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EU-Verbot von RT und Sputnik
"Wir erleben einen Informationskrieg"

Noch greift das Verbot nicht überall und RT DE selbst setzt auf eine Verwirrtaktik – doch schon bald dürfte der russische Staatssender vorerst von den meisten Plattformen verschwunden sein. So sieht es neue Sanktionen der EU vor. Eine Entscheidung, die auch für Kritik sorgt.

Text: Michael Borgers | Stephan Weichert im Gespräch mit Sebastian Wellendorf |
Ein Bildschirm, auf dem RT DE über die Einschränkungen der EU informiert
Aktuell gibt RT DE einen "Hinweis auf EU-Sanktionen" - denn in Deutschland ist das Live-Programm nicht mehr zu empfangen (Deutschlandfunk)
Ein Live-Stream, der zeigt, wie Sergej Lawrow der russischen und internationalen Presse Antworten gibt, in dem Russlands Außenminister erklärt, warum westliche Medien ihn und seine Regierung missverständen. Warum der Angriff auf die Ukraine doch gerechtfertigt sei. Inhaltlich also nichts Neues, genau eine Woche nach Beginn des Angriffskriegs. Und doch bemerkenswert.
Denn eigentlich hätte RT DE (ehemals Russia Today) online das alles gar nicht mehr senden dürfen – am Tag nach dem Verbot aus Brüssel. Die Verbreitung russischer Staatsmedien wie RT und Sputnik sei ab sofort verboten, hatte es am Mittwoch seitens der Europäischen Union (EU) geheißen. Eine Maßnahme, die eigentlich alle Verbreitungswege betreffen soll. Also auch die Internetseite, egal ob mit oder ohne Stream.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow an einem Schreibtisch im Livestream von RT DE
Russlands Außenminister Sergej Lawrow an einem Schreibtisch im Livestream von RT DE am 3. März 2022, am Tag nach dem EU-Verbot (Screenshot RT DE/Deutschlandfunk)
Aber RT DE ist weiterhin erreichbar. Und erweckt in immer neuen Varianten nicht den Anschein, die EU-Maßgaben auch von sich aus umzusetzen zu wollen. Zwar fehlte vor der übertragenen Lawrow-Pressekonferenz noch ein offensichtlicher Live-Stream (mit Hinweis auf die „Auswirkungen der EU-Maßnahmen“). Doch dann wurde die PK dennoch übertragen. Und im Anschluss erschienen unter dem Link, der zuvor noch zum EU-Hinweis führte, dann diese rot untermalten Sätze: „Es tut uns sehr leid. Unser Livestream ist in der EU nicht verfügbar“ – während tatsächlich darunter der Livestream sehr wohl zu sehen war.

MABB: Klärung von Verbotsumsetzung zwischen Bund und Ländern

Laut EU sollen die Medienregulierer der einzelnen EU-Staaten die Maßnahmen umsetzen. Doch wer genau in Deutschland damit gemeint ist, ist offenbar noch nicht klar. Die konkrete Zuständigkeit für die Umsetzung werde „momentan zwischen Bund und Ländern geklärt“, teilte hierzu eine Sprecherin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) dem Deutschlandfunk mit.
Die MABB halte unabhängig von dem EU-Entscheid an ihrer in dieser Woche gesetzten Frist bis zum 4. März fest. Sollte RT DE bis dahin nicht sein Fernsehprogramm einstellen, würde eine Strafzahlung von 25.000 Euro fällig. Und bis heute habe die RT DE Productions GmbH keinen Eilantrag eingereicht, um das zu verhindern. Hintergrund dieses Streits ist ein Anfang Februar verhängtes Sendeverbot der Medienanstalten.

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Ihr nun europaweites Verbot hatten EU-Vertreter damit begründet, es handele sich bei RT und Sputnik nicht um journalistische Medien, sondern um Waffen des Kremls in einem Informationskrieg. Redefreiheit dürfe nicht zur Verbreitung von Kriegspropaganda missbraucht werden, erklärte etwa EU-Kommissionsvize Vera Jourova.

Debatte um EU-Entscheidung

Bereits im Vorfeld war auch Kritik an den EU-Plänen laut geworden. Zwar handle es sich um „Propagandakanäle“, dennoch sei ein Verbot „nicht zielführend“, hatte etwa Reporter ohne Grenzen erklärt. Die negativen Auswirkungen eines solchen Verbots auf die Berichterstattung aus Russland könnten schwerer wiegen als die kurzfristig beabsichtigten Effekte.
„Wer ‚Russia Today‘ und ‚Sputnik‘ verbietet, wird künftig ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommen, die Unterdrückung der Presse- und Meinungsfreiheit in, zum Beispiel, Russland zu kritisieren“, kritisierte am Tag nach der EU-Entscheidung in der „Welt“ Deniz Yücel, Präsident des deutschen PEN-Zentrums. Selbst wenn manche Menchen auf Russlands Propaganda hereinfielen, fragt Yücel, "besteht die Stärke liberaler Gesellschaften nicht genau darin, auch - pardon my French - allerlei Scheißdreck aushalten zu können?"

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Der Hamburger Medienwissenschaftler Stephan Weichert dagegen teilt die Einschätzung Brüssels eines „Informations- und Kommunikationskriegs“ und befürwortet deshalb das Verbot. Es werde aktuell nicht nur mit Waffen, sondern auch über Bilder, Signale und Botschaften Krieg geführt, sagte Weichert im Deutschlandfunk über die Arbeit von RT. „Dass man hier auch diese Art von Berichterstattung unterbindet, halte ich tatsächlich für sinnvoll.“

Medienrechtler: Jetzt geht es um die Umsetzung

Bei dem Verbot gehe es nicht um Aktivitäten einzelner Sender oder Sendungen, die man mit medienrechtlichen Mitteln unterbinden wolle, sondern es werde auf das Sanktionen-Instrumentarium der EU zurückgegriffen, sagte Mark D. Cole, der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Und der Grund für die Sanktionen sei die russische Invasion in die Ukraine.
Nun seien Betreiber von Satellitennetzwerken und Kabelanbieter verpflichtet, den Sanktionsbeschluss umzusetzen. Zudem seien die nationalen Regulierungsbehörden aufgerufen, die Betreiber zu kontrollieren, den Beschluss zeitnah umzusetzen. Erste Provider wie Vodafone haben damit offenbar bereits begonnen, wie der „Tagesspiegel“ berichtet.