Samstag, 04. Mai 2024

Kommentar zu FDP-Forderungen
Eine Wende für die eigene Moral

Mit einem Zwölf-Punkte-Plan will die FDP eine "Wirtschaftswende" durchsetzen. Das richtet sich gegen SPD und Grüne - doch der Vorstoß ist vor allem aus der Lagerbildung innerhalb der FDP heraus zu verstehen, kommentiert Ann-Kathrin Büüsker.

Von Ann-Kathrin Büüsker | 22.04.2024
Auf zwei Tischfähnchen steht "Freie Demokraten - FDP".
Die FDP versucht, ihre Farben innerhalb der Ampel-Koalition stärker zur Geltung zu bringen. (picture alliance / dpa / Daniel Karmann)
Die Diskussion über die zwölf Punkte aus dem FDP-Präsidium offenbart ein Dilemma, in dem die Partei in dieser Regierungskoalition gefangen ist. Alles, was sie tut, wird von Beobachterinnen unter der Folie der Ampel-Regierung betrachtet. Könnte dieser Vorschlag die Koalition sprengen? Ist diese Idee mit den Partnern überhaupt zu machen? Ist das jetzt ein Frontalangriff gegen den Kanzler?

Nein. Die zwölf Punkte zur sogenannten Wirtschaftswende sind vor allem aus innerer Parteilogik heraus zu verstehen. Zum einen ist da die tiefe Überzeugung, dass etwas passieren muss, damit die Wirtschaft wieder in die Puschen kommt. Hier besinnen sich die Freien Demokraten wieder verstärkt auf neoliberale Logik. Die Idee: Wirtschaft entwickelt sich am besten, wenn sie möglichst wenig reguliert wird.

Gegensätze in der FDP-Fraktion

Zum anderen braucht die Partei dringend wieder eine gemeinsame Stoßrichtung. Ein Thema, hinter dem sich alle gemeinsam versammeln können, bei dem es parteiintern keine zwei Meinungen gibt. Zu oft gab es die seit Regierungseintritt. Die FDP hat sich nicht nur mit den Koalitionspartnern mächtig in die Wolle gekriegt, auch innerhalb der Bundestagsfraktion gab es zu einigen Themen sehr gegensätzliche Meinungen.
Sowohl bei einzelnen Themen, wie dem Selbstbestimmungsgesetz, aber auch insgesamt bei der Stoßrichtung der Partei. Während die einen in der Ampel eine Chance sahen, gerade im Bereich der gesellschaftspolitischer Projekte, war dies einem anderen Teil der Fraktion stets suspekt, oft zu links. Von dieser Lagerbildung wurde die gesamte Partei erfasst.

Anfang des Jahres stimmten erstaunlich viele derjenigen, die an der Mitgliederbefragung teilnahmen, für den Austritt aus der Koalition. Zwar wollte eine Mehrheit den Verbleib – aber die Verwerfungen wurden zahlenmäßig offenbar. Keine guten Voraussetzungen für die anstehenden Wahlkämpfe.
Viele Landesverbände sind durch schlechte Wahlergebnisse geschwächt, insofern wird Mobilisierung in den eigenen Reihen eine Herausforderung. Da braucht es etwas, das Gemeinsamkeit schafft. Die forcierte „Wirtschaftswende“ soll folglich auch eine Wende für die eigene Moral bringen. Sie soll die FDP einen, die künftig bei diesem Thema mit einer Stimme sprechen kann und soll.
Die Reihen schließen – und vielleicht auch die Union ein wenig herausfordern, mit der man absehbar um Wählerinnen und Wähler konkurriert. Nicht von ungefähr wirft die FDP Unions-EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor, für enorm viel Regulierung verantwortlich zu sein. Die Botschaft an die Wirtschaft ist klar: "Seht her, wir, die FDP sind eigentlich die einzigen, die eure echten Interessen vertreten." Was man inhaltlich durchaus hinterfragen kann, denn allzu schlagkräftig sind die Vorschläge wirklich nicht.

Aber die Botschaft sitzt. Und darauf kommt es der FDP im Moment an. Die Partei schaut nach vorne – und die Ampel ist dabei längst zweitrangig geworden.