranlagen. Es ist doch ein Verbrechen! Es ist ein Verbrechen, in Ägypten Strom zu nutzen, um Wasser auf 40, 50 Grad zu erwärmen. Die Elektrizität wird kompliziert erzeugt. Dabei musst du in Ägypten doch nur eine Flasche auf den Balkon stellen und du hast 70 Grad warmes Wasser. Das ist doch verrückt."
Nur wenige Dächer mit Solaranlagen
Auch wenn die Subventionen jetzt Stück für Stück gekürzt werden: Bei einer Fahrt durch Kairo entdeckt man nur wenige Wohnhäuser, auf deren Dächern Solarzellen glitzern. Beobachter sagen: Starke Regularien machen es Bewohnern teilweise schwer, auf Solar umzusteigen, gerade bei Mehrfamilienhäusern.
Dazu kommt, dass es sich finanziell für viele immer noch nicht lohne, sagt Professor Mohammed Sobkhi, ehemaliger Chef der ägyptischen Behörde für erneuerbare Energien. "Finanziell attraktiv ist eigener Solarstrom nur, wenn die Stromrechnung mehr als 1.500 Pfund (umgerechnet mehr als 75 Euro) im Monat beträgt. Nur dann lohnt es sich. Das betrifft in Ägypten etwa 200.000 Verbraucher. 200.000 – von 37 Millionen Endnutzern. Und durch viele Regularien sind manche Verbraucher verwirrt. Ins Netz einzuspeisen lohnt sich auch nicht, damit kann man kein Geld verdienen als Haushalt. Wenn, dann muss man die Photovoltaikanlage so planen, dass sie genau die Bedürfnisse abdeckt."
Einer der wenigen, der diesen Schritt gewagt hat, ist Hussein ElKheshen mit seiner Frau. Das frisch verheiratete Paar aus reichem Elternhaus hat gerade eine neue Wohnung in einem Compound außerhalb Kairos bezogen, alles ist vom Feinsten. Eine Solaranlage auf dem Dach – für Hussein eine Geldanlage aus Überzeugung. "Es ist eine Investition. Die Rückzahlung dauert fünf Jahre – danach haben wir quasi keine Stromkosten mehr. Für uns ist das attraktiv. Viele Bekannte waren skeptisch, haben mir gesagt, das ist doch zu teuer, nicht effektiv. Aber jetzt fangen sie auch an, drüber nachzudenken."
Armut und Energiewende
Doch gerade der Großteil der riesigen ägyptischen Bevölkerung – die hart arbeitende Mittelschicht und Unterschicht in den ärmeren Vierteln Kairos – hat momentan noch keinen Anteil an der Energiewende. Eine Solaranlage könnten sie sich ohne Hilfe niemals leisten. Sie haben andere Sorgen. Rund ein Drittel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze, das sind mehr als 30 Millionen Ägypter. Sie hausen teilweise unter menschenunwürdigen Bedingungen in übervölkerten Stadtvierteln, im Smog der Millionenmetropole, die Straßen voller Müll, die Luft so schmutzig, dass Wissenschaftler bereits beklagen, dass sogar die Leistungsfähigkeit von möglichen Solaranlagen durch die Feinstaubbelastung herabgesetzt würde. Denn in den Kraftwerken werden Diesel, Gas und Kohle verbrannt. Und auf den Straßen Kairos erstickt man im Ruß alter Autos. Umso wichtiger wäre eine wirklich saubere Energiegewinnung – doch die individuelle Energiewende auf dem Hausdach bleibt aus.
Stattdessen setzt Ägypten vor allem auf nationale Großprojekte – staatlich gesteuert: Solarparks, Windräder, Wasserstoff-Projekte. Es geht um grünes Prestige, wie viele Beobachter sagen – und um den Export.
Denn für den Eigenbedarf hat Ägypten die neuen Stromquellen bislang gar nicht nötig – Ägypten produziert hauptsächlich durch fossile Energien mehr Strom, als das Land verbraucht. Sagt Richard Probst von der Friedich-Ebert-Stiftung in Kairo: "Ägypten hat momentan eine Elektrizitäts-Überkapazität. Das heißt es wird hier mehr Elektrizität produziert, als eigentlich verbraucht werden kann. Das liegt daran, dass es keine Netzanbindung innerhalb der Region gibt. Es liegt daran, dass große Projekte, beispielsweise die Siemens-Gasanlagen, ans Netz gegangen sind. Es gibt ein Projekt zum Ausbau von Nuklearenergie. Es gibt also viele Bereiche, viele Projekte im Bereich von Energie-Produktion, die dazu führen, dass es für privatwirtschaftliche Unternehmen vielleicht finanziell nicht interessant ist, hier im Bereich erneuerbare Energie zu investieren."
