Friedbert Meurer: Super kostet heute Morgen wieder etwa 1,60 Euro an den Zapfsäulen. Die Konzerne aber reiben ihre Hände in Unschuld. Das Rohöl sei eben so teuer. Das ist wohl nicht die ganze Wahrheit. Kommenden Donnerstag wird das Bundeskartellamt sein seit Langem mit Spannung erwartetes Gutachten über die Marktmacht der Mineralölkonzerne präsentieren. Über das Wochenende wurde das Ergebnis des Gutachtens vorab bekannt: Benzin ist in Deutschland teurer als es sein müsste. Am Telefon begrüße ich Christine Scheel, sie sitzt für die Bündnis-Grünen im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages. Guten Morgen, Frau Scheel.
Christine Scheel: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Ist das wirklich eine neue Erkenntnis, dass fünf Konzerne Markt und Preise beim Sprit beherrschen?
Scheel: Nein! Es ist eigentlich das, was die Verbraucher und Verbraucherinnen schon seit Jahren wissen, und das Ärgernis zu Ferienbeginn, an den Wochenenden oder zu bestimmten Feiertagen, dass die Preise hoch gehen, ist wirklich nichts Neues. Neu ist nur, dass das Kartellamt jetzt einen Bericht gemacht hat und dieser Bericht auch Grundlage sein muss, damit die Regierung jetzt endlich mal was tut.
Meurer: Um den Vorwurf mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Konzerne sprechen ihre Preise nicht ab, sagt das Bundeskartellamt, sie beobachten sich nur ganz genau mit einem ausgeklügelten Beobachtungssystem. Was kann man ihnen vorwerfen, wenn sie einfach nur beobachten und reagieren?
Scheel: Na ja, es ist ein durchorganisiertes System und da guckt man natürlich auf die Konkurrenz, und das Schlimme ist ja, dass in dem Moment, wo sie ihre Gewinnspannen erhöhen können, die Preise nach oben ziehen können, ziehen die Konkurrenten mit, und wie Ihr Sprecher das auch gerade gesagt hatte, wenn die Rohölpreise sinken, reagieren sie erst mal nicht, weil sie natürlich im Geschäft bleiben wollen und die Margen höher sind.
Meurer: Bei Lebensmitteln, wenn man den Vergleich mal nimmt, liefern sich die Discounter teilweise eine ruinöse Preisschlacht. Wie kommt es, dass sich beim Benzin die Marktteilnehmer schonen?
Scheel: Ja ich kann mir nur vorstellen, dass die fünf großen Konzerne wohl wissend, wenn sie sich so marktbeherrschend gegenseitig stützen, ihre Geschäfte optimieren, und da sind im Wettbewerb im Prinzip nur die Discounter und einige Mittelständler, die dann dafür sorgen, wenn die Bürger und Bürgerinnen dann dort tanken natürlich nur, dass die Preise dann stärker wieder runtergehen. Das heißt, wir haben in Deutschland keinen funktionierenden Markt und wir haben die Situation, dass wir hier fünf Konzerne haben, die den Wettbewerb behindern, dies seit Langem bekannt ist, die Regierung vor einem Jahr vorgeschlagen hat, doch irgendwie vielleicht zu zerschlagen, dass man das deutsche Geschäft der Mineralölkonzerne nicht nur prüft, sondern dass man hier auch ein Stück zerschlägt, aber Rainer Brüderle ist da nicht weitergegangen und ich bin mal gespannt, ob Herr Rösler diesen Schritt gehen wird.
Meurer: Wie soll dieses Zerschlagen aussehen?
Scheel: Es ist ja letztendlich so, dass wir rechtlich, was Marktbeherrschung anbelangt, mittlerweile auch eine Situation haben, wenn wir über Wettbewerb reden, dass der Wettbewerb auch gelebt werden muss, und wenn über 70 Prozent des Gesamtgeschäftes vom Marktanteil bei den fünf großen liegt, dann muss man sich schon mal fragen, warum denn auch ein Zukauf möglich gewesen ist. Das Kartellamt hat zwar darauf geachtet, dass es keine größeren Fusionen mehr gegeben hat in den letzten Monaten, aber sie haben nicht darauf geachtet, dass Tankstellen von freien Anbietern zugekauft werden können. Also wir haben hier schon eine Situation, wo die Marktbeherrschung so extrem ist, und wenn wir über Wettbewerb reden – und in Deutschland ist das so -, dann muss man natürlich gesetzlich auch alles tun, damit der Wettbewerb funktioniert.
Meurer: Würde es, Frau Scheel, wirklich etwas nützen, wenn die Tankstellen sozusagen in mehr Hände und Besitzer verteilt werden? Dahinter steht dann doch immer noch die Macht der Mineralölkonzerne, weil sie buchstäblich an der Quelle des Öls sitzen.
