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US-Naturschutz-Oase
150 Jahre Yellowstone - der älteste Nationalpark der Welt

Bereits im 19. Jahrhundert zeigten sich die fatalen Folgen der immer stärkeren Besiedlung Nordamerikas. Doch einige setzten sich für den Schutz der gefährdeten Natur ein: So wurde am 1. März 1872 am Yellowstone Lake in den USA der erste Nationalpark der Welt gegründet.

Von Monika Seynsche | 01.03.2022
Bisons grasen in der Prärie. Im Hintergrund die schneebedeckten Gipfel der Grand Teton Range.
Über vier Millionen Besucher pro Jahr auf 9000 Quadratkilometern - Glückliche Bisons grasen vor der Kulisse der Grand Teton Range. (Getty Images / Matt Anderson Photography)
Eingerahmt von hohen, schneebedeckten Bergen erstrecken sich die weiten Ebenen des Lamar Valleys im Norden des Yellowstone Gebiets. Im Sommer durchziehen Elche das Tal und gewaltige Bisonherden stampfen durch das saftige Grün. Weiter südlich gehen die grünen Hänge über in eine schroffe Gebirgslandschaft. Blau-grün und gelb-orange schillernde heiße Quellen wechseln sich ab mit brodelnden Schlammtöpfen und fauchenden Geysiren.
Anfang des 19. Jahrhunderts gelangten die ersten europäischen Pelztierjäger in diese abgelegene und schwer zugängliche Region der Rocky Mountains. Ihre Schilderungen weckten die Neugierde einiger Forscher und Abenteurer, erzählt die Historikerin Alicia Murphy:
"Mehrere Expeditionen machten sich dann auf den Weg in das Yellowstone-Gebiet und sahen, was für ein faszinierendes Naturwunder das war. Wir haben hier allein mehr als 10.000 heiße Quellen. Die Wissenschaftler erkannten, dass dieses Gebiet vor Ausbeutung und Besiedlung bewahrt werden musste, zum Wohle der Menschen und zum Schutz der Natur in den heutigen Parkgrenzen."
Pools und Geysirfelder im Yellowstone-Nationalpark, USA
Pools und Geysirfelder im Yellowstone-Nationalpark, USA (picture alliance / Zoonar)
Nach ihrer Rückkehr versuchten die Forscher, den Präsidenten und den US-Kongress für ihre Idee zu gewinnen. Die Fotos und Gemälde, die sie mitgebracht hatten, waren spektakulär. Am 1. März 1872 verabschiedete der Kongress den Yellowstone Park Act und schuf damit den ersten Nationalpark der Welt. Und das in einer Zeit, die nach Rohstoffen und Naturschätzen gierte, so Alicia Murphy:
"Wir nennen diese Zeit 'Gilded Age', es war die wirtschaftliche Blütezeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg. Das Eisenbahnnetz wurde ausgebaut, die Industrialisierung vorangetrieben, die Förderung von Rohstoffen und die Beherrschung der Natur waren die Zauberwörter dieser Zeit. Die Befürworter mussten dem Kongress allerdings auch zuerst einmal versichern, dass es in der Yellowstone- Region kein Gold, Silber oder andere Bodenschätze gab und das Gebiet aufgrund seiner Höhe nicht für die Landwirtschaft taugte."

Auch die Ureinwohner wurden vertrieben

Die Region galt als wirtschaftlich wertlos - und nur deshalb wurde sie unter Schutz gestellt. Die Gründer des Nationalparks begannen dann allerdings auch, Yellowstone vor seinen eigenen Einwohnern zu schützen. Nicht nur weiße Siedler und Holzfäller wurden ferngehalten, sondern auch die Ureinwohner vertrieben. Das sei einer der größten Fehler in der Geschichte des Yellowstone Nationalparks gewesen, sagt James Hardcastle. Er ist bei der Weltnaturschutzunion IUCN für Schutzgebiete zuständig:
"Die Ureinwohner wurden in den frühen Jahren des Nationalparks regelrecht verjagt. Und darunter haben sie unglaublich gelitten - physisch und psychisch. Sie wurden ihrer Wurzeln beraubt. Dabei waren die Stämme nie eine Gefahr für den Park. Sie hatten seit mindestens 20.000 Jahren im Yellowstone-Gebiet gelebt, ohne der Natur dort jemals zu schaden.“
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Aber diese Insel ist bedroht. Das wärmer werdende Klima drängt viele Tier- und Pflanzenarten in immer höhere Regionen der Rocky Mountains und an die nördlichen Grenzen des Nationalparks. Überleben können sie nur, wenn es gelingt, Brücken zu anderen Schutzgebieten zu schlagen und die biologische Vielfalt auch außerhalb von Nationalparks zu bewahren.

Ohne Raubtiere kippte das Ökosystem

Doch nicht nur die Menschen wurden in den frühen Jahren des Nationalparks verjagt, sondern auch viele Raubtiere. Wölfe galten als Feinde der schützenswerten Wildnis und wurden 1926 ausgerottet. Ein schwerer Fehler, denn ohne Raubtiere geriet das Ökosystem aus dem Gleichgewicht. Hirsche und andere Beutetiere nahmen Überhand und richteten Schäden an der Vegetation an.

Erst 1995 kehrten die Wölfe durch ein großes Auswilderungsprogramm in den Park zurück, seitdem erholt sich das fragile Nahrungsnetz wieder. Trotz der frühen Management-Probleme habe sich der Yellowstone Nationalpark zu einem Schutzgebiet von enorm großer Bedeutung entwickelt, sagt James Hardcastle:
"Yellowstone ist einzigartig in seinem Wert. Die Region ist voller Superlative, sowohl geologischer als auch ökologischer Art. Im Rest der USA hat die Biodiversität so stark abgenommen, dass Yellowstone heute fast zu einer Insel geworden ist."
Aber diese Insel ist bedroht. Das wärmer werdende Klima drängt viele Tier- und Pflanzenarten in immer höhere Regionen der Rocky Mountains und an die nördlichen Grenzen des Nationalparks. Überleben können sie nur, wenn es gelingt, Brücken zu anderen Schutzgebieten zu schlagen und die biologische Vielfalt auch außerhalb von Nationalparks zu bewahren.