Donnerstag, 09. Mai 2024

Eklat bei der Fecht-WM
Fechterin Krüger: "Muss Regeln geben, die ukrainische Athleten schützen"

Weil sie ihrer russischen Kontrahentin nicht die Hand schütteln wollte, wurde die ukrainische Fechterin Olha Charlan von der WM in Mailand suspendiert. Die Weltverbände seien mit der aktuellen Situation überfordert, sagte Fechterin Léa Krüger im Dlf.

Léa Krüger im Gespräch mit Astrid Rawohl | 30.07.2023
Fechterin Léa Krüger ist auch Präsidiumsmitglied bei Athleten Deutschland.
Fechterin Léa Krüger ist auch Präsidiumsmitglied bei Athleten Deutschland. (imago images / Beautiful Sports / BEAUTIFUL SPORTS / Kenny Beele via www.imago-images.de)
Es war der Eklat der Fecht-Weltmeisterschaft in Mailand: Weil die ukrainische Fechterin Olha Charlan der Russin Anna Smirnowa den Handschlag verweigerte, wurde sie vom Fecht-Weltverband FIE disqualifiziert. Mittlerweile hat die FIE die Suspendierung wieder aufgehoben und auch die Regeln angepasst. Demnach ist der Handschlag nach einem Gefecht nun nicht mehr verpflichtend.
"Es war auf jeden Fall das Thema hier in den letzten Tagen", sagte Léa Krüger im Deutschlandfunk. Krüger ist ebenfalls Fechterin und sitzt im Präsidium der unabhängigen Athletenvereinigung "Athleten Deutschland".
Die ukrainische Fecherin Olha Charlan hat mittlerweile einen Quotenplatz für die Olympischen Spiele 2024 in Paris erhalten.
Die ukrainische Fecherin Olha Charlan hat mittlerweile einen Quotenplatz für die Olympischen Spiele 2024 in Paris erhalten. (IMAGO / AFLOSPORT / IMAGO / Tadashi Miyamoto)

Krüger: "Auf diese Situation hätte man sich vorbereiten können"

Das ukrainische Team stehe vor einer schwierigen Gesamtsituation, sagte Krüger. Zum ersten Mal seien ukrainische Athletinnen und Athleten wieder mit Sportlerinnen und Sportlern aus Russland bei einem Wettbewerb angetreten. Dass Charlan überhaupt gegen eine Russin antreten würde, sei erst nach langen Diskussionen am Nachmittag vor dem Gefecht entschieden worden, schilderte Krüger. "Olha hatte von Anfang an gesagt, dass sie der russischen Fechterin nicht die Hand geben wird. Auf diese Situation hätte man sich vorbereiten können."
Statt der Hand hielt Charlan ihrer Gegnerin die Klinge hin. So hatten es die Fechterinnen und Fechter bereits während der Corona-Pandemie gemacht. "Im Grunde eine Kompromisslösung", sagte Krüger. "Und sie dachte auch, dass die Corona-Regeln noch in Kraft sind. Es gab Gerüchte, ob die noch in Kraft sind oder nicht. Das ist bei uns Fechtern nicht angekommen. Und sie hatte auch das Go vom Weltverbandspräsidenten, der meinte, wir werden eine Lösung finden. Aber das hat ja alles nicht funktioniert."

Verbände und Teams senden "klares Zeichen"

Der deutsche Fecht-Verband und auch andere Verbände und Teams hätten sich nach dem Vorfall klar pro Charlan positioniert, sagte Krüger. "Da war ein ganz klares Zeichen in der Fecht-Community, dass es hier zu weit geht und dass man hier die Regeln nicht nur am Wortlaut auslegen darf."

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Schuld an der Situation habe laut Krüger das Internationale Olympische Komitee (IOC), das empfohlen hatte, russische und belarussische Athletinnen und Athleten wieder zuzulassen. Die Last werde jetzt auf die ukrainischen, aber auch die russischen Athletinnen und Athleten abgeladen, sagte Krüger. "Wir sind diejenigen, die jetzt mit den Situationen umgehen müssen. Die Weltverbände sind diesbezüglich ein Stück weit überfordert, weil zu wenig Zeit war, die IOC-Empfehlungen umzusetzen. Die sind nicht klar definiert und es ist schwierig für unseren Weltverband, damit umzugehen, weil man diese Empfehlung umsetzen will, aber keiner weiß, wie."
Es sei positiv, dass sich das IOC Gedanken mache, wie man die Sportgemeinschaft zusammenbringen könnte, sagte Krüger. Mit Blick auf die Olympischen Spiele 2024 in Paris fordert sie aber vom IOC und den internationalen Verbänden: "Wenn man möchte, dass Russen und Ukrainer in Paris gemeinsam an den Start gehen, muss es Möglichkeiten geben, es den ukrainischen Athleten erträglich zu machen. Und dann geht es nicht mehr um Wortauslegungen von irgendwelchen Regeln, sondern dann muss es Regeln geben, die die ukrainischen Athleten in diesen Situationen schützen und nicht nur den russischen Athleten den Wiedereintritt in den Weltsport ermöglicht."