Scheel: Ja das ist natürlich letztendlich so. Wir brauchen mehr Transparenz, wir brauchen eine Offenlegung der Preiskalkulation und wir müssen natürlich auch dafür sorgen, uns ein Stück unabhängiger von diesen Öllieferanten zu machen. Deswegen sind die Grünen ja seit Jahren der Auffassung, dass dieser heutige Verbrauch von fossilen Energieträgern nicht zukunftsfähig ist, auch unter dem Gesichtspunkt der Rohstoffvorräte. Damit argumentieren ja auch die Großen. Aber wenn wir Autos mit weniger Verbrauch hätten, wenn die E-Mobilität schneller aufgebaut wird, also Elektromobilität schneller, wenn mehr Autos gekauft werden würden und produziert werden würden vor allem erst mal in Deutschland mit weniger Verbrauch, dann hätten wir natürlich eine bessere Situation.
Meurer: Die Grünen erleben ja einen politischen Höhenflug im Moment, haben wir gestern in Bremen gesehen. Damit steigen die Chancen auf eine grüne Regierungsbeteiligung im Bund nach der nächsten Bundestagswahl. Werden die Grünen dann wieder hingehen und politisch das Benzin teurer machen?
Scheel: Wir sehen ja, dass ohne das Zutun von irgendwelchen Ökosteuer-Erhöhungen die Benzinpreise in den letzten Jahren nach oben gegangen sind, unabhängig von irgendwelchen Ökosteuer-Debatten, sondern von Preisentwicklungen.
Meurer: Aber Sie legen sie noch mal drauf, die Steuer.
Scheel: Das haben wir nicht vor. Wir wollen eine intelligente Nutzung der Mobilität haben, eine intelligente Organisation auch der Mobilität. Also wir setzen auf Zukunftstechnologien und nicht auf Preistreiberei. Deswegen gehört diese Situation, die wir jetzt vorgefunden haben, bestätigt über das Kartellamt jetzt, auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses. Ich werde verlangen, dass diese Woche der Minister oder mindestens der Staatssekretär dazu Stellung bezieht, dass wir den Chef des Bundeskartellamtes, Herrn Andreas Mundt, in den Wirtschaftsausschuss bitten und dort eine gemeinsame Lösung für die Jahre des Übergangs, bis wir das wirklich schaffen, dass wir eine vernünftige Mobilität in Deutschland haben, dass wir diesen Übergang gestalten und das im Wettbewerb.
Meurer: Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Christine Scheel zum Gutachten des Bundeskartellamts zu den Spritpreisen, das kommenden Donnerstag veröffentlicht wird. Frau Scheel, danke und auf Wiederhören.
Scheel: Auf Wiederhören, Herr Meurer.
Christine Scheel: Guten Morgen, Herr Meurer.
Meurer: Ist das wirklich eine neue Erkenntnis, dass fünf Konzerne Markt und Preise beim Sprit beherrschen?
Scheel: Nein! Es ist eigentlich das, was die Verbraucher und Verbraucherinnen schon seit Jahren wissen, und das Ärgernis zu Ferienbeginn, an den Wochenenden oder zu bestimmten Feiertagen, dass die Preise hoch gehen, ist wirklich nichts Neues. Neu ist nur, dass das Kartellamt jetzt einen Bericht gemacht hat und dieser Bericht auch Grundlage sein muss, damit die Regierung jetzt endlich mal was tut.
Meurer: Um den Vorwurf mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Konzerne sprechen ihre Preise nicht ab, sagt das Bundeskartellamt, sie beobachten sich nur ganz genau mit einem ausgeklügelten Beobachtungssystem. Was kann man ihnen vorwerfen, wenn sie einfach nur beobachten und reagieren?
Scheel: Na ja, es ist ein durchorganisiertes System und da guckt man natürlich auf die Konkurrenz, und das Schlimme ist ja, dass in dem Moment, wo sie ihre Gewinnspannen erhöhen können, die Preise nach oben ziehen können, ziehen die Konkurrenten mit, und wie Ihr Sprecher das auch gerade gesagt hatte, wenn die Rohölpreise sinken, reagieren sie erst mal nicht, weil sie natürlich im Geschäft bleiben wollen und die Margen höher sind.
Meurer: Bei Lebensmitteln, wenn man den Vergleich mal nimmt, liefern sich die Discounter teilweise eine ruinöse Preisschlacht. Wie kommt es, dass sich beim Benzin die Marktteilnehmer schonen?
