Forum neuer Musik 2025: Konzert E-MEX & Spółdzielnia Muzyczna
Listen and Think

Das nordrhein-westfälische E-MEX Ensemble praktiziert deutsch-polnische Kooperation. Gemeinsam mit dem Schauspieler Olaf Reitz und der Krakauer Spółdzielnia Muzyczna präsentiert E-MEX einen musikalisch-literarischen Abend, der an historische Wundmale dies- und jenseits von Oder und Neiße stößt.

Am Mikrofon: Leonie Reineke |
Eion Sänger steht an einem Notenpult und singt, während ihn andere Musiker mit einem Dirigenten auf der Bühne begleiten.
Renatus Mészár singt ein neues Werk von Zygmunt Krauze (Deutschlandradio / T. Kujawinski )
EU- und NATO-Mitgliedschaft, eine heute vertraglich geregelte gemeinsame Grenze, aber auch blutige Vergangenheit mit Diktaturen, Krieg und Holocaust, sowie die Möglichkeit der Versöhnung – all das verbindet Deutsche und Polen bzw. Polen und Deutsche. Zweifellos ist das Wissen übereinander ungleich verteilt, doch Kulturaustausch kann Defizite verkleinern.
Auch der musikalisch-literarische Abend mit Schauspieler Olaf Reitz und den Ensembles E-MEX aus NRW und Spółdzielnia Muzyczna aus Krakow hat einen Anteil daran. Andrzej Stasiuks Text „Dojczland“ bildet darin das Gerüst. In literarischer Ich-Form beschreibt der polnische Autor, wie er Deutschland auf Bahnhöfen, Flughäfen und in Hotels erlebt und wie in seinem Erleben in der Gegenwart Vergangenes aufscheint.

Geschichte als individuelle Erinnerung

Die sechs Musikwerke ergeben nahezu ein Drei-Generationen-Konzert. Jede Formationen spielt einmal für sich, die großen Ensemble-Werke musizieren beide gemeinsam. Zygmunt Krauze, der heute namhafteste lebende Komponist Polens gibt mit seinem drastischen Antikriegsstück für den Abend eine Art Handlungsanweisung: Hören Sie zu und denken Sie nach.
Ein älterer Mann steht auf einem Büroflur, von Musikern umringt, die mit ihm ins Gespräch vertieft sind.
Komponist Zygmunt Krauze und das Ensemble Spółdzielnia Muzyczna im DLF Künstlerfoyer. (Deutschlandradio / T. Kujawinski )
In ihrem Fortgang graben sich Texte und Lieder in die Vergangenheit ein: Vieles läuft auf die neue Ensemblemusik „Waisengarten“ von Eres Holz zu, dessen Familie einst aus Polen nach Palästina, d.h. ins spätere Israel floh. Holz verfremdet akustische Erinnerungen an seine Kindheit und erzeugt musikalisch bewusst ambivalente Gefühle.
Aufnahmen vom 04.10.2025 im Deutschlandfunk Kammermusiksaal
Zygmunt Krauze (*1938)
Listen and Think UA

Monika Szpyrka (*1993)
self-(un)winding

Olga Neuwirth (*1968)
Fondamenta

Krzysztof Penderecki (1933–2020)
Zwei frühe Lieder 

Juan Allende-Blin (*1928)
Zwei jiddische Lieder aus dem Ghetto

Eres Holz (*1977)
Waisengarten UA

Andrzej Stasiuk (*1960)
aus: Dojczland (Lesung)
Olaf Reitz, Schauspieler/Sprecher
Renatus Mészár, Bariton
Eres Holz, Elektronik

E-MEX Ensemble
Kalina Kolarova, Violine
Martin von der Heydt, Klavier
Michael Pattmann, Schlagzeug

Spółdzielnia Muzyczna Contemporary Ensemble
Małgorzata Mikulska, Flöte
Tomasz Sowa, Klarinette
Krzysztof Guńka, Saxophon
Paulina Woś, Viola
Jakub Gucik, Violoncello
Musikalische Leitung: Christoph Maria Wagner