Mit dem Fahrrad in Köln zur "c/o pop convention", was anlässlich des Panels "Green Tech im Veranstaltungsbusiness" angemessen erscheint.
Die Diskutanten: diverse Veranstalterinnen und Veranstalter, ein Vertreter der Vereinigung Klubkomm und ein Öffentlichkeitsarbeiter eines Ökostrom-Anbieters. Sie sprechen über Möglichkeiten, Festivals und Clubs nachhaltiger zu gestalten. Dabei geht es um energiereduzierte Kopfhörerkonzerte, die noch dazu keinen Lärm machen. Um Bühnenstrom, der durch Fahrrad fahrende Festivalbesucher*innen erzeugt wird. Um Recycling und Abfallreduktion.
Björn Hansen, Veranstalter des Hamburger "Future 2 Festivals", stellt dieses vollkommen energieautark auf, erzeugt etwa den Strom mit Solar- und Muskelenergie. Aber auch durch Mitarbeit der Künstlerinnen und Künstler, die meist mit dem Zug anreisen und weniger technisches Equipment benutzen, um den Stromverbrauch zu senken. Ein Modell, das sogar Anfragen eines Produzenten des Eurovision Song Contest nach sich zog.
"Der hat mir dann geschickt, was die so an Energiebedarf haben. Da hab‘ ich gesagt: Wenn ihr aber auf der Bühne nicht mitmacht, dann bin ich nicht derjenige, der sich nur hintenraus kümmert, wo die Energie her kommt - es ist immer auch eine Frage der Verwendung, Effizienz ist ein riesen Thema. Erzeugung ist sicherlich wichtig, aber man kann mit viel, viel weniger Energie viel, viel mehr erreichen, wenn nicht jedes Gewerk für sich alleine denken würde."
Sparen bei der Gastronomie
Das bedeutet, alle an einem Festival beteiligten Bereiche zu hinterfragen. Laut Hansen ist eine Herausforderung mit großem Einsparpotenzial: die Gastronomie. Der Container eines Getränkeverkäufers beispielsweise verlangt in der Theorie deutlich mehr Energie, als er in der Praxis wirklich braucht.
"66.000 Watt - was draußen dransteht erstmal -, versus 900 Watt tatsächlicher Verbrauch. Und jetzt löst das Aufstellen eines solchen Containers auf jedem Festival dieser Welt Folgendes aus: Es wird eine Infrastruktur aufgebaut, die die maximale Spitzenleistung, die durch diesen 32 Ampere Drehstromanschluss durchfließen könnte, theoretisch, die wird hergestellt und vorgehalten."
Und dann gibt es noch eine Hand voll Ideen mit Spaßfaktor: Strom ökologisch korrekt durch die Tanz-Bewegungen der Clubgänger*innen erzeugen, wie im Rotterdamer "Club Watt". Das Publikum auf dem Fahrrad strampeln lassen, wie beim "Future 2 Festival". Oft sind es aber auch die kleinen Veränderungen, die für eine bessere Energiebilanz sorgen.
Konstanze Meyer von Clubliebe e.V., die sich für die nachhaltige Gestaltung der Berliner Clubszene einsetzt: "Beispielsweise die Lüftungsanlage anders einzustellen, LED-Technik, da kann man immer noch ein bisschen mehr verbessern. Kühlschränke ist auch immer ein großes Thema. Zum einen: Wo stehen die und welche sind es? Da gibt es immer noch ein bisschen Verbesserungspotenzial."
Bahn statt Flugzeug
Stellt sich die Frage, wie grün eigentlich die "c/o pop" selbst aufgestellt ist – der Festival-Opener Scooter gehört mit seinem großen Equipment plus Lightshow jedenfalls nicht zu den Niedrig-Energieverbrauchern. Und doch ist Energieeffizienz ein Thema für das "c/o pop"-Team, so wird für 2020 über die Nutzung von Sonnenenergie nachgedacht.
Aber es gibt noch Luft nach oben und als innerstädtisches Festival mit zahlreichen Locations ist es eine besondere Herausforderung. Künstlerischer Leiter Norbert Oberhaus: "Versuchen ja auch, Künstler die wir einladen, mit der Bahn kommen zu lassen und nicht einzufliegen und da, wo wir doch einfliegen lassen müssen, werden wir auch eine Entschädigung zahlen und ein bisschen damit zu kompensieren. Und wir versuchen auch einen Beitrag zu leisten, indem wir Energiesparmaßnahmen bei uns integrieren, damit wir auch ein bisschen grüner werden."
Die "c/o pop" wird, neben dem Hamburger "Reeperbahnfestival" und dem Berliner "Popkultur-Festival", vom Bund unterstützt – insofern kann auch am Thema Energie und Umweltschutz weiter gearbeitet werden. Die Förderung, je 500.000 Euro pro Jahr einschließlich 2019 für "c/o pop" und "Popkultur-Festival" und zwei Millionen fürs Reeperbahnfestival, werden allerdings zu großen Teilen in die Nachwuchsförderung gesteckt: So gibt es dieses Jahr etwa eine Kooperation zwischen Köln und Hamburg beim Projekt "Wunderkinder".
Sorge vor einem Vollkorn-Socken-Image
Köln will die heimischen Managerinnen, Booker und Festivalmacher für Musik aus Deutschland begeistern; Hamburg zielt auf die internationale Szene. Und vielleicht wäre es dabei gut, die neue Generation von Bands, die irgendwann durch die Welt touren werden, von Anfang an zur Nachhaltigkeit zu animieren– und somit auch das zuweilen noch schlechte Image eines ökologischen Bewusstseins aufzupolieren.
Konstanze Mayer: "Unser Wunsch ist eigentlich, dass die Party noch genauso schön ist, dass die Leute ein tolles Club-Erlebnis dabei haben. Wir versuchen, dass das eben trotzdem energieeffizient geht und glauben aber schon, dass manche einfach noch Vorbehalte haben, weil sie eben denken dann haben wir so ein Vollkorn-Socken-Image."