Scheel: Ja ich kann mir nur vorstellen, dass die fünf großen Konzerne wohl wissend, wenn sie sich so marktbeherrschend gegenseitig stützen, ihre Geschäfte optimieren, und da sind im Wettbewerb im Prinzip nur die Discounter und einige Mittelständler, die dann dafür sorgen, wenn die Bürger und Bürgerinnen dann dort tanken natürlich nur, dass die Preise dann stärker wieder runtergehen. Das heißt, wir haben in Deutschland keinen funktionierenden Markt und wir haben die Situation, dass wir hier fünf Konzerne haben, die den Wettbewerb behindern, dies seit Langem bekannt ist, die Regierung vor einem Jahr vorgeschlagen hat, doch irgendwie vielleicht zu zerschlagen, dass man das deutsche Geschäft der Mineralölkonzerne nicht nur prüft, sondern dass man hier auch ein Stück zerschlägt, aber Rainer Brüderle ist da nicht weitergegangen und ich bin mal gespannt, ob Herr Rösler diesen Schritt gehen wird.
Meurer: Wie soll dieses Zerschlagen aussehen?
Scheel: Es ist ja letztendlich so, dass wir rechtlich, was Marktbeherrschung anbelangt, mittlerweile auch eine Situation haben, wenn wir über Wettbewerb reden, dass der Wettbewerb auch gelebt werden muss, und wenn über 70 Prozent des Gesamtgeschäftes vom Marktanteil bei den fünf großen liegt, dann muss man sich schon mal fragen, warum denn auch ein Zukauf möglich gewesen ist. Das Kartellamt hat zwar darauf geachtet, dass es keine größeren Fusionen mehr gegeben hat in den letzten Monaten, aber sie haben nicht darauf geachtet, dass Tankstellen von freien Anbietern zugekauft werden können. Also wir haben hier schon eine Situation, wo die Marktbeherrschung so extrem ist, und wenn wir über Wettbewerb reden – und in Deutschland ist das so -, dann muss man natürlich gesetzlich auch alles tun, damit der Wettbewerb funktioniert.
Meurer: Würde es, Frau Scheel, wirklich etwas nützen, wenn die Tankstellen sozusagen in mehr Hände und Besitzer verteilt werden? Dahinter steht dann doch immer noch die Macht der Mineralölkonzerne, weil sie buchstäblich an der Quelle des Öls sitzen.
Scheel: Ja das ist natürlich letztendlich so. Wir brauchen mehr Transparenz, wir brauchen eine Offenlegung der Preiskalkulation und wir müssen natürlich auch dafür sorgen, uns ein Stück unabhängiger von diesen Öllieferanten zu machen. Deswegen sind die Grünen ja seit Jahren der Auffassung, dass dieser heutige Verbrauch von fossilen Energieträgern nicht zukunftsfähig ist, auch unter dem Gesichtspunkt der Rohstoffvorräte. Damit argumentieren ja auch die Großen. Aber wenn wir Autos mit weniger Verbrauch hätten, wenn die E-Mobilität schneller aufgebaut wird, also Elektromobilität schneller, wenn mehr Autos gekauft werden würden und produziert werden würden vor allem erst mal in Deutschland mit weniger Verbrauch, dann hätten wir natürlich eine bessere Situation.
Meurer: Die Grünen erleben ja einen politischen Höhenflug im Moment, haben wir gestern in Bremen gesehen. Damit steigen die Chancen auf eine grüne Regierungsbeteiligung im Bund nach der nächsten Bundestagswahl. Werden die Grünen dann wieder hingehen und politisch das Benzin teurer machen?
Scheel: Wir sehen ja, dass ohne das Zutun von irgendwelchen Ökosteuer-Erhöhungen die Benzinpreise in den letzten Jahren nach oben gegangen sind, unabhängig von irgendwelchen Ökosteuer-Debatten, sondern von Preisentwicklungen.
Meurer: Aber Sie legen sie noch mal drauf, die Steuer.
Scheel: Das haben wir nicht vor. Wir wollen eine intelligente Nutzung der Mobilität haben, eine intelligente Organisation auch der Mobilität. Also wir setzen auf Zukunftstechnologien und nicht auf Preistreiberei. Deswegen gehört diese Situation, die wir jetzt vorgefunden haben, bestätigt über das Kartellamt jetzt, auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses. Ich werde verlangen, dass diese Woche der Minister oder mindestens der Staatssekretär dazu Stellung bezieht, dass wir den Chef des Bundeskartellamtes, Herrn Andreas Mundt, in den Wirtschaftsausschuss bitten und dort eine gemeinsame Lösung für die Jahre des Übergangs, bis wir das wirklich schaffen, dass wir eine vernünftige Mobilität in Deutschland haben, dass wir diesen Übergang gestalten und das im Wettbewerb.
Meurer: Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Christine Scheel zum Gutachten des Bundeskartellamts zu den Spritpreisen, das kommenden Donnerstag veröffentlicht wird. Frau Scheel, danke und auf Wiederhören.
Scheel: Auf Wiederhören, Herr Meurer.