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Europäischer Datenschutz
Einigung in Sicht

Es sieht so aus, als ob auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Datenschutz heute eine große Hürde genommen werden kann: Die Minister werden sich nach über zweijährigen Verhandlungen offenbar auf eine Position einigen können.

Von Annette Riedel | 15.06.2015
    USB-Stick in einem Laptop
    Datenschutzrichtlinie von 1995 ist heute nicht mehr zeitgemäß. (imago / Christian Ohde)
    "Die gute Nachricht ist: Die Minister sind auf dem besten Weg, jetzt zu einer Einigung zu kommen. Das ermöglicht es uns, dass wir die Datenschutzverordnung in diesem Jahr verabschieden können", freut sich die zuständige EU-Kommissarin Jurowa.
    Die Kommission hatte ihre Vorschläge schon Januar 2012 auf den Tisch gelegt. Das Europäische Parlament seine Haltung im März 2014 fast einstimmig beschlossen. Die Einigung der Ministerrunde ließ auf sich warten. Zu unterschiedlich waren die Datenschutz- Kulturen, um sich schnell auf ein einheitliches, dann unmittelbar geltendes Regelwerk einigen zu können. Zudem ist die Materie genauso wichtig, wie äußerst komplex, bestätigt Bundesjustizminister Maas.
    "Die Datenschutz-Grundverordnung ist eine der wichtigsten Vorhaben, die zurzeit verhandelt werden in Brüssel. Ein einheitliches Datenschutzniveau zu haben ist unter Wettbewerbsgesichtspunkten wichtig. Es kann niemand mehr sich einen Standort suchen, wo die Datenschutz-Regelungen am niedrigsten sind und es gibt wichtige Verbesserungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher."
    Einmal umgesetzt, sollen sich alle Unternehmen und Dienstleister, die ihre Produkte und Dienste in Europa anbieten – egal ob sie ihren Sitz innerhalb oder außerhalb der EU haben – an die dann geltenden Datenschutzbestimmungen halten müssen. Zugleich soll mit der Verordnung das Selbstbestimmungsrecht der Nutzer beim Umgang mit ihren persönlichen Daten, auch und gerade im Internet, gestärkt werden.
    Die geltende Datenschutzrichtlinie von 1995 führte a) zu 28 unterschiedlichen Regelungen und sehr unterschiedlichen Datenschutzniveaus. Und weil sie b) in Zeiten des Internets nicht mehr zeitgemäß ist, besteht auch für Bundesinnenminister De Maizière kein Zweifel an der Wichtigkeit der neuen Verordnung.
    "Die Internet-Tauglichkeit der Datenschutzgrundverordnung ist von entscheidender Bedeutung. Wir brauchen die richtige Balance zwischen dem Datenschutz für den Einzelnen und einer Lage, die auch europäische Anbieter in den Stand setzt, im Internet künftige eine Rolle zu spielen."
    Und genau um diese Balance, zwischen den Geschäftsinteressen der Internetanbieter einerseits, vor allem, wenn deren Geschäftsmodell auf Datenhandel basiert und den Verbraucherrechten andererseits, wurde zäh gerungen.
    EU-Parlament will Rechte der Bürger stärken
    Und das Ringen ist noch nicht zu Ende, selbst wenn sich die Ministerrunde heute einigt. Denn dann beginnen die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament. Der Verhandlungsführer des Parlaments, der Grüne Jan-Philipp Albrecht sieht noch erhebliche Knackpunkte, wo das Parlament im Sinne der Verbraucher schärfere Bestimmungen für die Anbieter möchte.
    "Der größte Knackpunkt zwischen Parlament und Rat wird sein, dass die Pflichten für die Unternehmen stärker sein müssen als das, was die Minister bisher wollen. Dafür werden wir als Parlament auch sehr stark darauf achten, dass also die Rechte der Bürgerinnen und Bürger weitestgehend gewahrt sind und auch starke Sanktionen und starke Durchsetzung durch die Datenschutzbehörden vorgesehen ist. Darüber werden wir dann noch lange diskutieren müssen."
    Vorausgesetzt die Minister werden sich heute einig, ist die erste Verhandlungsrunde mit dem Parlament für den 24. Juni angesetzt. Es wird dabei nicht nur knacken bei der Höhe der Sanktionen, die Unternehmen blühen, wenn sie gegen Datenschutzrecht verstoßen. Das Parlament möchte, dass Sanktionen bis zu 5 Prozent des globalen Umsatzes gehen können. Die Minister denken an bis zu 2 Prozent.
    Recht auf Vergessen werden kommt
    Relativ weit auseinander liegen die Positionen auch noch bei der Frage, wann und wie Nutzer explizit einwilligen müssen, wenn ein Unternehmen ihre Daten an Dritte weitergibt. Zudem möchte das Parlament, anders als der Ministerrat, ein sogenanntes Kopplungsverbot in der Verordnung verankern. Das heißt, ein Nutzer darf nicht gezwungen sein, persönliche Daten, die mit dem eigentlichen Vorgang nichts zu tun haben, zur Verfügung zu stellen, damit er einen Dienst überhaupt in Anspruch nehmen kann. Ein soziales Netzwerk etwa.
    Nicht mehr umstritten ist ein anderer Punkt, der die Nutzer stärkt, wenn sie ihre Rechte gegenüber einem Unternehmen im europäischen Ausland durchsetzen wollen.
    "Ein deutscher Bürger oder ein deutsches Unternehmen kann sich an einen deutschen Datenschutzbeauftragten wenden. Und wenn ihm die die europäische Entscheidung nicht gefällt, auch vor deutschen Gerichten klagen. Das nennt man One-Stop-Shop und ist ein großer Erfolg."
    Relative Einigkeit zwischen Ministern und Abgeordneten zeichnet sich mittlerweile auch bei dem sogenannten Recht auf Vergessenwerden ab. Wer Informationen über eine Person im Internet rechtswidrig veröffentlicht, muss diese nicht nur löschen, sondern auch dafür sorgen, dass eventuelle Kopien davon, die im Netz kursieren, gelöscht werden.
    "Jetzt wird es wirklich Zeit, dass die Minister eine Verhandlungsposition vorlegen, damit wir eine Verordnung, so zügig wie es geht, verabschieden können."