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EU-Sanktionen
"Russland die Grenzen aufzeigen"

Bei den EU-Sanktionen gegen Russland sei es darum gegangen, einen Bürgerkrieg zu vermeiden, sagte der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber im Deutschlandfunk. Jetzt gehe es darum, weiter entschieden aufzutreten, aber auch zu deeskalieren.

Markus Ferber im Gespräch mit Bettina Klein | 07.03.2014
    Markus Ferber: Vorsitzender der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament
    Der Vorsitzende der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament Markus Ferber hält die beschlossenen EU-Sanktionen für einen richtigen Ansatz. (dpa/Karl-Josef Hildenbrand)
    Dirk Müller: Ende Januar hatte sich der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber hier bei uns im Deutschlandfunk mit deutlicher Kritik an der EU-Strategie bezüglich der Ukraine zu Wort gemeldet. Wenig konstruktiv nannte er den europäischen Beitrag damals, insbesondere auch die Rolle der Außenbeauftragten Catherine Ashton. Meine Kollegin Bettina Klein hat nun Markus Ferber gefragt, was er von den jüngsten Sanktionen der EU hält.
    Markus Ferber: Ich bin sehr zufrieden, weil endlich Europa auch handelt, Europa auch geschlossen handelt, und all die Entwicklungen, die wir seit unserem letzten Gespräch erlebt haben, haben ja auch damit zu tun, dass Europa dann etwas bewegt hat, als es endlich zusammengestanden ist und eine klare Position eingenommen hat. Es ging darum, einen Bürgerkrieg zu vermeiden. Es ging dann darum, stabilisierend zu wirken, und jetzt geht es ganz konkret darum, auch Russland zu zeigen, wo die Grenzen dessen sind, was der russische Bär sich auf der Ukraine und insbesondere auf der Krim erlauben darf.
    "Endlich handelt Europa geschlossen"
    Bettina Klein: Es gibt bereits andere Reaktionen von Kollegen von Ihnen aus dem Europaparlament. Die Grüne Abgeordnete Rebecca Harms etwa sagt, die Ergebnisse des Gipfels sind zu wenig und die Mitgliedsstaaten der EU seien nicht bereit, ihre Beschwichtigungspolitik aufzugeben. Was entgegnen Sie?
    Ferber: Da bin ich aber doch etwas überrascht. Frau Harms soll sich dann überlegen, was sie lieber gehabt hätte: Sollen wir jetzt einen NATO-Fall ausrufen und auf die Krim Soldaten entsenden? Ich halte das für abenteuerlich. Was hier beschlossen wurde von den Staats- und Regierungschefs, ist der richtige Weg, nämlich zunächst mal die Ukraine und die Russen an einen Tisch zu bitten.
    Wenn die Russen dazu nicht bereit sind, wovon ich ausgehe, werden weitere Maßnahmen angedroht, sodass klar ist, was dann als weitere Eskalation passieren wird. Das ist der richtige Rahmen, der hier gesetzt wurde. Wer das als Appeasement bezeichnet, der hat nicht verstanden, was in Brüssel stattgefunden hat.
    "Beschlossene EU-Sanktionen sind richtiger Weg"
    Klein: Muss man nicht dennoch festhalten, Herr Ferber, dass es so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner wiederum geworden ist, denn die osteuropäischen Staaten hatten sich ja von Anfang an sehr stark für ein starkes Signal in Richtung Russland ausgesprochen, während in Westeuropa eher Zögern zu vernehmen war. Ist dieser Stufenplan nicht auch ein Ergebnis der tiefen Meinungsunterschiede, die nach wie vor innerhalb der Europäischen Union existieren?
    Ferber: Das kann man vielleicht hineininterpretieren, wenn man das von außen betrachtet. Wenn Sie aber nach innen schauen, welcher Diskussionsprozess da in den letzten Wochen stattgefunden hat – vor zwei Wochen hatten wir noch die Sorge, dass es einen Bürgerkrieg gibt und das Land komplett auseinanderbricht; heute haben wir schon als Europäer einiges auf den Weg gebracht.
    Da kann ich wirklich nur davor warnen, jetzt Öl ins Feuer zu gießen und damit einen Beitrag zur Eskalation zu leisten. Wir müssen jetzt deeskalierend wirken, wir müssen aber auch entschieden wirken. Das ist die einzige Sprache, die Herr Putin versteht. Und wir müssen uns zum zweiten dann auch überlegen – und das ist auch die Frage an die Osteuropäer -, was sind sie bereit zu geben, um den Menschen in der Ukraine zu helfen, um die Staatspleite abzuwenden, um das Land überhaupt in die Fähigkeit zu versetzen, die Mindestanforderungen an ein Staatswesen zu erfüllen.
    Da ist der Beutel dann wieder zugeschnürt und deswegen muss fordern und bereit sein zu geben auch beieinander liegen. Von daher ist das, was in Brüssel beschlossen wurde, ein richtiger Ansatz.
    "Fordern und bereit sein zu geben"
    Klein: Gehen wir die anderen, die politischen Punkte durch, die beschlossen oder angekündigt wurden. Sofortige Aussetzung der Gespräche über Visa-Erleichterungen, das ist ja Schritt Nummer eins, der wohl auch vollzogen ist. Was genau ist damit jetzt erreicht?
    Ferber: Damit ist erreicht, dass der Zugang von russischen Staatsbürgern zur Europäischen Union deutlich erschwert wird. Das fängt bei Freizeitaktivitäten an, die ja durchaus sehr intensiv in Europa stattfinden, bis hin zu Geschäftsreisen. Das heißt, viele Beziehungen, die Menschen aus Russland gerne wahrnehmen wollen, werden damit erschwert.
    Ein Visum zu bekommen, ist eine gewisse Anstrengung. Die Visa-Erleichterungen hätten hier deutliche Verbesserung gebracht. Das auszusetzen ist ein Signal, das viele Menschen in Russland sofort spüren werden, und damit ist das ein sehr wirksames Signal.
    Klein: Die zweite Stufe wird kommen, so hat die Kanzlerin auch erläutert, wenn diese geplante Kontaktgruppe nicht zustande kommt und wenn sie nicht zeitnah Ergebnisse produziert. Wer legt da eigentlich die Maßstäbe fest und was genau soll zur Bedingung gemacht werden?
    Ferber: Es ist auch in den Schlussfolgerungen ja klar von einem sehr kurzen Zeitraum die Rede. Die Kanzlerin hat das in ihrer Pressekonferenz noch mal verdeutlicht. Sie sprach wirklich von Tagen und Ergebnissen innerhalb von Wochen. Deswegen werden die Staats- und Regierungschefs oder die Außenminister der Europäischen Union jetzt in sehr engem Kontakt bleiben und das auch sehr aufmerksam verfolgen. Es ist schnell möglich, sich wieder zu treffen in diesem Rahmen, und es ist schnell möglich, dann die weiteren Schritte zu beschließen.
    Müller: Meine Kollegin Bettina Klein im Gespräch mit dem CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.