Denn der konventionelle Energiemarkt ist fest in der Hand des Staates – und in Händen des sogenannten Staats im Staate – dem Militär, das ganze Bereiche der ägyptischen Wirtschaft kontrolliert. Ägypten wird mit harter Hand regiert, zehntausende Regierungskritiker sitzen im Gefängnis. Die autokratischen Machthaber haben wenig Interesse daran, ihre florierenden Einkommensquellen im Energiebereich versiegen zu lassen – und Beobachter sagen, die wirtschaftliche Expansion der Streitkräfte verhindere Strukturreformen im Land. Ägypten braucht dringend Geld, um die rasant wachsende Bevölkerung zu ernähren – ausgegeben wird es allerdings auch für die zahlreichen Mega-Bauprojekte des Landes. Im Energiesektor mischen die Machthaber Ägyptens offenbar eifrig mit.
Schon 2017 schrieb die Stiftung Wissenschaft und Politik: "Die Streitkräfte scheinen bei der Öl- und Gasgewinnung als Veto-Akteure zu agieren. Entsprechende Unternehmungen und Explorationsvorhaben müssen von ihnen bewilligt werden. Das Militär hält zudem selbst Anteile an staatlichen Energieunternehmen. Auch am Ausbau von Kohle- und Gaskraftwerken, der angesichts des schnell steigenden Energiebedarfs ebenfalls forciert wird, ist das Militär über Vertragsabschlüsse beteiligt."
Die deutsche Firma Siemens baute in den vergangenen Jahren mehrere Gaskraftwerke in Ägypten. Denn: Nach jahrelangen Energieengpässen kam 2015 der Befreiungsschlag für die ägyptische Energieversorgung:
Eine super-gigantische Entdeckung, der Jackpot – so hieß es 2015 in den Nachrichten, als der italienische Ölkonzern Eni stolz Erfolg bei der Suche nach Gasvorkommen in Ägypten vermeldete: Das Gasfeld Zohr, unmittelbar vor der Küste Ägyptens im Mittelmeer gelegen, ein riesiges Gasvorkommen unter dem Meeresgrund.
Damit waren Ägyptens Energieengpässe nahezu schlagartig gelöst – bis dahin hatte das Land selbst Gas importieren müssen, unter anderem aus Russland – und hatte sich dafür schon Anfang der 2000er Jahre zwei LNG-Flüssiggasterminals am Mittelmeer gebaut.
Seit 2018 ist Ägypten quasi Selbstversorger – und über seine LNG-Terminals kann Ägypten jetzt Gas exportieren statt importieren. Die europäische Krise mit Russland – für Ägypten möglicherweise eine Chance, so der ägyptische Ölminister Tarek al-Molaa im Gespräch mit CNBC. "Wir sind gut positioniert in der momentanen Lage. Auch wenn wir kein großer Ölförderer sind, so haben wir doch Gas und können zu einem mediterranen Zentrum des Flüssiggasexports werden. Wir und die anderen Mittelmeerländer werden die Situation nutzen, unsere Wirtschaft auszubauen, so dass wir eine verlässliche Quelle für die Gaslieferungen nach Europa sind."
Großes Interesse der EU an Zusammenarbeit
Das Interesse auf Seiten der Europäischen Union ist groß: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reiste im Juni nach Kairo – um dort bei der Unterzeichnung eines Gasabkommens zwischen Ägypten, der EU und Israel dabei zu sein.
Die Idee hinter dem Abkommen: Israel besitzt ein riesiges Gasfeld im Mittelmeer, hat aber keine Flüssiggasterminals, um das Gas zu exportieren. Da kommt Ägypten ins Spiel: Künftig soll das Gas über eine bereits bestehende Pipeline, die ausgebaut werden könnte, von Israel nach Ägypten gepumpt werden – und dort über die ägyptischen LNG-Terminals nach Europa verschifft werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte auch bei ihrer Reise im Juni das europäische Interesse an Erneuerbaren: "Sie haben hier eine Fülle von natürlichen Ressourcen! Sie haben die Sonne hier, sie haben den Wind, sie haben teilweise Wasserkraft – das alles ist der Beginn einer langen und erfolgreichen Geschichte von Energiezukunft in dieser Region."
