„Ich habe eine große Menge dieser Wilden gesehen. Als ich mit ihnen unterwegs war, habe ich ihre freundlichen Hände geschüttelt, die noch nie durch die Berührung mit Geld verunreinigt wurden.“ George Catlin hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, alle Stämme der nordamerikanischen Urbevölkerung zu besuchen und ihre Kultur zu dokumentieren.
Ein malender Rechtsanwalt
Der 1796 in Pennsylvania geborene Rechtsanwalt und Porträtmaler zog jahrelang durch die Prärien und verfasste einen zweibändigen illustrierten Reisebericht mit dem Titel „Die Indianer Nord-Amerikas“. In diesem Standardwerk beschrieb er 48 Stämme, die unterschiedliche Dialekte sprachen und bis dahin kaum Kontakt zu „weißen Männern“ gehabt hatten, so die Berliner Literaturwissenschaftlerin Ulla Haselstein.
„Er war einer der ersten, die mit den Komantschen zu tun hatten. Er war bei den Cree. Er war bei den Crow, und er hat hunderte von Porträtskizzen angefertigt, von Häuptlingen, von Schamanen, die sind durch ihn mit ihren Gesichtszügen und mit ihrem Namen überliefert. Er hat auch Landschaften gezeichnet, er hat Zelte und Gegenstände dargestellt. Und das macht seine Sammlung von Bildern auch so ethnografisch wertvoll.“
Catlins Gemälde des Mandan-Häuptlings Mato-Tope mit Tomahawk, bunt bemaltem Körper und einem Kopfschmuck aus Rabenfedern, das Porträt von dessen Familie oder die Darstellung eines rituellen Festes beispielsweise sind einzigartige Zeugnisse des Stammes, der 1832 durch eine von Fremden eingeschleppte Pocken-Epidemie weitgehend ausgelöscht wurde.
„Die Geschichte und die Gebräuche eines solchen Volkes durch malerische Darstellung aufzubewahren, sind Aufgaben, werth, dass ein Mann seine Lebenszeit darauf verwendet, und nichts als der Verlust meines Lebens soll mich verhindern, ihr Land zu besuchen und ihr Geschichtsschreiber zu werden.“
Kongress lehnte Ausstellung ab
Catlin mietete Museumsräume in New York, um seine „Indian Gallery“ zu präsentieren. Doch obwohl die Ausstellung gut besucht war, erfüllte sich seine Hoffnung, die Sammlung an das Nationalarchiv, die Smithsonian Institution, zu verkaufen, nicht. Der US-Kongress lehnte ab.
Ulla Haselstein: „Catlin gehört in die Zeit der Romantik, wo man sich einerseits für die, ich sage das mal in Anführungszeichen, edlen Wilden begeistert und andererseits aber relativ cool sagt: na ja, ihre Zeit ist abgelaufen. Man dachte damals, die Indianer werden untergehen, sie werden den Zusammenstoß mit der Zivilisation, mit den Menschenmengen, die da in die Ebenen drängen, die ihnen die Büffel töten werden, das werden sie nicht überleben. Und das ist traurig, aber es ist halt ein bedauerlicher Nebeneffekt.“
Das 1830 erlassene Umsiedlungsgesetz, der „Indian Removal Act“, legitimierte Regierungstruppen, die indigene Bevölkerung gewaltsam aus ihren angestammten Territorien zu deportieren und in Reservate abzuschieben. Catlins öffentliche Parteinahme für die rechtlosen Ureinwohner missfiel Politikern wie James Westcott, der in Florida Krieg gegen die Seminolen führte.
„Ich bin dagegen, Porträts von Wilden zu erwerben. Was für eine moralische Lektion können sie uns vermitteln? Ich würde lieber Porträts der zahllosen Bürger betrachten, die von diesen Indianern hingemordet wurden.“ 1840 reiste der geschäftstüchtige Catlin schließlich für mehrere Jahre nach Europa. Im Gepäck: seine Gemälde, Tipis, Waffen, Federschmuck und als „Indianer“ verkleidete Schauspieler, die vor Königin Victoria oder Charles Dickens Stammestänze aufführten. 1848 erschien in Deutschland die Übersetzung von Catlins Reiseberichten, die auch in Karl Mays Bücherschrank zu finden waren.
George Catlin war populär - aber bankrott. Schließlich beglich ein Geschäftsmann aus Philadelphia seine Schulden und übernahm die Indian Gallery. Catlin schuf noch über 600 Bilder und kehrte 1871 in die USA zurück. Am 23. Dezember 1872 starb er in großer Sorge um seinen künstlerischen Nachlass. Heute werden seine Werke hoch gehandelt. Die meisten befinden sich im Besitz der Smithsonian Institution in Washington, so wie er es sich zeitlebens gewünscht hatte.