Ägypten will ein Energiezentrum am Mittelmeer werden, mit Energie-Exporten Geld verdienen. Geld, das das hoch verschuldete Land dringend braucht. Da kommt der Energiebedarf auch in Europa gerade Recht.
Adel Bishara: "Es ist kein Geheimnis, sondern offiziell erklärt, dass wir den Energiesektor gebeten haben, momentan mehr Diesel in den Kraftwerken zu verbrennen, um Gas zu sparen. Damit das Gas verflüssigt exportiert werden kann, um unseren europäischen Kollegen zu helfen."
Oder anders gesagt: Um mit dem Gasexport kräftig Geld zu verdienen. Und dafür nimmt Ägypten, Gastgeberland der Weltklimakonferenz, offenbar eine deutlich schlechtere CO2-Bilanz in Kauf. Richard Probst von der Friedrich Ebert Stiftung in Kairo sagt: "Das wird eine interessante Frage in Scharm el Scheich sein, inwiefern die ägyptische Verhandlungsführung das zusammenbringt, das eigene wirtschaftliche finanzielle Interesse an der Hebung der Gasvorkommen, der Verflüssigung von Gasvorkommen und gleichzeitig eine Abwendung, die notwendig ist, um das 1,5 Grad Ziel einzuhalten von fossilen Energieträgern."
Kritik an dieser Politik findet man innerhalb Ägyptens kaum – die Meinungs- und Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Die Staatsmacht dominiert die Energiepolitik Ägyptens.
Da fossile Energien in Europa mittelfristig ein Auslaufmodell sein sollen, setzt Ägypten jetzt auf grünen Wasserstoff – ebenfalls für den Export. Bei der Wasserstoff-Produktion wird aus Wasser grüner Treibstoff: Leitungswasser wird aufwendig gereinigt und dann mit Hilfe von viel Solarstrom in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Aus dem Wasserstoff wird schließlich Energie bzw. er ist selbst schon ein Energieträger – für Strom und Wärme, und als Grundstoff in der Industrie. Auch für Deutschland.
Interesse an Energiepartnerschaft
Im Sommer besuchte Staatspräsident Al-Sisi Bundeskanzler Scholz in Berlin – und beide Seiten bekräftigen das Interesse an einer Energiepartnerschaft. Und auch dafür würde man die eigenen Klimaschutzziele schon mal hintenanstellen, befürchtet Ragia al-Gerzawy von der Menschenrechtsorganisation Egyptian Initiative for personal rights: "Was mich besorgt, ist, dass es bei Investitionen nicht um die Prioritäten von Ägypten geht, sondern um die Prioritäten der reichen Länder. Die wollen grünen Wasserstoff. Wir nutzen unsere erneuerbare Energie, um den fürs Ausland zu produzieren, aber haben hier die Verschmutzung. Unsere Kraftwerke verbrennen wieder Diesel, um Gas zu exportieren. Wir haben keine Strategie hier, wir sehen nur die wirtschaftliche Seite, wenn wir in grüne Projekte investieren."
Die schlechte Luft bleibt in Ägypten, die grüne Energie wird exportiert. Es geht um Kosten - und um einen grünen Anstrich nach außen. Erneuerbare Energien – in Ägypten nur eine Geschäftsidee? Professor Sobhki: "Sie sind ein Business-Modell, ja, eine Geschäftsidee. Man kann nicht einfach sagen, ich mache grüne Energie. Man muss ökonomisch attraktiv sein. Wir können die Erneuerbaren verkaufen, entweder als Strom oder als Wasserstoff."
Probst: "Das sind natürlich interessante Projekte, auch für Europa, auch für Deutschland. Wir müssen nur darauf achten, dass daraus für Ägypten nicht die Situation entsteht, dass der Strom, der durch erneuerbare Energie erzeugt wird, letztendlich exportiert wird nach Europa. Und wir damit unsere eigene Bilanz grünen und hier in Ägypten weiterhin aus konventionellen Energiequellen Strom und Elektrizität produziert wird. Letztendlich ist der Kampf für Klimawandel ein globaler Kampf, den wir nur gemeinsam gewinnen können, wenn wir nicht unsere eigene Bilanz schönen, sondern auch dafür sorgen, dass erneuerbare Energien in unseren Partnerländern ausgebaut werden."
Ägyptens erneuerbare Energien – bislang nur ein ambitionierter Anfang. Ob aus der Chance eine wirkliche Energiewende wird, das haben die Machthaber Ägyptens in der Hand – die Gastgeber der diesjährigen Weltklimakonferenz.